Deutsche Traditionsmarke Lamy von japanischem Unternehmen übernommen

Die Mitsubishi Pencil Company aus Japan hat den Heidelberger Füller-Hersteller Lamy übernommen. Mit dem Verkauf endet die Ära eines weiteren deutschen Traditionsunternehmens. Einst gehörte Lamy zu den profitabelsten Unternehmen der Republik. In den vergangenen Jahren entwickelte es sich aber zum Sanierungsfall. Der Inhaber erkrankte und starb, seine Erben wirkten überfordert, im Vorstand krachte es. Am Ende stand der Verkauf.
Stammsitz des Schreibgeräteherstellers Lamy in Heidelberg-Wieblingen
Stammsitz des Schreibgeräteherstellers Lamy in Heidelberg-WieblingenFoto: Rudolf Stricker – Eigenes Werk, Wikipedia
Von 2. März 2024

Der Heidelberger Schreibgerätehersteller Lamy wird verkauft. In einem aufwendigen Prozess habe die Eigentümerfamilie nach einem Käufer gesucht, teilte das Unternehmen am Mittwoch (28.02.) mit. Die Wahl ist nun auf die Mitsubishi Pencil Company aus Japan gefallen. Alle Anteile am Unternehmen gehen nun an das japanische Unternehmen. Zum Verkaufspreis machte eine Lamy-Sprecherin auf Anfrage des „Handelsblatt“ keine Angaben.

Als Gründe für den Verkauf nennt Lamy, dass man einen starken Partner für die Weiterentwicklung des „Wachstumsfeldes Digital Writing“ sowie für den Ausbau des internationalen Vertriebs gesucht habe. 

Familienunternehmen seit 1930

Das deutsche Traditionsunternehmen Lamy ist ein deutscher Traditionsbetrieb und gehört zu den führenden Designmarken im Schreibgerätebereich. Im Jahr 1930 gegründet, ist das Unternehmen bis heute ein Familienbetrieb geblieben. Es beschäftigt nach eigenen Angaben 340 Personen und hat in über 80 Ländern Verkaufsstellen. Zuletzt wurde das Unternehmen in dritter Generation geführt. 

Lamy betont in seiner Mitteilung, dass man mit dem Unternehmen Mitsubishi Pencil schon in der Vergangenheit Berührungspunkte gehabt habe und sich dabei stets gegenseitig geschätzt habe. „Wir haben größten Respekt vor der Geschichte und der Kraft der Marke Lamy. Wir glauben, dass die Vision und Unternehmenskultur von Lamy und Mitsubishi Pencil großartig miteinander harmonieren“, sagt Shigehiko Suhara, CEO von Mitsubishi Pencil. Zudem sei man sicher, dass durch die Übernahme des Unternehmens Lamy eine starke gemeinsame Plattform für zukünftiges Wachstum und die Steigerung des Unternehmenswerts ergibt. 

Kern der Marke Lamy bleibt erhalten 

Die Produkte der Marke Lamy sollen in Zukunft das Sortiment im Premiumbereich von Mitsubishi Pencil stärken. Umgekehrt bringt das japanische Unternehmen eine große E-Commerce-Kompetenz mit, die für die Zukunftsfähigkeit von Lamy offenbar als wichtig erachtet wurde. Lamy-Geschäftsführer Steffen Rübke machte dann auch in der Mitteilung deutlich: „Wir sind sicher, dass die Mitsubishi Pencil Company mit ihrer Innovationsorientierung, mit ihrem großen Vertriebsnetz und der ausgeprägten E-Commerce-Kompetenz – wie mit dem Geschäftserfolg mit Amazon auf dem US-Markt bewiesen – das Unternehmen und die Marke Lamy stärken wird.“  

Die bisherige Mitgesellschafterin Vera Lamy erklärt zum Verkauf an das japanische Unternehmen: „Wir haben viel Wert darauf gelegt, ein Unternehmen zu finden, das die Stärke und das Herz mitbringt, zusammen mit den Lamy-Mitarbeitenden und gemeinsam mit all unseren Partnern ein ganz neues Lamy-Kapitel aufzuschlagen. Dieses Unternehmen haben wir gefunden.“ Ihr Bruder und Mitgesellschafter Markus Lamy ergänzt: „Der Kern der Marke Lamy wird erhalten bleiben und fortentwickelt werden. Dabei wird das ‚Made in Germany‘ weiter eine entscheidende Rolle spielen. Das war und ist für uns von größter Wichtigkeit.“ 

Vom erfolgreichen Unternehmen zum Sanierungsfall 

Die große Herausforderung für den japanischen Käufer wird es wohl jetzt, den Umsatz wieder anzukurbeln. Viele Jahre gehörte das Unternehmen Lamy zu den profitabelsten Unternehmen in Deutschland. Seit einigen Jahren krachte und knirschte es bei Lamy. Aus dem einst hochprofitablen Unternehmen war zum Schluss ein Sanierungsfall geworden. Schuld war ein folgenschwerer Generationswechsel und eine glücklose Personalpolitik. Schon 2022 berichtete das „Manager Magazin“ (Bezahlschranke) über den Niedergang bei Lamy. 

