Systematischer Organraub als industrielles Gewerbe: Ein globales Problem

Der Organtourismus nach China scheint zu boomen, und es gibt Hinweise, dass auch Deutsche zu den Organtouristen gehören. Gleichzeitig gibt es Beweise dafür, dass das reiche Organangebot dort mit dem Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden zusammenhängt. Dem will der US-Kongress nun mit einem Gesetz einen Riegel vorschieben.
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Organtransplantationen werden heftig diskutiert.Foto: Peter Parks/AFP via Getty Images
Von 20. Juli 2024

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Das Thema Organtransplantation wird in Deutschland heftig debattiert. Dabei geht es um eine politische Initiative zur Einführung der sogenannten Widerspruchslösung. Im Falle eines Hirntodes sollen allen, die nicht zuvor ausdrücklich durch eine schriftliche Erklärung widersprochen haben, automatisch Organe entnommen werden können. So soll die Wartezeit auf ein Organ verkürzt werden; in Deutschland gibt es zu wenig Spenderorgane.

Obwohl in China – vorwiegend aus traditionellen Gründen – stärkere Vorbehalte als in Deutschland gegen Organspenden existieren, boomt dort jedoch der Transplantationsmarkt; das hat einen regelrechten Organtourismus ausgelöst. Dabei gibt es seit Jahren Beweise dafür, dass in China systematisch und staatlich organisiert durch die Kommunistische Partei Chinas (KPC) Organraub an sogenannten Gewissensgefangenen betrieben wird. Besonders stark davon betroffen sind die von der KPC politisch verfolgten Falun-Gong-Praktizierenden, die Uiguren, Tibeter und Christen.

Der US-Kongress will nun mit dem „Falun Gong Protection Act“ die Falun-Gong-Praktizierenden in China vor Organraub schützen und darüber hinaus die sogar außerhalb der Grenzen Chinas stattfindende Verfolgung durch sogenannte Einfluss- und sonstige Agenten durch ein Gesetz bekämpfen.

Epoch Times hat darüber mit dem Gelsenkirchener Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Andreas Weber (52), gesprochen. Er ist der deutsche Vertreter der NGO Doctors Against Forced Organ Harvesting (Ärzte gegen Organraub; DAFOH). Diese Ärzteorganisation hat sich auf die Fahne geschrieben, den illegalen Organraub weltweit zu stoppen. Weber war zudem jahrelang für die Deutsche Stiftung Organtransplantation in einem chirurgischen Organentnahmeteam tätig und organisatorisch auch im Rahmen der Organverteilung in acht Ländern Europas durch Eurotransplant.

Epoch Times: Was beinhaltet der „Falun Gong Protection Act“?

Dr. Andreas Weber: Der Gesetzentwurf ist ein Meilenstein im Bereich der Menschenrechte. Sollte der Gesetzentwurf nun auch den Senat passieren und vom US-Präsidenten unterzeichnet werden, würde zum ersten Mal nach 25 Jahren brutaler Verfolgung von Falun Gong in China die Verfolgung von Falun-Gong-Praktizierenden verboten und der Schutz der Opfer in den USA gesetzlich festgeschrieben werden.

Gleichzeitig würdigt der US-Kongress damit die Opfer dieser menschenrechtswidrigen Verfolgung, indem der „Falun Gong Protection Act“ als Gesetz den Namen der betroffenen buddhistisch-spirituellen Gruppe als Titel trägt. Damit bezieht der Kongress direkt gegen die allgegenwärtige Zensur der chinesischen Regierung Stellung.

In der Regel ist es außenpolitisch und diplomatisch schwierig, Geschehnisse in anderen Ländern zu kritisieren, selbst wenn es sich dabei um Menschenrechtsverletzungen handelt. Mit dem geplanten Gesetz hat das US-Repräsentantenhaus jedoch einen Weg gefunden, der Verfolgung von und dem Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden offensiv zu begegnen.

