Dortmunder Polizei ausgebremst – Dealer drangsalieren Nordstadtbewohner

Sie sollen weniger Migranten kontrollieren und haben permanenten Personalmangel: Die Polizei im Dortmunder Stadtbezirk Nordstadt scheint Probleme zu haben. Währenddessen klagen die Anwohner über die Vorherrschaft aggressiver Dealer.
Titelbild
Ein Dealer mit einem Päckchen Drogen (Symbolbild).Foto: iStock
Von 26. Mai 2023

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Drogenhandel auf offener Straße und Gewaltattacken durch aggressive Dealer; Anwohner und Geschäftsleute in der Dortmunder Nordstadt sind verzweifelt. Doch wo bleibt die Polizei? Die soll sich offenbar zurückhalten – aus politischen Gründen, so die Polizisten. Dortmunds Polizeipräsident jedoch dementiert.

Leben in der „rechtsfreien Zone“

„Es ist hier nicht mehr sicher, gerade für Frauen und Kinder“, sagt ein Anwohner (60) der Nordstadt. Man werde überall angesprochen, ob man Drogen kaufen wolle. Die Dealer seien sehr aggressiv, wenn man ablehne, erklärte der Mann, der am Borsigplatz wohnt.

Eine Frau berichtet von Fahrraddiebstählen aus dem Innenhof. Anzeige eingestellt, trotz Überwachungsvideos. Täter nicht ermittelbar, kein fester Wohnsitz, habe es geheißen. „Dabei sehe ich den Typen hier jeden Tag.“ Ein Rechtsstaat sei das so nicht mehr, erklärt die 47-jährige Mutter. Sie zahle Steuern und habe ein Recht auf Sicherheit, sagt sie.

Eine Gastronomin erzählt verzweifelt, dass vor ihrem Restaurant einer niedergestochen worden sei. „Ich kann meine Gäste ja verstehen, hier kommt man nicht mehr hin“, meint die 50-Jährige. Mit Tränen sagt sie: „Sie drohen uns jedes Mal, wenn wir die Polizei rufen.“ Auch der Mann vom Elektroladen gleich nebenan weiß einiges zu berichten. „Sie dealen direkt vor meinem Fenster, es gibt brutale Schlägereien, Revierkämpfe mit Macheten“, schildert der 54-Jährige gegenüber der „Bild“ und spricht von einer „rechtsfreien Zone“.

Politisierte (Un)Sicherheit

Das alles passiert zu einer Zeit, in der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: „Wir sind ein starker Rechtsstaat und ein sicheres Land.“ Möglicherweise sehen die Menschen in der Dortmunder Nordstadt das anders. Vielleicht fragen sie: Wo bleibt die Polizei? Zuständig wäre jedenfalls die „Wache Nord“ für die Gegend zwischen Borsigplatz und Nordmarkt.

Wie der Elektrohändler sagt, sei alles noch schlimmer geworden, seit im September vergangenen Jahres ein junger Senegalese von der Polizei erschossen wurde. „Seitdem haben die Polizisten Angst, einzugreifen. Das sagen sie uns jedenfalls. Oder sie kommen viel zu spät, sagen am Telefon, sie hätten momentan keinen Streifenwagen frei. Manche steigen gar nicht mehr aus, rufen nur was aus dem Fenster und fahren weiter“, erklärt der 54-Jährige.

Mit Polizeibeamten gesprochen, sagten diese hinter vorgehaltener Hand: „Bei einer Demonstration nach den tödlichen Schüssen hatte ein Afrikaner eine Demo gegen Polizeigewalt angemeldet. Der wurde aber mit Haftbefehl gesucht“, so der Polizist. Ihnen sei aber aus dem Präsidium verboten worden, den Gesuchten bei der Demo festzunehmen. „Das gäbe Bilder, die man jetzt nicht gebrauchen könnte“, so die Erklärung.

