Weltmachtträume der EU beflügeln Rüstungsindustrie – in den USA und Südkorea

Europa als Weltmacht der Zukunft – diese Idee erlebt regelmäßig in Jahren von EU-Wahlen einen neuen Frühling. Frankreichs Präsident Macron mahnt in diesem Kontext zu einer stärkeren Kooperation im Bereich der Rüstungsindustrie. Doch diese scheitert – auch an alten Ressentiments.
Ein Panzer vom Typ Marder schwebt in der Fertigungshalle von Rheinmetall. Der Rüstungskonzern ist im Wettbewerb um einen Milliardenauftrag weiter im Rennen.
Ein Panzer vom Typ Marder schwebt in der Fertigungshalle von Rheinmetall.Foto: Swen Pförtner/dpa
Von 15. Januar 2024

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Von den USA kleingehalten, von Asien übervorteilt, von Großbritannien verschmäht und dann noch von Russland, muslimischer Zuwanderung oder den Populisten als innerem Feind bedroht: Europa hat es, glaubt man den gängigen Narrativen, nicht einfach. Auch deshalb liegt es im Jahr der EU-Wahlen nahe, mehr denn je europäische Werte und europäische Stärke zu beschwören.

Dabei geht es mittlerweile nicht mehr nur um die Vorreiterrolle bei ehrgeizigen Null-Emissionszielen oder LGBTQ*-Rechten. Seit dem Ukraine-Krieg ist auch der Ausbau der Rüstung kein Tabu mehr, schließlich geht es um die „Kriegstauglichkeit“, wie Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius es nannte.

Zeit für eine „europäische Atombombe“?

Traditionell wenig zurückhaltend ist, wenn es um europäische Weltgeltungsambitionen geht, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Zwar sind die Zeiten, in denen sich Paris den Kommandostrukturen der NATO entzogen hatte, vorbei, die Dominanz der USA im westlichen Bündnis ist Frankreichs Staatschef jedoch spätestens seit der Präsidentschaft Trumps ein Ärgernis.

Zwar ist Macron von seiner einstigen Äußerung, die NATO sei „hirntot“, wieder abgerückt, sein eigentliches Kernanliegen bleibt dennoch die „strategische Autonomie“ der Europäer – idealerweise mit einer Militärmacht unter einheitlichem Befehl und mit einheitlichen Panzern und Kampfflugzeugen.

Obwohl sich Frankreichs Präsident mit seiner Äußerung über die NATO in Deutschland wenig Freunde gemacht hat, beflügelt seine europäische Militärmachtidee dennoch manche Strategen. So schlug erst jüngst der deutsche Politologe Herfried Münkler eine „europäische Atombombe“ vor. Diese könnte zwischen ausgewählten Mitgliedstaaten „zirkulieren“.

Auch Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München spricht sich für einen „europäischen Nuklearschirm“ aus, sollten „die Amerikaner keinen Schutz mehr garantieren“. Ein Rotationsprinzip in Sachen „Roter Knopf“ widerstrebt ihm dabei jedoch. Stattdessen solle es Schutzvereinbarungen mit Frankreich oder Nicht-mehr-EU-Staat Großbritannien geben.

Polens PiS vertraute Russland nicht – aber ebenso wenig Deutschland

Bis dato ist die EU jedoch noch nicht einmal bezüglich einer Harmonisierung bei den konventionellen Streitkräften entscheidend vorangekommen. Russland als einigendes Feindbild ist zwar spätestens seit dessen Angriff auf die Ukraine unter den meisten EU-Staaten konsensfähig.

Darüber hinaus wirken jedoch nach wie vor auch noch alte Ressentiments der Europäer untereinander weiter. Dies macht sich auch im Bereich der Rüstung bemerkbar. Zwar stößt die Idee, diese notfalls auf Kosten anderer, für die meisten Bürger alltagsnäherer Politikbereiche zu forcieren, auf weniger Widerstände als früher.

Die Art und Weise, wie sich die einzelnen Staaten selbst hochrüsten, ist jedoch kaum aufeinander abgestimmt. In vielen Fällen scheint das auch einer bewussten Entscheidung geschuldet zu sein. Ein wesentliches Beispiel dafür ist Polen. Die Angst vor einem angeblich aggressiven Russland, das auch vor einem Angriff auf NATO-Staaten nicht zurückschrecken würde, ist dort ein erheblicher politischer Faktor.

Eine der Konsequenzen daraus war, dass Polen sein Heer auf mehr als 1.500 Kampfpanzer aufgerüstet hat. Dazu kommt ein stehendes Heer von einer Größe, die jene von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien zusammen überragt.

Polen kauft Rüstung lieber in den USA und Südkorea

Deutsche Rüstungskonzerne profitieren, obwohl auch sie volle Auftragsbücher haben, dennoch nicht davon. Wie Sicherheitsexperte Marek Swierczynski gegenüber der „Welt“ darlegt, gibt Warschau vier Prozent seines BIP für Verteidigung aus. Doch Deutschland traut man dabei ebenfalls nicht über den Weg. Ob sich mit dem Machtverlust der PiS Entscheidendes daran ändern wird, ist unklar. In vielerlei Hinsicht käme eine Wende zu spät.

Ob Panzer, Kampfhubschrauber, Mehrfachraketenwerfer oder Kampfjets, man setzt längst auf Namen wie Abrams, K2, F-35 oder FA-50 und damit auf Formate aus den USA oder Südkorea. Bei den Drohnen ist man mit der Türkei im Gespräch.

Dabei setzt Deutschland selbst auf amerikanische und zum Teil auch israelische Technologie, wenn es um den Aufbau einer Luftabwehr geht. 2022 initiierte man die sogenannte European Sky Shield Initiative (ESSI). Bisher haben sich diesem 19 europäische Länder angeschlossen, allerdings nicht Frankreich und Polen.

In Paris hadert man grundsätzlich mit EU-Partnern, die sich Rüstungsgüter beispielsweise aus den USA beschaffen oder sich an solchen selbst beteiligen. Rheinmetall stellt ab 2025 Teile für den US-Tarnkappenjet F-35 her. Von diesem soll in weiterer Folge die Bundeswehr 35 Stück erhalten. Das geht allerdings auf Kosten der Fortschritte beim gemeinsamen deutsch-französischen Kampfjetprojekt FCAS.

Rheinmetall wandert wegen hoher Energiepreise nach Ungarn ab

Die deutschen Rüstungskonzerne wie Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann (KMW) oder Diehl Defence freuen sich derweil über ihre Rolle bei der Aufrüstung der Ukraine. Auch aus Norwegen kam eine Order für Kampfpanzer. Dazu kommt noch die Beseitigung der Materialengpässe bei der Bundeswehr.

Aber neben Polen, wo historische Ressentiments eine Rolle spielen dürften, fallen auch immer mehr osteuropäische Länder als Kunden aus. Die deutschen Konzerne produzieren vieles nicht schnell genug. Dazu kommt der grüne Zielkonflikt zwischen militärischem Aufbäumen gegen Russland und Rettung des Weltklimas. Eine der Folgen davon ist, dass Rheinmetall aufgrund der hohen Energiepreise demnächst in Ungarn produziert, wo man noch russisches Gas bezieht.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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