Sollten Ärzte oder andere Personen für schuldig befunden werden, dass sie am Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden mitgewirkt, ihn direkt oder indirekt veranlasst und unterstützt haben oder sonst wie daran beteiligt waren, würde ihnen die Einreise in die USA verwehrt und auch der Erwerb von Land und Besitz in Amerika verboten werden. Außerdem verlangt das Gesetz, dass verschiedene Ministerien mehr Informationen über den Organraub und Organerwerb in China zusammentragen und an das US-Repräsentantenhaus Berichte dazu übermittelt werden. Dies ist ein entscheidender Schritt, um auch weitere Folgegesetzentwürfe auf den Weg zu bringen. Der verabschiedete Gesetzentwurf verlangt auch eine Untersuchung, ob die systematische Verfolgung von Falun-Gong-Praktizierenden die Kriterien eines Völkermordes erfüllt.

Konkret verbietet das Gesetz jegliche Zusammenarbeit der USA und ihrer Institutionen mit China auf dem Gebiet der Organtransplantation, solange die Kommunistische Partei Chinas an der Macht ist.

Gleichzeitig fordert es Sanktionen gegen die KPC, um darauf hinzuwirken, dass jede staatlich geförderte Kampagne zur Organentnahme in China beendet wird.

Darüber hinaus sieht der „Falun Gong Protection Act“ vor, in Zusammenarbeit mit Verbündeten, Partnern und multilateralen Institutionen der USA auf die Verfolgung von Falun Gong durch Peking aufmerksam zu machen und gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft gezielte Sanktionen und Visabeschränkungen zu koordinieren.

Abgeordnete unterhalten sich am zweiten Tag der Wahl in der Kammer des Repräsentantenhauses.

Abgeordnete bei einer Sitzungspause im US-Repräsentantenhaus. Foto: Andrew Harnik/AP/dpa

Welche Schritte sind dafür noch notwendig?

Der republikanische Abgeordnete Scott Perry und 18 Mitunterzeichner hatten im Juni 2023 einen Gesetzentwurf mit dem Titel „Falun Gong Protection Act“ (Gesetz zum Schutz von Falun Gong) in den US-Kongress eingebracht. Am 25. Juni 2024 hat das US-Repräsentantenhaus diesen Entwurf parteiübergreifend verabschiedet.

Der „Falun Gong Protection Act“ geht, nachdem er nun das Repräsentantenhaus passiert hat, in den Senat. Das entspricht der Abstimmung über ein Gesetz im Deutschen Bundesrat, über welches zuvor im Bundestag erfolgreich abgestimmt wurde. Wenn das Gesetz nun auch im US-Senat verabschiedet wird, muss der Gesetzesentwurf noch vom US-Präsidenten unterzeichnet werden, bevor er Gültigkeit erlangt.

Gibt es auch einen Deutschland-Bezug beim Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden in China?

Es gibt nicht nur einen Bezug zu Deutschland, sondern zur ganzen Welt. Die Organraubindustrie hat ein weltweit agierendes Netzwerk etabliert, das durch die Kommunistische Partei Chinas staatlich initiiert und gefördert wird. China wirbt dabei sogar via Internet dafür, dass ein neues Organ nach einer „Bestellung“ innerhalb von zwei bis drei Wochen geliefert und zur Verfügung gestellt werden kann.

Darüber hinaus wird Transplantationspatienten, die ein Organ in China erhalten haben, angeboten, dass sie zehn Prozent der Kosten zurückerstattet bekommen, wenn sie einen weiteren Transplantationspatienten als neuen Kunden anwerben. Dies wird zum Beispiel dadurch erreicht, indem Patienten im Wartezimmer einer ärztlichen Dialyse-Praxis andere Patienten aktiv ansprechen und ihnen anbieten, bei der Kontaktaufnahme zu einem chinesischen Krankenhaus zwecks Beschaffung eines gewünschten Organs behilflich zu sein oder einen solchen Kontakt sogar persönlich herstellen. Solche Vorgänge wurden beispielsweise von italienischen Ärzten registriert und es wurde darüber berichtet. Es drängt sich die Frage auf, ob solche Rekrutierungen auch in Deutschland erfolgen.

