Die Renten steigen noch einmal kräftig – Ökonomen begrüßen das Vorhaben

Die Renten steigen im Sommer kräftiger als zuvor prognostiziert – und erstmals in Ost und West in gleicher Weise. Doch künftig müssen die Rentnerinnen und Rentner wohl mit geringen Erhöhungen auskommen.
Das Lebensalter genießen? In diesem Jahr soll die Renten in Deutschland spürbar steigen.
Das Lebensalter genießen? Wie sicher ist die Rente?Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Epoch Times24. April 2024

Die Renten in Deutschland steigen in diesem Jahr spürbar. Heute will das Bundeskabinett die Anpassung zum 1. Juli beschließen. Wie bereits im März bekannt wurde, erhalten die mehr als 21 Millionen Rentner in Deutschland um 4,57 Prozent höhere Bezüge.

Diese soll erstmals einheitlich im gesamten Bundesgebiet gelten, Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland gibt es nicht mehr. Die Erhöhung der Altersbezüge ergibt sich aus der Lohnentwicklung im Vorjahr.

Mehrere Ökonomen haben die geplante Rentenerhöhung als wichtige Stütze für die Kaufkraft von Rentnern und für die Konjunktur begrüßt. „Auch mit diesem Anstieg liegt die Kaufkraft der Renten Ende 2024 noch immer niedriger als 2019, also vor Pandemie und Energiepreisschock“, sagte der Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, der „Rheinischen Post“.

„Die aktuelle Erhöhung dürfte die Konsumnachfrage in Deutschland stützen und damit zur Konjunkturerholung in der zweiten Jahreshälfte beitragen“, sagte er weiter. „Das ist erfreulich, weil derzeit die noch schwache Konsumnachfrage dazu beiträgt, dass die deutsche Wirtschaft 2024 voraussichtlich nicht wachsen wird.“

Fratzscher: Immer noch geringere Kaufkaft als vor drei Jahren

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte, „mit der geplanten Rentenerhöhung werden viele Rentnerinnen und Rentner noch immer eine geringere Kaufkraft haben als vor drei Jahren, bevor die Inflation stark anstieg“. Es werde „wohl noch ein bis zwei Jahre dauern, bis die Renten wieder die Kaufkraft von 2021 erreichen werden“, sagte er der Zeitung.

Die Rentenanpassung folge „einer gemeinsam festgelegten Formel, so dass keine der Parteien sich nun beklagen kann“. Mittelfristig könne die Rentenerhöhung den Bundeshaushalt stärker belasten. Allerdings dürfe man nicht vergessen, „dass der Staat einer der großen Gewinner der hohen Inflation der vergangenen Jahre war“, sagte Fratzscher.

Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Ist es eine ungewöhnlich starke Erhöhung der Renten?

Zumindest eine stärkere als noch im vergangenen Herbst vorhergesagt. Damals gingen Schätzer von einem Plus von rund 3,5 Prozent im Juli aus. Hauptgründe für die deutliche Erhöhung sind der stabile Arbeitsmarkt in Deutschland und gute Lohnabschlüsse. Für die Rentenanpassung maßgeblich waren Lohnsteigerungen von 4,72 Prozent. Eine Rente von 1000 Euro steigt damit um 45,70 Euro.

Warum fällt die Rentenerhöhung in Ost und West gleich aus?

Dies ist erstmals der Fall. 2023 waren die Altersbezüge in den alten Ländern noch um 4,39 und im Osten um 5,86 Prozent gestiegen. Damit hatten sich die Renten aber bereits vergangenes Jahr angeglichen. Das war früher als vorgesehen. Denn die Löhne waren im Osten zuvor deutlich stärker gestiegen als im Westen.

Wie sind die Perspektiven?

Rentensteigerungen dürfte es auch künftig geben – aber laut aktuellem Rentenversicherungsbericht in geringerem Ausmaß. So geht der Bericht bis 2037 von einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,6 Prozent pro Jahr aus – insgesamt gut 43 Prozent.

Ohne gesetzliche Eingriffe würde der Übertritt von Millionen sogenannter Babyboomer in die Rente immer deutlicher spürbar werden. Laut dem Bericht dürfte das Rentenniveau ohne Reform von derzeit 48,2 Prozent bis auf 45,0 Prozent im Jahr 2037 sinken. Die Renten würden dann generell nicht mehr so stark wie die Löhne steigen.

Wie reagiert die Koalition?

Mit einem Gesetzespaket, das bereits vorgestellt wurde und in den kommenden Wochen ins Kabinett soll. Mit ihrer Reform wollen Heil und Finanzminister Christian Lindner (FDP) das Rentenniveau von 48 Prozent für die Zukunft garantieren. Bis Mitte der 2030er-Jahre will die Regierung zudem mindestens 200 Milliarden Euro aus Bundesmitteln am Kapitalmarkt anlegen. Aus den Erträgen sollen Beitragsanstiege abgedämpft werden.

Wie ist es künftig um die Rentenausgaben bestellt?

Die Rentenausgaben würden ohne Reform laut Gesetzentwurf bis 2045 von derzeit 372 auf 755 Milliarden Euro steigen – durch das 48-Prozent-Rentenniveau dürften es 800 Milliarden Euro werden. Der Rentenbeitrag würde ohne Geldanlage am Kapitalmarkt von 18,6 Prozent bis 2045 auf 22,7 Prozent steigen. Mit Generationenkapital sollen es dann 22,3 Prozent werden. (afp/dpa/red)



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