Akropolis von Athen: Vom Königspalast zum Götterberg
Im Herzen Attikas erstreckt sich ein weites, idyllisches Gebiet, umgeben von hohen Gebirgszügen. Am Rand dieses fruchtbaren Landes liegt Griechenlands Hauptstadt Athen mit ihrem kleinen, aber steilen Felsen im Zentrum: der Akropolis.
Viele Menschen kennen den Ort, ohne jemals dort gewesen zu sein, denn hier thront weithin sichtbar der weltbekannte Parthenon. Zwar ist er einer der größten Bauten, doch war und ist der Tempel nicht allein auf dem Felsen. Mit ihrer Größe von rund drei Hektar – umgerechnet vier Fußballfelder – bietet die Akropolis ausreichend Platz und mythologischen Spielraum.
Könige, Paläste und Zyklopen
Seit fast 6.000 Jahren leben Menschen im Gebiet des heutigen Athens. Was zunächst mit kleinen Siedlungen begann, wuchs im 15. Jahrhundert vor Christus zu einer ersten stadtähnlichen Struktur auf der Akropolis an.
Schon der Name verrät die gehobene Stellung des Ortes: So steht das griechische „akros“ für „höchster“ oder „oberster“ und „polis“ für „Stadt“ – zusammen also „Oberstadt“. Hier befanden sich die heiligen Tempel und die Paläste der mykenischen Könige.
Einem von ihnen hat die Akropolis ihren antiken und heute unbekannten Namen „Cecropia“ zu verdanken: Kekrops I. Laut griechischen Legenden war Kekrops der zweite König von Athen und zudem kein gewöhnlicher Herrscher. Wie viele mythologische Kreaturen soll er den Oberkörper eines Mannes und den Unterkörper eines Drachens oder einer Schlange gehabt haben.
Der Legende nach herrschte Kekrops in einer Zeit, in der griechische Götter die Städte als ihr Eigentum beanspruchten. Im Falle Athens waren es gleich zwei – Athena und Poseidon –, die in einem Wettstreit um Athen kämpften. Letztlich soll der König Athena zur Siegerin erklärt haben, womit sie zur Schutzgöttin der Stadt wurde.
Was aus dieser Zeit blieb und noch heute bewundert werden kann, ist ein Teil der zyklopischen Burgmauer. Diese besteht aus großen mehreckigen Steinen, die so kunstvoll und nahezu lückenfrei übereinandergestapelt wurden, als hätten Zyklopen dieses Werk vollbracht.
Doch mit dem Ende der reichen mykenischen Zeit im 13. Jahrhundert vor Christus verließen die alten Griechen ihre Paläste und damit auch die Akropolis für fast 300 Jahre.
Akropolis: Vom Ort der Menschen zum Ort der Götter
Die folgenden drei Jahrzehnte gelten als „dunkles Zeitalter“, da das prunkvolle Leben anscheinend plötzlich ein Ende fand. Zumindest gibt es archäologisch aus dieser Zeit deutlich weniger Funde. Die Paläste wurden verlassen und die hochklassigen und kunstvoll gestalteten Keramikgefäße wurden durch einfachere und billigere ersetzt.
Außerdem verloren die herrschenden Könige an Macht, bis sie im achten Jahrhundert vor Christus für immer abgesetzt wurden. Was zu dem Lebens- oder gar Sinneswandel der Menschen führte, ist bislang unbekannt. Sicher ist aber, dass das Leben danach erneut erblühte und die Akropolis wieder mehr Aufmerksamkeit erhielt.
Der verlassene Sitz der Könige wandelte sich mit dem Bau einiger Tempel und kleinerer Bauwerke zur Heimat der Götter. Wie genau diese aussahen, ist umstritten. Was aber in Athen nicht fehlen durfte, war ein Tempel für die Stadtgöttin. Von dem Heiligtum der Athena sind heute nur noch die Reste von zwei Säulen und unzählige Weihgeschenke erhalten. Auch der Göttervater erhielt einen eigenen Tempel auf der Akropolis.
