„Der Bund kann uns nicht schützen. Und der Bund kann uns auch nicht versorgen“

Krisenexperte Robert Jungnischke rät dringend zum Preppern: Auch wenn das Thema kaum noch medial präsent sei, sei die Gefahr multipler Krisen nicht gebannt. Der Staat als Helfer falle schnell aus, denn der könne Millionen Bürger gar nicht versorgen.
100.000 Betroffene: Eisregen führt zu großflächigem Stromausfall
Auch Eisregen kann Stromausfälle verursachen.Foto: iStock
Von 31. Dezember 2023

Vor einem guten Jahr war die Angst vor einer Energie-Mangellage in Deutschland und ganz Europa noch groß. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bereits mitten im Sommer 2022 vor einem „politischen Albtraum-Szenario“ gewarnt, in dem der Staat die Zuteilung von Erdgas womöglich würde steuern müssen.

Es gab jeweils einen nationalen und einen europäischen „Notfallplan Gas“, bei dem die EU-Mitgliedsländer auf freiwilliger Basis 15 Prozent Gas einsparen sollten.

Doch der Winter 2022/23 blieb weitgehend mild, und am Ende fragte sich mancher trotz exorbitanter Verbraucherpreise für Strom und Gas, warum er sich so große Sorgen gemacht hatte. Von tagelangen, großflächigen Versorgungsengpässen in Deutschland war jedenfalls nicht viel zu hören.

Auch das mag die Regierung bewogen haben, die letzten drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke am 15. April 2023 vom Netz zu nehmen, obwohl Stimmen aus den Reihen der „Wirtschaftsweisen“ und der Privatwirtschaft immer wieder eine Laufzeitverlängerung gefordert hatten.

Wie sich im September 2023 herausstellte, hatte Habeck die Vorteile der Kernkraft gegen ein anderslautendes Papier aus seinem eigenen Ministerium heruntergespielt, um in der Öffentlichkeit weniger Widerstand gegen die historische Abschaltung zu provozieren.

Robert Jungnischke (r.) im Gespräch mit „Eingeschenkt.tv“-Moderator Alex Quint

Robert Jungnischke (r.) im Gespräch mit „Eingeschenkt.tv“-Moderator Alex Quint. Foto: Bildschirmfoto/YouTube/eingeSCHENKt.tv

„Kernenergie ist durch“

Für den Diplomingenieur, Krisenvorsorge-Spezialisten und Sachbuchautor Robert Jungnischke („Blackout Vorsorge“, Eulogia Verlag, 174 Seiten) sind die Risiken eines totalen Strom-Blackouts, von Überschwemmungen, Erdbeben oder auch Terrorangriffen gleichwohl noch immer vorhanden.

Trotzdem habe er festgestellt, dass das „Sicherheitsgefühl der Menschen deutlich größer geworden“ sei, „obwohl sich ja an der Situation gar nichts geändert“ habe, sagte Jungnischke im Gespräch mit „Eingeschenkt.tv“-Moderator Alex Quint (Video auf „YouTube“).

Für ihn sei das Fundament der Energieversorgung zerstört worden, das Thema Kernenergie in Deutschland sei jedenfalls „durch“. Jene Experten, die er befragt habe, hätten auch einer Studie widersprochen, nach der bis zu acht AKWs innerhalb eines Jahres wieder hochgefahren werden könnten.

Dazu komme, dass die Gesamtleistung sämtlicher konventioneller Kraftwerke in Deutschland gerade noch bei rund 76 Gigawatt liege und davon in den kommenden zwei Jahren elf Gigawatt abgeschaltet werden sollen. „Dann wären wir in einer Unterdeckung“, so Jungnischke.

Auf den Import von ausländischem Atomstrom könne man sich im Zweifel nicht verlassen, denn die Nachbarländer bauten ihre Kraftwerke ja in erster Linie für die eigene Versorgung.

Die Truthahn-Illusion

Was das Thema Krisenvorsorge angehe, sei das Verhältnis zwischen Bürger und Staat mit der sogenannten „Truthahn-Illusion“ zu vergleichen: Das Bewusstsein eines Truthahns, dass der Bauer ihm stets nur Gutes wolle, sei am Schlachttag am größten. Das liege daran, dass dem Vogel „eine wesentliche Information“ fehle, nämlich darüber, was „der Zweck das Ganzen“ sei, erläuterte der Krisenexperte.

Dieses Szenario könne man auf die Sicherheit der Energieversorgung übertragen. Auch dort funktioniere die menschliche Psyche mit bestimmten Wahrnehmungsfiltern: Das Gehirn nehme lieber selektiv Informationen auf, die ihm „besser schmecken“ („Confirmation Bias“).

Dass so etwas trotz aller Sicherheitsversprechen des Staates nicht ausreiche, habe unter anderem das Ahr-Hochwasser gezeigt. Politiker würden nun mal vor dem Risiko eines Fehlalarms zurückscheuen, erklärte Jungnischke.