Hinter scheinbar gut gemeinten, harmlosen Unterstützungen, wie beispielsweise einer Transplantationsreise nach China, verbirgt sich zugleich ein humanitäres und menschenrechtsrelevantes Problem. Wenn ein Organtourist nach China reist, um eine Organtransplantation zu erhalten, führt dies häufig zugleich zur Ermordung von Falun-Gong-Praktizierenden oder anderen Gewissensgefangenen.

Zwecks der angestrebten Organentnahme werden die Gefangenen durch eine Kaliuminjektion ins Herz getötet, wenn ihre Blutgruppe und andere Gewebefaktoren denen des Organtouristen entsprechen. Der Transplantationstourist wird so – bewusst oder unbewusst – zum Mittäter an einem Völkermord. Es ist leider nicht auszuschließen, dass auch Patienten aus Deutschland nach China reisen, um sich dort ein Organ transplantieren zu lassen. Dies trifft natürlich ebenso für Organtouristen aus anderen europäischen Ländern zu.

In über 700 Kliniken in China boomt das Geschäft mit menschlichen Organen. Foto: Montage by Jens Almroth/Epoch Times

Natürlich bedeuten anhaltendes Leiden und ein drohender Tod eine Art Damoklesschwert über den Köpfen von schwer erkrankten Patienten, die auf ein Spenderorgan warten. Die Verführung, zwecks Erhalt eines lebensrettenden Organs nach China zu reisen, ist immens. Gegen eine Vorauszahlung kann man dort ein gewünschtes Organ innerhalb von zwei bis drei Wochen erhalten. Das ist natürlich eine verlockendere Perspektive, als in Deutschland ein bis drei Jahre auf ein Organ warten zu müssen. Denn das in Deutschland und anderen zivilisierten Ländern geltende, auf ethischen Prinzipien gründende Organspendesystem kann mit einem Organspendesystem, das bedenkenlos kriminelle Praktiken anwendet, nicht konkurrieren.

Zunehmend problematisch wird es auch, wenn es zu einem intensiveren Wissensaustausch und Ausbildungskooperationen zwischen China und deutschen Kliniken beziehungsweise medizinischen Universitätseinrichtungen kommt. Chinesische Studenten und auch unerfahrene chinesische Chirurgen werden auch an deutschen Universitäten und in deutschen Operationssälen ausgebildet. Hier lernen sie als junge Ärzte das Operieren und die medizinischen Grundlagen der Organtransplantation. Nach einer Rückkehr nach China mit der dort herrschenden kommunistischen Diktatur und dem allgegenwärtigen Regime der KPC werden sie genötigt, ihr in Deutschland erworbenes Wissen und Können beim Organraub anzuwenden.

Das totalitäre Regime in China verfolgt Falun-Gong-Praktizierende seit 25 Jahren und foltert die Anhänger dieser spirituellen Meditationsbewegung für ihren Glauben an Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht – oft bis zum Tode. Systematische Tötungen waren ein Kernelement der angestrebten Ausrottung von Falun Gong, wie dies seinerzeit der KPC-Vorsitzende Jiang Zemin öffentlich befohlen hatte. Da aber „einfache“ Liquidierungen von der internationalen Gesellschaft beobachtet wurden, hat man einen anderen Weg gefunden, um Falun-Gong-Praktizierende „unauffälliger“ und zugleich auch „gewinnbringend“ zu vernichten. Die KPC hat die Tötungen an Ärzte und medizinische Einrichtungen delegiert; so wurden Operationssäle zu Exekutionskammern. Ein deutscher Chirurg, der einen chinesischen Arzt ausbildet, wird damit auch unwissentlich zum Komplizen solcher Verbrechen.

Kann der „Falun Gong Protection Act“ auch Auswirkungen auf Deutschland haben?

Ja, der Gesetzentwurf könnte für den deutschen Gesetzgeber ein Impuls sein, per Gesetz zu verbieten, dass deutsche Staatsbürger für Organtransplantationen in Länder reisen, in denen Organraub nachweislich betrieben wird – wie dies in China der Fall ist.