Große Pläne in Schutt und Asche
Um 500 vor Christus sollte dann ein weiterer Tempel die Akropolis schmücken. Geplant war der Bau des Götterhauses an genau der Stelle, wo heute der berühmte Parthenon steht. Doch kurz nachdem die Griechen mit dem Bau ihres Tempels begonnen hatten, endete er auch wieder – in einem zerstörerischen Ereignis.
Denn die Griechen führten Krieg gegen die Perser. Nach den Schlachten bei Marathon (490 v. Chr.) und Salamis (480 v. Chr.) fielen die Perser in Athen ein und zerstörten dabei auch die Gebäude auf der Akropolis. Eine dicke Schicht aus Asche und Schutt zeugt noch heute von dem einschneidenden Ereignis.
Ebenfalls Opfer der Perser wurde der heilige Olivenbaum im Pandroseion, dem Tempel von König Kekrops‘ Tochter und erster Priesterin von Athena. Der Legende nach soll der Baum jedoch bereits einen Tag später einen neuen lebenden Trieb hervorgebracht haben, was die Griechen als Zeichen der Unbesiegbarkeit sahen. Der Olivenbaum, der noch heute in dem Heiligtum steht, wurde jedoch erst 1900 dorthin gepflanzt.
Wie ein Phönix aus der Asche
Damit so ein Krieg wie jener gegen die Perser nicht noch einmal vorkommt, schlossen sich mehrere griechische Stadtstaaten zum „Attischen Seebund“ zusammen – angeführt von Athen. Mit diesem neuen Bündnis kam auch der Geldsegen für Athen: Denn wer Teil des Bündnisses sein wollte, musste regelmäßig Tributzahlungen leisten. Mithilfe dieser weiteren Einnahmequelle konnten die Griechen nun ihre Akropolis neu gestalten.
Hierfür sollen die besten Architekten und Bildhauer aus ganz Griechenland nach Athen geholt worden sein – einer von ihnen war der Bildhauer Phidias. Unter seiner Leitung entstand zusammen mit weiteren Baumeistern eine Vielzahl neuer Bauten – von einem Toreingang bis hin zu Tempeln und Theatern.
Zankapfel der Moderne
Binnen neun Jahren errichteten die antiken Baumeister den rund 30 Meter breiten und 70 Meter langen Parthenon – ganz ohne moderne Kräne und Gerüste. Der Giebel in fast 14 Metern Höhe wird von 85 frei stehenden, 10,5 Meter hohen Säulen getragen. Allein 46 Säulen umringen den geschlossenen Innenbereich, in dem die religiösen Handlungen stattfanden. Die tonnenschweren Säulen waren jedoch nicht am Stück gefertigt, sondern bestanden aus zehn bis zwölf „übereinander gesteckten“ Einzelteilen – wie bei Lego.
Der geschlossene Innenraum war nochmals in zwei Räume – einen kleinen „Lagerraum“ und einen großen „Kultraum“ – unterteilt. Diese waren mit einer Mauer voneinander getrennt und konnten nur von außen betreten werden. Im großen Kultraum fanden die eigentlichen religiösen Handlungen vor den Blicken jener Göttin statt, der der Tempel geweiht war: Athena. So soll der Bildhauer Phidias eigens für den Parthenon eine rund 11 Meter hohe Statue aus Gold, Elfenbein und Marmor gebaut haben – erhalten ist sie heute nicht mehr.
Doch die Statue könnte nicht das einzige Meisterwerk des Bildhauers gewesen sein. Weitere fünf Jahre brauchte es, um den Tempel mit zusätzlichem Schmuck – Skulpturen, Friese und Reliefs – auszustatten, an deren Bau auch Phidias beteiligt gewesen sein könnte. Sowohl Schmuck als auch Teile des Tempels sind aus teurem pentelischen Marmor, der aus einer 16 Kilometer entfernten Lagerstätte stammt. Damit die Menschen die Dekorationen in zehn Metern Höhe sehen konnten, waren diese ein bis 3,5 Meter hoch.