95 Prozent der Menschen in Deutschland „preppern“ nicht

Bei allzu großen Problembergen greife ebenfalls ein psychologischer Abwehrmechanismus, der die Menschen zur Untätigkeit verleite. Das sei der Grund, warum noch immer viele Menschen keine Vorsorgemaßnahmen für den Ernstfall getroffen hätten.

In Berlin beispielsweise hätten wahrscheinlich 95 Prozent der Einwohner keine ausreichenden Essensvorräte für mehr als zwei Tage gebunkert, obwohl die Gefahr eines Stromausfalls noch immer existiere. Das sei „naiv“ und sogar „gefährlich“.

Generell empfahl der Vorsorgefachmann, sich möglichst bald und selbstständig über angemessene Maßnahmen und auch über das korrekte Verhalten zur „Krisenbewältigung“ zu informieren. Als Faustregel zur Vorsorge nannte er das Gedankenexperiment „Acht Wochen Camping ohne Einkaufsmöglichkeit – was dann?“ Es gelte also, „mehrere Wochen autark sein“ zu können, denn es gäbe „keine Alternative“:

Noch mal: Der Bund kann uns nicht schützen. Und der Bund kann uns auch nicht versorgen.“

Vorräte, Heizung, Gewaltprävention

Zu regeln sei die Versorgung mit ausreichend Trinkwasser, Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Müllsäcken und Medikamenten – notfalls per Privatrezept. „Wenn man das schon mal hat, dann hat man einen ganz wichtigen Punkt geschafft“, stellte Jungnischke fest.

Als Nächstes gehe es darum, eine „leistungsfähige Gemeinschaft aufzubauen“. Auch mit dem Thema Gewalt müsse man sich frühzeitig auseinandersetzen, auch wenn es für die meisten Menschen ein „abstraktes“ Problem darstelle. Dabei seien Menschen, die zwei Tage lang nichts zu essen für ihre Kinder besäßen, erfahrungsgemäß „zu allem fähig“.

Schwierig werde es besonders für Hochhausbewohner in der Stadt, für ausreichend Wärme zu sorgen. Wahrscheinlich müssten die Betroffenen statt auf Holzöfen auf Heizalternativen aus dem Campingbereich oder auf warme Kleidung zurückgreifen – für Jungnischke ein „Dilemma“.

Hilfreich: die „CERT Europe Association“

Als erste Anlaufstelle für detailliertere Tipps sei die neue europäische Website des „Community Emergency Response Team“ („CERT Europe Association“) geeignet. Dort würden auch Basiskurse angeboten, bei denen man unter anderem das Helfen lernen könne. Jungnischke ist dort selbst Vizepräsident.

„Wir haben hier wirklich eine Zuspitzung aller Krisen, die wir uns momentan nicht wünschen“, konstatierte Jungnischke. Schon das deutsche Stromnetz werde angesichts der Energiewende „jeden Tag anfälliger“, die Schwankungen bei Wind und Solarenergie würden größer.

Die Verbraucherpreise wegen des Mehrwertsteueraufschlags auf Energie, wegen der Maut-Erhöhung und wegen der höheren CO₂-Steuer zum Jahresbeginn 2024 würden ebenfalls noch „sehr dramatisch“ steigen. Seinen Informationen zufolge werde auch eine große Handelskette die Preise um 25 Prozent anheben.

Zudem habe ein ehemaliger Hamasführer kurz nach den Gewaltakten vom 7. Oktober zum „weltweiten Terror gegen die Ungläubigen aufgerufen“, gab Jungnischke zu bedenken. Aus all diesen Gründen sei es ratsam, am besten noch im Dezember für Vorräte zu sorgen.

„Wenn das diesen Winter passiert …“

Wegen der hohen Energiekosten sei die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produktionsunternehmen schon heute „nicht mehr möglich“, sagte Jungnischke.

Das werde erst zu einer Insolvenzwelle, dann zu einer höheren Arbeitslosigkeit und letztlich zu weniger Kaufkraft führen. Dadurch werde die „Insolvenzspirale“ weiter beschleunigt. „Wenn das diesen Winter passiert, dann kommt die Krise bei den Menschen an“, prophezeite Jungnischke.

Die Staatsverschuldung tue ihr Übriges, „und dann kommt leider noch das globale Kriegsspiel, was ja immer größer wird“. Er gehe davon aus, dass die vom Iran kontrollierte Straße von Hormus, über die ein Fünftel der weltweiten Erdölproduktion laufe, vermint werden könnte.

Falls Russland dann noch seine Energieexporte nach Europa einstelle oder die Ukraine den Pipeline-Durchfluss verhindere, „dann gehen hier nur noch die Lichter aus“. Dieser Zustand könne jahrelang andauern.



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