Bestandteil des „Falun Gong Protection Act“ ist auch, dass jegliche Forschungskooperationen mit dem kommunistischen China im Bereich der Organtransplantation einzustellen sind. Dies könnte Deutschland aufgreifen und auch hier alle Forschungskooperationen mit dem kommunistischen China im Bereich der Organtransplantation einstellen.

Für eine Debatte in Deutschland ist es wichtig, dass die Verantwortlichen in der Regierung und in sämtlichen an einer Organspende beteiligten Organisationen klar gegen dieses Menschenrechtsverbrechen des Organraubes Position beziehen und dem mit allen gesetzlich zur Verfügung stehenden Mitteln entgegentreten. Dazu gehört auch das absolute Verbot, sich Organe aus einem Organraub in China zu beschaffen.

Ich betrachte dies als eine Selbstverständlichkeit in einem demokratischen und rechtsstaatlich verfassten Land und eine vertrauensfördernde Maßnahme in einem altruistisch verfassten Organspendesystem. Denn nichts ist schlimmer für einen Organspender als die Vorstellung, seine Organe lebend entnommen zu bekommen. Genauso schlimm ist die Vorstellung, diese Art von Raub auch noch unwissentlich zu finanzieren und ein solches Organ implantiert zu haben oder zu bekommen.

Bisher verbietet es der deutsche Gesetzgeber nämlich nicht, nach China zu reisen und dort eine Organspende zu erhalten. Im Gegenteil, die medizinische Versorgung in Deutschland im Rahmen des Organempfanges ist, wie immer auch dieses Organ beschafft worden ist, durch eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen gedeckt. Das ist eine große Lücke in der deutschen Gesetzgebung, die einer menschenrechtswidrigen Kriminalität zusätzlich Tür und Tor öffnet.

Das Bundesgesundheitsministerium könnte darauf hinwirken, dass Ärzte gesetzlich verpflichtet werden, der Bundesärztekammer etwaige Verdachtsfälle zu melden. Gleichzeitig könnte per Gesetz dem Organtourismus nach China ein Riegel vorgeschoben werden, wie dies bereits andere Staaten weltweit machen.

Falun-Gong-Praktizierende protestieren gegen den Organraub in China. Foto: Benjamin Chasteen/Epoch Times

Was genau ist der Hintergrund für den Organraub?

Seitdem im Jahre 2006 die beiden kanadischen Menschenrechtsanwälte David Matas und der bereits verstorbene David Kilgour erstmals in ihrem unabhängigen Bericht über den Organraub in China, veranlasst und gemanagt durch die Kommunistische Partei, an spirituellen Minderheiten wie den Falun-Gong-Praktizierenden und den Uiguren berichteten, versuchen Menschenrechtsorganisationen weltweit über dieses Verbrechen an der Menschenwürde aufzuklären.

Seitdem sind weitere zahlreiche Beweise, wie zum Beispiel in dem „DAFOH Special Report“ zusammengefasst dargestellt, zusammengetragen worden. Im März 2020 stellte das „China Tribunal“ unter der Leitung von Sir Geoffrey Nice KC in seinem abschließenden Urteil fest, dass in ganz China bereits seit Jahren Organraub in erheblichem Umfang stattfindet und das Falun-Gong-Praktizierende wahrscheinlich die „Hauptquelle“ und damit ein „Reservoir“ für Organentnahmen sind.

Mit dem „Falun Gong Protection Act“ ist auch die Erstellung einer Sanktionsliste mit Namen von Personen, die an der unfreiwilligen Entnahme von Organen in China beteiligt waren oder diese erleichtert haben, verbunden. Gibt es eine besonders auffällige Person, deren Name sehr wahrscheinlich auf der Liste landen wird?

Ja. Huang Jiefu ist mittlerweile Vorsitzender des Beirats des chinesischen „Human Organ Donation and Transplantation Committee“ [Ausschuss für Organspende und -transplantation]. Er ist als Vorsitzender ein wesentlicher Entscheidungsträger des chinesischen Organtransplantationssystems.