Alles begann 2018. Damals erkrankte der inzwischen verstorbene Patriarch Manfred Lamy. Dieser hatte bis dahin das Unternehmen fest in seiner Hand gehabt, auch wenn er sich schon 2006 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hatte. Lamy war 1962 – mit gerade einmal 26 Jahren – in die Firma eingetreten. 1973 wurde er alleiniger Geschäftsführer und hatte großen Anteil am Aufstieg des Unternehmens zu einer führenden Designmarke im Schreibgerätebereich.

Streit in der Geschäftsführung 

Manfred Lamys Kinder Vera und Markus folgten dem Patriarchen als Gesellschafter, hatten bis dahin aber wenig Berührungspunkte mit dem Unternehmen. Sie schassten aber sofort den bisherigen Geschäftsführer Bernhard Rösner, der bis dahin ein Rekordergebnis nach dem anderen abgeliefert hatte. Richten sollte es eine Dreierführung aus Beate Oblau, Thomas Trapp und Peter Utsch. Alle waren bis dahin in der zweiten Reihe des Unternehmens tätig gewesen.

Schnell überwarf sich das Trio allerdings. Sogar ein Mediator musste zwischen der Geschäftsleitung vermitteln. Am Ende wurden Oblau und Trapp in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet. 

Anfang 2022 wurde Steffen Rübke neuer Geschäftsführer bei Lamy. Vorher war er mehr als fünf Jahre bei der Reiseverlagsgruppe Mairdumont tätig gewesen. Rübke verantwortete den Bereich Marketing und Vertrieb. Zusammen mit dem noch verbliebenen Peter Utsch, der im Unternehmen für die Bereiche Produktion, Finanzen und Corporate Services verantwortlich geblieben war, sollte er das schwankende Schiff Lamy nun wieder auf einen sicheren Kurs bringen. 

Schnell galt, laut dem „Manager Magazin“, auch Rübkes Verhältnis zu Utsch als angespannt. Wenige Wochen nachdem Rübke übernommen hatte, meldete er sich für eine längere Zeit krank. Bis Ende 2022 übernahm Baiersdorf-Manager Martin Wulle. Anfang 2023 war Rübke dann wieder an Bord. 

Umsatz brach um die Hälfte ein 

Fuhr das Unternehmen unter seinem Geschäftsführer Rösner zum Schluss 131 Millionen Euro ein, halbierte sich dieser Umsatz bis 2022 um fast die Hälfte auf 71 Millionen Euro. Laut einer Mitteilung von Mitsubishi Pencil liegt der prognostizierte Jahresumsatz für 2023 bei etwa 77 Millionen Euro und der Gewinn bei 3,7 Millionen Euro.

Ursprünglich waren ein Innovations-Hub und eine Digitalstrategie dazu gedacht, die Traditionsfirma zu retten. Jedoch erwies sich Lamys Vorgehen letztlich als kostspielig. Es wurde am Ende nur Geld verbrannt: Im Jahr 2021 gründete das Unternehmen die Tochterfirma Neo66. Diese sollte aus einem Berliner Kreativstudio mit Start-up-Mentalität digitale Schreibwerkzeuge entwickeln. Im Mai 2023 wurde das erste Produkt von Neo66 vorgestellt: das Zeitmessgerät Kono. Durch eine Crowdfunding-Kampagne gelang es dem Team, 43.000 Euro sowie erste Kunden zu gewinnen. Doch nur ein halbes Jahr später wurde das Projekt aufgrund stark gestiegener Kosten wieder eingestellt. Ebenso verschwand der Innovations-Hub Neo66.

Familienära geht nach über 90 Jahren zu Ende 

Offenbar haben die Gesellschafter von Lamy nun die Notbremse gezogen. Mit dem Verkauf an die japanische Mitsubishi Pencil Company endet jetzt eine über 90-jährige Geschichte eines Familienunternehmens. 

Mitsubishi Pencil geht auf die Gründung vor gut 137 Jahren zurück und beschäftigt heute weltweit mehr als 2.700 Mitarbeiter. Das Unternehmen unterhält international 22 Vertriebsniederlassungen und betreibt 11 Fertigungsstätten. 



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