Warum Kinder Langeweile brauchen

Langeweile ist in der modernen Welt des Scrollens und Wegwischens schon zur Seltenheit geworden. Dabei ist sie fundamental für die geistige Gesundheit unserer Kinder.
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Was tun bei Langeweile? Diese Frage müssen Kinder selbst beantworten.Foto: Wavebreakmedia/iStock
Von 26. Dezember 2023

„Mir ist langweilig!“ Wer hat diese Worte nicht schon mal als Kind gejammert? Doch diese Momente der Langeweile sind für die Jugend von heute selten – Smartphones und das unendliche Scrollen haben sie fast ausgerottet. 

Das sei schlecht für die geistige Gesundheit unserer Kinder, meinen Psychologen. Denn ein Mangel an Langeweile erstickt Kreativität und Selbstverwirklichung.

Endlose Unterhaltung führt zu verminderter Kreativität

Laut der klinischen Psychologin Stephanie Lee ist Langeweile das Fundament, auf dem Kinder und Jugendliche ihre eigenen Ideen entwickeln. Exzessive digitale Unterhaltung beraube Kinder oft dieser Langeweile, was die Vorstellungskraft hemme, so Lee, deren Spezialgebiet die Verbesserung der Bildung und geistigen Gesundheit von Kindern ist.

Die Nutzung von sozialen Medien korreliert mit verminderter Kreativität bei Jugendlichen, wie eine Studie aus dem Jahr 2019 ergab. Den Forschern zufolge steht die Nutzung von sozialen Netzwerken und Smartphones mit schlechten schulischen Leistungen, verminderter Konzentration und geringerer Kreativität in Verbindung.

Die Studie spiegelt die wachsende Zahl wissenschaftlicher Erkenntnisse wider, die den engen Zusammenhang zwischen sozialen Medien und schlechter psychischer Gesundheit bei Jugendlichen belegen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2021 mangelt es Jugendlichen, die von sozialen Medien abhängig sind, oft an bestimmten Lebenskompetenzen wie Resilienz (Widerstandsfähigkeit) und der Fähigkeit zur Problemlösung.

Unterhaltung kann Kinder auch davon abhalten, kreativ zu sein, meinte Psychologin Lee weiter. Denn sie würden ihre Leistung oder ihr Werk mit den Inhalten vergleichen, die sie von außen konsumieren. Im Gegensatz dazu könnten andere Formen der Unterhaltung – zum Beispiel das Anschauen eines nachdenklich stimmenden Dokumentarfilms oder ein Konzertbesuch – die Kreativität anregen, fügte sie hinzu.

Gelangweilte Kinder werden bessere Problemlöser

Langeweile ist der Auslöser für die Entwicklung grundlegender Lebenskompetenzen, meinte Sandi Mann, Psychologieprofessorin an der University of Central Lancashire in England, gegenüber Epoch Times. Wenn wir unsere Langeweile wegwischen und wegscrollen, komme das zu kurz, sagte sie.

„Wir erlauben unseren Gedanken nicht, umherzuwandern und kreative Lösungen für unsere Langeweile zu finden“, erklärte sie.

Das Überwinden von Langeweile fördert die Problemlösungskompetenz, die mit einer besseren geistigen Gesundheit verbunden ist. Die Fähigkeit – oder Unfähigkeit – zur Problemlösung steht sogar im direkten Zusammenhang mit dem Risiko für Depressionen und Angstzuständen, so das Ergebnis einer Studie aus dem Jahr 2013. „Unabhängiges Problemlösen ist eine Möglichkeit, Kindern und Jugendlichen zu helfen, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl aufzubauen“, erklärte Lee dazu.

Während Tagebuchschreiben und eine künstlerische Betätigung die Problemlösungskompetenz fördern, beeinträchtigen soziale Medien diese Kompetenz. Die schnellen Dopaminschübe durch soziale Medien verschaffen eine flüchtige Befriedigung, die zu Depressionen führen kann. Im Gegensatz dazu erfüllt und befriedigt das Lösen von Problemen dauerhaft.

„Aha!“-Momente, wenn wir ein Problem lösen, würden Gefühle der Hilflosigkeit zunichtemachen, die wiederum für unser geistiges Wohlbefinden sehr schädlich seien, ergänzte die Psychologieprofessorin Mann.

Müßiggang stärkt die Resilienz

Studien bringen eine bessere Problemlösung mit größerer Widerstandsfähigkeit in Verbindung, so Lee weiter. Langeweile kann daher die Resilienz stärken, die der Generation Z (oft definiert als die zwischen 1995 und 2010 Geborenen) zu fehlen scheint. Diese Generation verbringt täglich viele Stunden in den sozialen Medien.

Unterhaltung stumpfe nicht nur die Problemlösungsfähigkeit ab, sondern verringere auch die Fähigkeit von Teenagern, in herausfordernden Situationen Resilienz zu zeigen, erklärte die Psychologin Lee. „Die Fähigkeit, selbstständig mit Langeweile umzugehen, zeugt von Selbstkompetenz und Selbstwirksamkeit“, so Lee weiter. Diese seien die Grundlagen für eine hohe Resilienz.

Langeweile habe auch einen weiteren Vorteil. Der Psychologin zufolge hilft sie Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, mit stressigen Gefühlen und Widrigkeiten umzugehen. Sie bereite uns auf die größeren Herausforderungen des Lebens vor, so Lee.

„Wir müssen oft planen, Strategien entwickeln und Probleme lösen, um die Langeweile zu vertreiben. Das ist eine gute Übung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.“

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Why Kids Need Boredom: Experts“ (redaktionelle Bearbeitung as).



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