Ignoranz statt Patientenwohl? Kritik an Lauterbachs Plan gegen Homöopathie

Geht es nach dem Bundesgesundheitsminister, sollen Patienten homöopathische Behandlungen künftig aus eigener Tasche bezahlen müssen. Nicht alle haben dafür Verständnis, zumal die Kosteneinsparung minimal wäre.
Lauterbach
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times13. Januar 2024

Das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), homöopathische Behandlungen als mögliche Leistung der gesetzlichen Krankenkassen zu streichen, stößt auf heftige Kritik. Nicht nur deutsche Homöopathie-Ärzte lehnen dies ab. Auch eine Bürgerinitiative und die Gesundheitsminister aus Bayern und Baden-Württemberg weisen die Pläne zurück.

„Eine Streichung der freiwilligen Kassenleistung Homöopathie würde das Therapieangebot in der ärztlichen Versorgung einschränken“, sagte die Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte, Michaela Geiger, gegenüber dpa. „Es würde eine therapeutische Monokultur in den Praxen entstehen – die Leidtragenden wären die Patienten“, so die Neckarsulmer Hausärztin. „Wir erleben täglich in der Praxis, dass die Therapievielfalt medizinisch sinnvoll ist.“

Homöopathie werde begleitend zur konventionellen Medizin eingesetzt, betonte Geiger. Basis für homöopathische Arzneimittel können pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen sein. Die extrem verdünnten Stoffe werden zum Beispiel in Form von Kügelchen (Globuli) verabreicht. Entgegen verschiedenen Behauptungen, die den homöopathischen Mitteln keinerlei Wirkung bescheinigen, wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen, dass diese über den Placebo-Effekt hinausgeht.

„Viele Patientinnen und Patienten kommen ganz gezielt wegen der Homöopathie in unsere Arztpraxen, vor allem auch bei chronischen Erkrankungen“, erklärte Geiger weiter. Die Satzungsleistung sei wichtig, denn nur so erhalten Patienten die ärztliche Homöopathie auf Chipkarte. „Zusatzversicherungen kosten Geld, das können sich nicht alle Patienten leisten – Homöopathie aber ist versorgungsrelevant.“

Einsparung in „homöopathischer Dosis“ bei gleichzeitiger Kostensteigerung

Das Bürger- und Patientenbündnis „weil’s hilft! – Naturmedizin und Schulmedizin gemeinsam“ verweist auf eine bundesweite Abstimmung, die im vergangenen Jahr durchgeführt wurde. Demnach stimmten über 80 Prozent für eine Stärkung der Naturmedizin inklusive Homöopathie. Eine Streichung der Leistungen aus dem Satzungskatalog für die gesetzlichen Krankenkassen wäre minimal und liege lediglich bei 0,03 Prozent, wendet das Bündnis ein. Lauterbach gehe es nicht um die bestmögliche Versorgung der Patienten, sondern um Dogmatismus, wirft Dr. Stefan Schmidt-Troschke, geschäftsführender Vorstand des Bürger- und Patientenverbands „Gesundheit aktiv“ und Initiator von „weil’s hilft!“, dem Minister vor.

Statt zukunftsfähige Vorschläge für eine solide Finanzierung der Krankenkassen zu machen, reißt er neue Gräben auf“, so Schmidt-Troschke.

Nach seiner Ansicht verweise der Minister auf mangelnde wissenschaftliche Belege für die Homöopathie, „wohl wissend, dass nur ein Bruchteil konventioneller Behandlungsmethoden über solch umfassende Belege verfügt“. Wenn Lauterbach es ernst meinen würde, „müsste er mehr als die Hälfte hilfreicher Heil- und Hilfsmittel aus der Erstattung streichen, von bewährten Medikamenten über Physio- und Ergotherapie bis zu Interventionen der Intensivmedizin“, so Schmidt-Troschke weiter.

Der Apothekerverband prognostizierte eine Kostensteigerung für den Fall, dass Lauterbach seine Pläne durchsetzt. „Die Kosten für homöopathische Behandlungen als Kassenleistung sind im wahrsten Wortsinne homöopathisch. Eine Abschaffung könnte aber dazu führen, dass alternative Therapien der Ärzte mit anderen erstattungsfähigen Arzneimitteln umgesetzt werden, die viel teurer sind“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, der „Rheinischen Post“. Er befürchte eine Benachteiligung von Menschen mit weniger Geld. „Denn wenn solche Behandlungen grundsätzlich nicht mehr von Krankenkassen bezahlt werden, werden sich Bürger mit schmalem Geldbeutel das eigenständig nicht mehr leisten können, finanziell Bessergestellte aber schon.“

„Nebelkerzen zulasten der Homöopathie“

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) sagte der „Frankenpost“ (Hof): „Die Lauterbach-Ankündigung ist eine politische Nebelkerze.“ Offensichtlich solle mit dieser Diskussion davon abgelenkt werden, dass die Bundesregierung bei der notwendigen Finanzierungsreform der gesetzlichen Krankenkassen nicht vorankomme. In der Bevölkerung bestehe der Wunsch nach ganzheitlichen, alternativen Behandlungsansätzen. Wichtig sei, die Grenzen dieser Methoden zu kennen – „und das sollte der Entscheidung der Krankenkassen und der Versicherten wie bisher überlassen bleiben“, sagte Gerlach.

Auch der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) kritisierte Lauterbachs Vorstoß. Er sprach von „Nebelkerzen zulasten der Homöopathie“. Es handle sich um eine „scheinheilige Evidenz versus Kosten Debatte“. Viele Menschen würden der Homöopathie vertrauen, weil sie damit offensichtlich gute Erfahrungen machten, sagte der Grünen-Politiker weiter. „Hingegen sind die Kosten der Kassen für diese Leistungen marginal, höchstens zehn Millionen Euro würden dadurch eingespart.“ Die Finanzierungslücke beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) betrage dagegen für das laufende Jahr 3,2 Milliarden Euro.

Die von Lauterbach angestoßene Debatte sei angesichts der geringen Einsparmöglichkeiten unangemessen, sagte Lucha weiter. „In dieser Situation diesen Konflikt aufzumachen, davor kann ich nur warnen.“ Der Grünen-Politiker forderte Lauterbach auf, sich um andere Herausforderungen im Gesundheitsbereich zu kümmern, etwa die Finanzierung der Leistungen für Bürgergeldversicherte.



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