Er erklärt dezidiert, dass China zur führenden Nation im Bereich Organspende werden will, indem es seine Freundschaftsbeziehungen zu vielen Staaten im Rahmen der „Belt-and-Road-Initiative“ nutzen wolle, die unter anderem über die ehemalige Seidenstraße eine Wiederbelebung des Handels bewirken soll. Diese Initiative soll auch technologischen Austausch beinhalten. Mit anderen Worten: China will nicht nur eine globale Vormachtstellung im Bereich Organtransplantation erreichen, sondern auch die damit verbundenen technologischen Errungenschaften in alle Welt exportieren.

Im Bereich der technologischen Errungenschaften fällt zum Beispiel auch ein spezielles Gerät auf, das die sogenannte Warmspende ermöglicht.

Als Warmspende wird eine Organspende bezeichnet, bei der das Spenderorgan keine sogenannte Ischämiezeit, also eine Zeit ohne warmes Blut, überstehen muss. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein hirntoter Organspender zufällig in demselben Krankenhaus stirbt, in welchem sich zeitgleich der potenzielle Organempfänger aufhält, und die Organübertragung auch noch in diesem extrem kleinen Zeitfenster, in dem die Organe eines Verstorbenen warm transplantierbar sind, durchgeführt wird.

Dies allein ist bereits ein größerer Zufall als ein Sechser im Lotto! Dennoch wurde im April 2023 eine randomisierte chinesische Studie an 68 Patienten veröffentlicht, bei denen eine Warmspende durchgeführt wurde! Alle Warmspenden wurden im selben Krankenhaus durchgeführt und der jüngste Organspender war erst 14 Jahre alt! Das bedeutet sozusagen 68 „Sechser im Lotto“ in kürzester Zeit – noch dazu in ein und demselben Krankenhaus. Mitautor dieser Studie ist übrigens auch Huang Jiefu.

Darüber hinaus wissen wir, dass in China Organtransplantationen zu einem vorab definierten bestimmten Termin durchgeführt und dabei sogar Organe von Falun-Gong-Praktizierenden telefonisch garantiert werden; dies geht aus dokumentierten Testanrufen hervor. Bei diesen Anrufen wurde gegen eine Zusatzgebühr von 15.000 US-Dollar auch ein Operationszeitpunkt innerhalb von zwei Tagen angeboten. Wenn man bedenkt, dass darüber hinaus auch noch Organe einer bestimmten Personengruppe garantiert werden, ist an diesem Punkt der Glaube an ein altruistisches Organspendesystem, wie es hier in Europa besteht, quasi unmöglich!

Das Tianjin First Central Hospital, in dem eines der aktivsten Organtransplantationszentren Chinas untergebracht ist. Foto: Krankenhausarchiv

Welchen Einfluss könnte das Gesetz auf die Verfolgung in China und die KPC haben?

Es ist nicht zu erwarten, dass die KPC eine komplette innenpolitische Wende aufgrund des „Falun Gong Protection Act“ vollzieht. Schließlich versteht sich das kommunistische China als souveräner Staat mit eigener Gesetzgebung. Außerdem hat Staatschef Xi Jinping geäußert, er würde eher die Menschenrechte insgesamt abschaffen, als sich im eigenen Land in die Menschenrechtssituation hineinreden zu lassen.

Deswegen wird der Effekt dieses Gesetzes wohl nicht sein, dass es in China plötzlich eine totale Kehrtwende gibt, sondern eher, dass die Menschen außerhalb Chinas kritischer der KPC gegenüberstehen und Chinas Umgang mit Menschenrechten verurteilen. Aber das Gesetz und die Aufmerksamkeit, die nun dem Organraub in China geschenkt wird, kann dazu führen, dass weniger Transplantationstouristen nach China fahren und somit der Transplantationsmarkt in China reduziert wird.

Langfristig könnte das Gesetz sicherlich die weltweiten Handelsbeziehungen zu China und die medizinische Zusammenarbeit negativ beeinflussen. Nicht nur im Bereich der Organtransplantation, sondern auch bei den ersten Produktionsschritten von Photovoltaikanlagen, Computerplatinen, Rotorblättern für Windkraftanlagen und so weiter; denn bei der Beschaffung von seltenen Erden in China liegt es nahe, dass die grundlegenden schweren körperlichen Arbeiten von Gewissensgefangenen aus Internierungslagern durchgeführt werden; in China gibt es Millionen Zwangsarbeiter in riesigen Internierungslagern.