Viele von ihnen wurden 1801 vom englischen Botschafter Lord Elgin aus dem Tempel herausgebrochen und nach London gebracht, wo sie heute im British Museum zu sehen sind. Seit mehreren Jahren streiten sich England und Griechenland hitzig und Athen fordert immer wieder die Rückgabe des entwendeten Gutes.
Wer den Parthenon in altem Glanz noch heute sehen möchte, kann unter anderen den US-amerikanischen Nachbau in Nashville (Tennessee) oder die Gedenkstätte Walhalla bei Regensburg besuchen.
Eintritt unter Sternenhimmel
Der Eingang zur Akropolis befindet sich auf der Westseite des Felsens und führt entlang unzähliger Stufen zur monumentalen symmetrischen Toranlage. Seine inzwischen stark beschädigte Front war identisch mit dem heutigen Brandenburger Tor in Berlin oder den Propyläen des Münchener Königsplatzes.
Wie der Parthenon besaß auch das Torhaus viele kunstvoll gestaltete Reliefs und Friesen aus feinstem Marmor. Ein besonderer Augenschmaus soll aber die Kassettendecke im Inneren gewesen sein. Laut dem antiken Schriftsteller Pausanias war diese so dunkelblau wie der Nachthimmel und mit goldenen Sternen übersät.
Zu beiden Seiten des Torhauses schloss jeweils ein Flügel an, in denen Festbankette stattfanden, Gemälde aufbewahrt wurden oder die den Zugang zu einem weiteren Tempel ermöglichten. Die meisten Menschen gingen jedoch geradeaus auf die Akropolis und direkt auf einen Koloss zu.
Lichtblick für Seefahrer
Neben dem Kultbild im Parthenon gab es mit der kolossalen Statue direkt hinter dem Eingang eine zweite Athena auf der Akropolis. Sie zeigt die Stadtgöttin wie gewohnt in voller Kriegsmontur samt Helm, Körperpanzer, Schild und erhobenem Speer. Laut Überlieferungen sollen die Spitze des Helms und der Speer vom fünf Kilometer entfernten Meer aus gut sichtbar gewesen sein und leiteten die griechischen Seefahrer nach Hause.
Tempel der gestutzten Flügel
Rechter Hand neben dem Eingang befindet sich das kleinste Götterhaus der Akropolis: der Tempel der Athena Nike. Hier verehrten die alten Griechen ihre Stadtgöttin, noch bevor es den Parthenon gab. Erbaut wurde er auf einer Bastion aus der mykenischen Zeit und ist vollständig aus Marmor.
Früher besaß der Tempel zusätzlich eine Brüstung, um zu verhindern, dass Besucher in den Abgrund stürzten. Dort war auch eine ungewöhnliche Marmorstatue angebracht: eine Nike ohne Flügel. Wieso die für gewöhnlich geflügelte Siegesgöttin im Fall der Athener Akropolis keine hat, ist unbekannt. Später entstand die Geschichte, dass die Nike ihrer Flügel beraubt wurde, damit sie (der Sieg) die Stadt nie verlassen konnte.
Bau der Legenden
Gegenüber dem Eingang und direkt hinter der riesigen Athena-Statue befindet sich das sogenannte Erechtheion, ein Tempel für 13 Gottheiten und Heroen. Entsprechend sagenumwoben ist dieser Bereich der Akropolis. In mykenischer Zeit befand sich hier der Palast der Könige und später – vor dem Einfall der Perser – der alte Athena-Tempel mit dem heiligen Olivenbaum.
Außerdem ist dieser Ort eng mit König Kekrops I. verbunden. Zum einen soll sich hier sein Grab befinden und zum anderen Poseidons Salzwasserquelle. Diese soll er beim Wettstreit um die Stadt Athen erschaffen haben, bevor er als Verlierer aus dem Duell mit Athena hervorging.
