Fachärzte der Spätantike: Spuren komplexer Schädeloperation in Griechenland entdeckt

Schädeltraumata, verursacht durch Sturz oder Kampfhandlungen, werden fälschlicherweise häufig als tödliche Verletzungen in nicht moderner Zeit angesehen. Dass dies jedoch nicht immer der Fall war, zeigen außergewöhnliche archäologische Spuren wie die Öffnung von Schädeln (Fachbegriff: Trepanation).
Titelbild
Spuren einer Trepanation am Schädel eines menschlichen Individuums.Foto: Anagnostis Agelarakis/Universität Adelphi
Von 10. April 2020

Derartige Spuren einer Operation haben Forscher der Adelphi-Universität nun an mehr als 1.000 Jahre alten menschlichen Überresten aus der Fundstätte Paliokastro auf der Insel Thasos (Griechenland) entdeckt. Die Personen lebten einst in der turbulenten proto-byzantinischen Zeit des Oströmischen Reich, die sich vom vierten bis zum siebten Jahrhundert erstreckte.

Bei den Personen handelte es sich um vier Frauen und sechs Männer von vermutlich hohem sozialen Rang. Ihre Knochen gaben den Archäologen Aufschluss über ihre körperlichen Aktivitäten, Verletzungen und sogar eine komplexe Form der Schädelchirurgie. So zeigen die Knochen unter anderem, dass die Männer einst berittene Bogenschützen waren.

„Die Begräbnisstätte, die Architektur der monumentalen Grabkirche und der Bau der Gräber sind spektakulär“, sagte der leitende Forscher und Anthropologe Anagnostis Agelarakis. Zudem fügte er hinzu, dass diese Art von Grabanlage auf den hohen sozialen Status der dort begrabenen Personen hinweist.

Studenten der Universität Adelphi bei der Skelettanalyse im Archäologischen Museum von Thasos. Foto: Universität Adelphi

Großer medizinischer Aufwand eines Militärarztes

Weiterhin zeige neben der monumentalen Grabarchitektur auch die gute Erhaltung der Skelette den hohen Status der Bestatteten in der Region. Besonders auffallend ist zudem, dass die Personen zu Lebzeiten in hoch ausgebildeten medizinischen Händen waren.

„Aufgrund der anatomischen Merkmale der Individuen lebten Männer ebenso wie Frauen ein körperlich anstrengendes Leben“, sagte Agelarakis. „Die sehr schweren Schädelverletzungen, die sowohl Männer als auch Frauen erlitten, wurden chirurgisch von einem sehr erfahrenen Arzt/Chirurgen behandelt. Wir glauben, dass es sich um einen Militärarzt mit einer Art Fachausbildung für Traumata-Fälle handelte.“

Bei einem der Männer führte der spätantike Arzt sogar eine Schädeloperation durch, wie Spuren an den Schädelknochen zeigen. „Trotz einer sehr geringen Überlebenschance des Mannes wurde ein großer Aufwand für diese Operation betrieben. Es ist also wahrscheinlich, dass er für die Bevölkerung in Paliokastro eine sehr wichtige Person war“, erklärt der Anthropologe.

Spuren einer Trepanation am Schädel eines menschlichen Individuums. Foto: Anagnostis Agelarakis/Universität Adelphi

Außergewöhnliche Operation ohne gutes Ende

Agelarakis und seine Kollegen waren in der Lage, medizinische, chirurgische und paläopathologische Daten über diese „außergewöhnliche Chirurgie und die großen Anstrengungen des Arztes“ abzuleiten. So entdeckten die Forscher, dass die wahrscheinliche Ursache für den chirurgischen Eingriff eine Infektion war.

Weiterhin stellten sie fest, dass der Eingriff für den Patienten kein gutes Ende nahm und der Bogenschütze kurz nach oder während der Operation verstarb.

„Der chirurgische Eingriff ist der komplexeste, den ich in meinen 40 Jahren Arbeit mit anthropologischem Material je gesehen habe“, sagte Agelarakis. „Es ist unglaublich, dass diese Operation durchgeführt wurde und das nicht zu vergessen, in einer prä-antibiotischen Ära.“



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