Doch offenbar richtet sich das Zurückhalten der Strafverfolgung auch gegen die ganze Gegend. „Uns wurde aus dem Präsidium klar gesagt, möglichst wenig Migranten zu kontrollieren, die Situation wäre wegen des toten Senegalesen sowieso schon angespannt.“ Der Beamte fragt rhetorisch: „Aber wen sollen wir dann in der Nordstadt kontrollieren, da leben fast nur noch Migranten.“

Der Chef der Dortmunder Polizei dementiert solche Äußerungen. Es gebe keine solchen Anweisungen, versichert Polizeipräsident Gregor Lange (61): „Wo kriminelle Strukturen sind, müssen wir konsequent einschreiten. Da ist es egal, wer die Straftaten begeht“, meinte er resolut im Interview mit der „Bild“ zu den Vorwürfen. Er erklärte auch, dass er konsequentes Einschreiten erwarte, „natürlich muss das verhältnismäßig sein“, so der Polizeipräsident. „Dann hat jede und jeder meine volle Rückendeckung.“

Geschwächte Polizei und immer mehr Probleme

Eine gewisse Diskrepanz konnte Lange aber nicht leugnen: „Wir stehen zwischen den Fronten. Dem einen ist es ein zu hartes Durchgreifen, dem anderen sind es zu wenig Einsätze.“ Und dann der Personalmangel. Es sei eine„ tägliche Zerreißprobe“, so Lange.

Die Einsatzkräfte auf der Straße können ein Lied davon singen: Von eingestampften Einsatztrupps, erheblicher Personalreduzierung und großer Unzufriedenheit bis hin zu innerlichen Kündigungen wird berichtet. Den Angaben nach wollen alle nur noch weg, 41 von 61 Kollegen mittlerweile. „Gibt es Vorwürfe, egal ob von Intensivtätern oder Linksextremen, wird man sofort fallen gelassen.“ Keine Unschuldsvermutung, sondern „bewusste Kriminalisierung von Kollegen“ finde statt, es gebe aber „keinerlei Wertschätzung, kein Respekt vor unserer schwierigen Arbeit“. Fast täglich werde großer Druck auf die Polizisten ausgeübt. Sozialräume seien sogar durchsucht und private Fotoalben beanstandet worden. Es habe geheißen, „wir hätten angeblich rechtsradikale Tendenzen“.

Ein Vorwurf ergeht an den Polizeipräsidenten, dass er nur gut dastehen wolle, seine Polizisten ihn aber nicht interessierten. Dafür würden aber „sogenannte Begegnungsfeste veranstaltet“. Da müsse man dann ein Glücksrad vor der Polizeiwache aufstellen und „mit polizeibekannten Bürgern Kaffee trinken“. Durch solche Aktionen, sagen die Polizisten der „Bild“, würden sie von den Kriminellen in der Nordstadt nicht mehr ernst genommen.

Um die Lage zu verbessern, hat Polizeipräsident Lange schon neue Pläne: „Wir werden auf diese Bürger zugehen, nach ihren Problemen fragen, uns darum kümmern“, so der Polizeichef. Zum fordere er die Bewohner der Nordstadt dazu auf, „sich mit ihren Sorgen an uns zu wenden, damit wir wissen, wo wir bald einschreiten und neue Schwerpunkte bilden müssen“. Denn diese veränderten sich ständig. Die Entwicklung macht Lange Sorgen, er nennt sie „insgesamt problematisch. Übergriffe im öffentlichen Raum, Messer, Gewalt unter Kindern und Jugendlichen“, so Lange, der weiß: „Die Probleme werden nicht besser, indem man sie nicht thematisiert.“

Keine Lösungen in Sicht?

Georg Langes Polizeidirektor der Abteilung Gefahrenabwehr und Einsatz, Achim Stankowitz, schätzt den Bereich, in dem Drogen gehandelt werden, auf drei Fußballfelder groß. Nach der Pandemie habe sich die Lage noch verstärkt, so Stankowitz. Man versuche, durch Videoüberwachung mehr Sicherheit in die Parks zu bekommen. Mit einem Nebeneffekt: „Dadurch verdrängen wir die Dealer und Abhängigen aber in die benachbarten Seitenstraßen.“ Eine wirkliche Lösung scheint das also nicht zu sein.

Keine Lösung bekam auch der bereits eingangs erwähnte 60-jährige Anwohner vom Borsigplatz, als er wegen der aggressiven Dealer beim Polizeipräsidium um Hilfe bat. „Die haben mich weggeschickt, sie könnten leider nichts machen, ich solle besser einen Brief an die Politiker in Berlin schicken, die wären dafür verantwortlich“, habe es auf dem Polizeipräsidium geheißen.

 



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