Am bekanntesten ist der Tempel jedoch für seinen südlichen Anbau. Das Dach der kleinen Vorhalle wird von sechs überlebensgroßen Frauenstatuen getragen. Wen diese kunstvoll gestalteten Damen darstellen sollen, ist bislang ungewiss.
Das erste Theater der Welt
Wer an Theater denkt, verbindet dies häufig mit Dramen, Tragödien und Komödien, die ihren Ursprung unumstritten im antiken Griechenland haben. Hier war das Theater fest in der Kultur eingebunden und hatte einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert.
Es verwundert daher nicht, dass die Akropolis schon früh ein Theater besaß: das Dionysostheater. Dieses war zunächst ganz schlicht und die Menschen saßen auf dem blanken Hang. Später kamen hölzerne Sitzreihen hinzu, die ihrerseits durch Stein ersetzt wurden, sowie das steinerne, heute nicht mehr erhaltene Bühnengebäude. Jedes Jahr wurden hier die Festspiele der Dionysien veranstaltet, bei denen berühmte Dichter wie Sophokles oder Euripides ihre Werke uraufführten und Preise für ihre Dichtkunst gewannen.
Die verlorenen Bauten
Neben den bereits erwähnten Gebäuden gab es eine Reihe weiterer, die heute nicht mehr erhalten sind. Zu diesen gehört das Brauroneion, ein Tempel für die Göttin Artemis, die Chalkotheke, ein Aufbewahrungsraum für metallische Weihgeschenke, das Eleusinion, ein Heiligtum für die Göttinnen Demeter und Persephone, das Asklepieion, ein Heiligtum für den Gott der Heilkunst, und das Arrephorion, ein Wohnhaus der Priesterinnen.
Außerdem gab es neben dem Dionysostheater ein zweites, überdachtes Theater: das Odeon des Perikles. Dieses war nach dem griechischen Regenten benannt, der die Neugestaltung der Akropolis veranlasste. Hier fanden im Gegensatz zum benachbarten Freilichttheater die musikalischen Wettbewerbe statt.
Von Moschee bis Munitionslager
Nachdem die Griechen die Akropolis bereits gut mit Gebäuden gefüllt hatten, kamen unter der Herrschaft des Römischen Reiches noch ein paar Monumente hinzu. So baute Kaiser Augustus einen kleinen Rundtempel an der Ostseite des Parthenons und König Eumenes II. die sogenannte Halle des Eumenes.
Die größte Neuerung war das Geschenk eines Redners an seine Heimat: das Odeon des Herodes Atticus am Nordwesthang der Akropolis, das dritte Theater der Akropolis. Fast 5.000 Zuschauer können hier noch gelegentlich Theateraufführungen und Konzerte besuchen.
Ab dem Jahr 267 begann die turbulente und wechselhafte Zeit der Akropolis. Immer wieder wurde der Ort in eine Festung umgewandelt und – vor allem ab dem Mittelalter – als Munitionslager genutzt. Mit schwerwiegenden Folgen, denn immer wieder kam es zu Explosionen der gelagerten scharfen Waffen. Dabei wurden viele Bauten erheblich beschädigt, wie etwa die monumentale Toranlage oder das Erechtheion.
Doch nicht nur Kriege veränderten das Aussehen der griechischen Kultbauten, sondern auch die Religion. So dominierte nach dem Zerfall des Römischen Reiches der christliche Glauben in Griechenland, sodass Tempel auf der Akropolis zu Kirchen umgebaut wurden. Mit der Herrschaft der Osmanen erhielt der Parthenon im Jahr 1456 sogar ein Minarett und wurde so zu einer Moschee.
Seit der Wiedererlangung der Unabhängigkeit nach der Revolution (1821–1829) bemüht sich Griechenland um die Erhaltung seiner Kultur und Geschichte. Eine wortwörtlich überragende Rolle nimmt darin jener Götterberg ein, der über der griechischen Hauptstadt thront: die Akropolis.
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