Wahlumfrage prognostiziert politisches Erdbeben in Sachsen

Sachsen droht ein politischer Erdrutsch: Laut einer aktuellen Sonntagsumfrage der „Sächsischen Zeitung“ könnte die AfD bei der kommenden Landtagswahl zur stärksten Kraft aufsteigen. Die bisher stets regierende CDU liegt inzwischen hinter der AfD. Der SPD droht sogar der Rauswurf aus dem Landtag.
Spricht nicht von einer Obergrenze, aber von einer Zahl zur Orientierung bei der Flüchtlingsaufnahme: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Von 2. Januar 2024

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Sachsen steht acht Monate vor der Landtagswahl vor einem politischen Erdrutsch, der einmalig in Deutschland sein dürfte. Zumindest legt das die aktuelle Sonntagsumfrage der „Sächsischen Zeitung“ nahe. Würde am kommenden Sonntag gewählt, dann könnte die AfD mit einer Zustimmung von 37 Prozent rechnen und wäre damit die stärkste Kraft im ostdeutschen Bundesland.

Im Vergleich zur letzten Landtagswahl 2019 wäre das ein Zugewinn von 9,5 Punkten. Die CDU, die im Moment die Landesregierung anführt, müsste sich mit 33 Prozent (2019: 32,1 Prozent) klar auf den zweiten Platz verweisen lassen.

SPD wäre nicht mehr im Landtag

Größere Sorgen müssen sich aber laut dem Meinungsforschungsinstitut Civey die Sozialdemokraten machen. Die SPD würde nur noch auf drei Prozent der Stimmen kommen und damit klar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Sollte das so eintreten, dann wäre es das erste Mal nach dem Zweiten Weltkrieg, dass die Sozialdemokraten in einem Bundesland nicht mehr im Parlament vertreten wären. Für die Kanzlerpartei wäre das ein Desaster.

Der CDU würde damit der Koalitionspartner verloren gehen. Aktuell bildet sie, zusammen mit der SPD und den Grünen, die Landesregierung. Die Grünen würden zwar mit sieben Prozent sicher den Sprung in den Landtag schaffen, aber im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren 1,6 Punkte verlieren. Die Linke läge mit acht Prozent (minus 2,6) vor ihnen auf Platz drei.

Keine Hoffnung, nach der Wahl wieder im Landtag vertreten zu sein, kann sich die FDP machen. Nur ein Prozent der Befragten würde den Liberalen ihre Stimme geben. Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren erreichte die FDP noch 4,5 Prozent.

CDU vor einem großen Problem

Der CDU entsteht in Sachsen gerade ein großes Problem. Sollte sie die „Brandmauer“ zur AfD aufrechterhalten, könnte sie nur mit einem Dreierbündnis aus Linken und Grünen regieren. Ein Zweierbündnis wäre nur mit einer Regierungskoalition mit der AfD möglich. Für die CDU bliebe dann allerdings als zweitstärkste Partei nur die Rolle des Juniorpartners.

Dass die Christdemokraten, die seit der Wende in Sachsen immer den Ministerpräsidenten gestellt haben, sich nun in die Rolle des kleineren Regierungspartners begeben werden, scheint im Moment ausgeschlossen. Ein Regierungsbündnis mit den Grünen und den Linken unter Führung der CDU stellt die Christdemokraten vor eine neue Herausforderung: Bisher betonte die Parteispitze unter Friedrich Merz in Berlin immer wieder, dass es weder eine Zusammenarbeit mit der AfD noch mit den Linken geben werde. Wenn die CDU diese Abgrenzung in beide Richtungen nach der Wahl in Sachsen aufrecht halten möchte, dann ist das Land schlichtweg nicht regierungsfähig.

Die Meinungsforscher von Civey stellten 3.004 Menschen die Sonntagsfrage: „Wen würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl in Sachsen wäre?“. Die Befragung wurde zwischen dem 18. Dezember und dem 1. Januar online durchgeführt. Die Ergebnisse sind den Angaben zufolge repräsentativ unter Berücksichtigung der Fehlertoleranz (2,9 Prozent).

Gefangen in der Filterblase

Reaktionen aus der sächsischen Landespolitik auf die Wahlumfrage gab es bisher nicht. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Götz Frömming, sieht ein Fallen der Brandmauer. Auf X (vormals Twitter) kommentierte der Bundestagsabgeordnete:

Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke äußerte sich ebenfalls auf X zur Wahlumfrage in Sachsen. Er nimmt besonders die SPD aufs Korn:

Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken, Fabio De Masi, der im Zusammenhang mit der Cum-ex-Affäre zu den schärfsten Kritikern von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Rolle als damaliger Hamburger Bürgermeister gehört, empfiehlt dem Kanzler auf X einen Jobwechsel:

Auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsschutzes und heutige CDU-Parteirebell Hans-Georg Maaßen äußerte sich auf X zu den Umfragewerten:

Die Landtagswahl findet am 1. September statt. Schon heute ist klar, dass eine Landtagswahl in Sachsen noch nie so spannend war wie diesmal: Im Fokus der Wahl steht stärker als jemals seit der Wende, wer am Ende den Freistaat regieren wird.

Wahre Gründe für AfD-Aufstieg anpacken

Gegenüber der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) kündigte gerade erst Sachsens CDU-Generalsekretär Alexander Dierks das Ziel an: „Wir wollen stärkste Kraft werden.“ Schaut man auf die jüngste Umfrage, dann könnte es schwer werden, dieses Ziel zu erreichen. Der Abstand zwischen AfD und CDU ist relativ groß. Selbstbewusst kündigt deshalb AfD-Landeschef Jörg Urban als Ziel an, in Sachsen im Herbst auf Platz eins und weit über die 30-Prozent-Marke kommen zu wollen. Beide Ziele wären im Moment erreicht.

Es gibt aber eine große Unbekannte, die bisher in den sächsischen Prognosen nicht berücksichtigt wurde: Nicht ausgeschlossen ist, dass im Herbst auch noch das Bündnis um Sahra Wagenknecht zur Wahl antritt.

Schaut man auf die Prognosen der Erfolgschancen einer Wagenknecht-Partei, der Demoskopen bundesweit bis zu 15 Prozent zutrauen, dann kann mit einem Wahlantritt ein Faktor ins Spiel kommen, der den Wahlausgang am Ende noch einmal stark beeinflussen könnte.

Der Erfolg der AfD – nicht nur in Sachsen – sollte den anderen Parteien aber langsam ein Weckruf sein. „Man sollte begreifen, was die wirklichen Gründe für den Aufstieg der AfD sind“, rät der Politologe Werner J. Patzelt in der LVZ, „dann würde man einerseits öffentlich mit AfD-Politikern streiten – und obendrein solche Politiken korrigieren, die von großen Teilen der Bürgerschaft abgelehnt werden.“ Beides könnte das Superwahljahr 2024 „zu mehr als einer bloßen Abrechnung mit den etablierten Parteien“ machen, sagt Patzelt.



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