Ein großer Teil dieser Zwangsarbeiter sind unrechtmäßig inhaftierte Falun-Gong-Praktizierende, Uiguren, Christen und Tibeter, welche bei diesen Arbeiten unter widrigsten Bedingungen und ohne Einhaltung von Sicherheitsstandards für einen menschenrechtswidrig erzeugten Profit ausgebeutet werden und dabei teilweise auch ums Leben kommen.

Wenn die Menschen durch das neue Gesetz ein Bewusstsein dafür entwickeln und wahrnehmen, was in China passiert, dann wäre dies schon ein großer Schritt, der dann auch weitere Veränderungen mit sich bringen könnte.

Teil des „Falun Gong Protection Acts“ sind auch verschiedene Sanktionsmöglichkeiten. Wie schmerzlich sind sie für die Beteiligten am Organraub?

KPC-Funktionäre kaufen im großen Stil Immobilien und Land in den USA. Dahinter steht nicht die Faszination für ein demokratisches Amerika, sondern dahinter steckt die Absicht, im Interesse der KPC im Ausland zu agieren und ihr auch auf diesem Weg Vorteile zu verschaffen. Das ist auch der Grund, warum junge Chinesen weltweit auf Eliteschulen und an Universitäten geschickt werden.

Der Landkauf im Ausland funktioniert wie eine schleichende territoriale Ausbreitung der KPC, die anders als eine gewaltsame Eroberung quasi verborgen und im Untergrund stattfindet und sich häufig auch auf Ackerflächen bezieht. Chinesische Investoren haben bereits große Landflächen in Amerika und auch anderswo auf der Welt erworben.

Bestandteil des „Falun Gong Protection Act“ ist, dass chinesische Investoren, die an der Unterdrückung von Falun Gong und dem Organraub in China beteiligt sind, in Amerika keine Immobilien und kein Land kaufen dürfen. Daher stellt das neue Gesetz für Peking einen direkten Eingriff in die aktuelle und anhaltend praktizierte Expansionspolitik dar.

Zudem wird unter dem Banner der chinesischen Seidenstraßeninitiative, die Peking auch als Entwicklungs- und Wirtschaftshilfe verkauft, Ackerland in fremden Ländern als Pfand durch China erworben, womit sich weltweit diese Länder von Peking abhängig machen.

Können Sie das genauer erklären?

Besonders afrikanische Länder haben große Ländereien an China verloren. Durch überdimensionierte oder nicht nachhaltige chinesische Projekte in ihren Ländern gerieten sie in finanzielle Schwierigkeiten und mussten ihr Land, das sie zur finanziellen Absicherung dieser Projekte als Pfand eingesetzt hatten, an Peking abtreten.

Mit der Einführung eines ähnlichen Gesetzes wie dem „Falun Gong Protection Act“ und dem Nachweis von Menschenrechtsverletzungen an Falun-Gong-Praktizierenden in China könnten diese Länder wieder in den Besitz ihres eigenen Ackerlandes kommen, beziehungsweise den weiteren Verlust von Ländereien verhindern und sich vom KPC-Einfluss auf die heimische Nahrungsmittelproduktion befreien.

Damit würde auch der starke chinesische Einfluss über die von Peking kontrollierten afrikanischen Staaten in den UN und somit im UN-Menschenrechtsrat zurückgedrängt. Das wäre eine Machtverschiebung, die vielen afrikanischen Staaten helfen würde. Es gibt übrigens auch europäische Staaten, die derart mit China verstrickt sind und bereits Landflächen an China verpfändet haben.

Und welche Sanktionsmöglichkeiten bietet der „Falun Gong Protection Act“ für Europa?

Deutschland und andere Staaten sind als Verbündete und Partner der USA dazu aufgerufen, sich an den Sanktionen zu beteiligen.

Punkt 3 im Gesetzentwurf fordert daher andere Länder auf, mit den USA zusammenzuarbeiten, um Menschenrechtsverletzungen, die durch die Verfolgung von Falun Gong in China geschehen, klar zu benennen, darüber zu sprechen und gemeinsam gezielte Sanktionen und Restriktionen dagegen durchzuführen.

Über das Schengenabkommen könnten zum Beispiel chinesische Chirurgen oder KP-Parteifunktionäre, die erwiesenermaßen an illegalen Organtransplantationen verdienen oder diese fördern und ermöglichen, gehindert werden, in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten Immobilien oder Ländereien zu ersteigern oder in die EU einzureisen.

Das ist bisher jedoch nur Zukunftsmusik. Zunächst steht im Vordergrund, dass mit dem Gesetz ein Mechanismus entsteht, der das Sammeln von Informationen über die Verfolgung von Falun Gong in China voraussetzt.

Denn mit dem Gesetz wäre der amerikanische Staat verpflichtet, Informationen selbstständig zu sammeln, um diese Verfolgung belegen und auch den Organraub mit weiteren Beispielen beweisen zu können. Diese Informationen würden dann wiederum helfen, einen Hebel zu finden, um diese die Menschenwürde verachtenden Verbrechen nicht nur weiter zu entlarven, sondern auch zu stoppen.

Was für ein Signal ist das für die internationale Gesellschaft, wenn die USA ein solches Gesetz verabschieden?

Das Signal an die internationale Völkergemeinschaft ist: „Wir sehen und verurteilen, was in China passiert. Wir akzeptieren nicht die Verfolgung von spirituellen Minderheiten und wir akzeptieren oder dulden nicht dieses abartige Verbrechen des Organraubes! Wir sind entschlossen, dieses Vorgehen der KPC gegen Falun Gong nicht länger zu tolerieren und werden dagegen vorgehen!“

Allein schon der Name „Falun Gong Protection Act“ macht der KPC Angst, weil die kommunistische Führung dadurch weiß, dass die USA und auch andere Verbündete weltweit explizit auf dieses Verbrechen schauen und öffentlich darüber reden, was die KPC mit allen möglichen Mitteln zu verschleiern und zu verhindern versucht.

Laut einer Studie, an welcher auch DAFOH beteiligt war, stellt die Verfolgung von Falun-Gong-Praktizierenden in China einen Völkermord dar, der bereits seit 25 Jahren im Verborgenen durchgeführt wird. Es ist ein sogenannter „Cold Genocide“, also ein „kalter Völkermord“, dem bereits Millionen Falun-Gong-Praktizierende zum Opfer gefallen sind.

Wissen Sie, manchmal gebe ich mich einer Utopie hin; einer Utopie im Gedenken an die unzähligen Opfer des Organraubes. Ich frage mich, wie wäre unsere Welt, wenn wir uns mehr mit den Werten von Falun Gong beschäftigen würden? Wie wäre eine Welt, in der mehr Menschen nach den Werten von Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht lebten?

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Erik Rusch.

Was ist DAFOH?

Die in Washington, D.C. ansässige NGO Ärzte gegen Organraub (DAFOH) wurde 2006 von Ärzten verschiedener Fachrichtungen aus aller Welt gegründet, um illegalen Organraub zu stoppen.

Die Ärzte dieser Organisation verschreiben sich dem Anliegen, die Würde des Menschen zu respektieren und die höchsten ethischen Standards in der Medizin zu fördern. Ihre Bezugspunkte für diese hohen ethischen Standards sind der Hippokratische Eid, die Genfer Erklärung, der Nürnberger Kodex, die Erklärung von Helsinki und die Erklärung von Istanbul. Gleichzeitig hat sich DAFOH zum Ziel gesetzt, die medizinische Gemeinschaft und die Gesellschaft mit objektiven Erkenntnissen über unethische und illegale Organentnahmen zu versorgen.

Die ehrenamtlich geführte Ärzteorganisation wurde 2016, 2017 und 2024 für den Friedensnobelpreis nominiert. 2019 erhielt DAFOH den Mutter-Teresa-Gedächtnispreis für soziale Gerechtigkeit.



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