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Angela Merkel, der Dalai Lama und ihre Kritiker

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Die Menschrechts- und Tibet-Politik von Angela Merkel führte in dieser Woche zu heftigem Koalitionskrach zwischen CDU/CSU und SPD. Kurt Beck hatte schon früher gemeckert und Frank-Walter Steinmeier jetzt. Am deutlichsten aber war Gerhard Schröder. Was haben sie alle dagegen, dass die Bundeskanzlerin den Dalai Lama im Kanzleramt empfangen hat?
Kurt Beck spielt gern Opposition in der Regierung – sein leiser Protest war noch harmlos und Gerhard Schröder hat noch nie etwas von einer „werteorientierten Außenpolitik“ gehalten. Er war sich auch in China nicht zu schade, mit genau den Argumenten seiner Gastgeber („Verletzung der chinesischen Gefühle“), seiner Nachfolgerin in den Rücken zu fallen. Die Gefühle der unterdrückten Tibeter haben den Machtmenschen Schröder weniger interessiert. Der Ex-Kanzler bekommt noch immer Schnupfen, wenn einer, der vermeintlich mächtiger ist als er selbst, nur hustet.
Warum aber sind die Chinesen so nachhaltig beleidigt über Merkels Mut, den Papst des Ostens im Kanzleramt zu treffen? Warum sagen sie jetzt ein deutsch-chinesisches Treffen nach dem anderen ab?
Offiziell heißt es in Peking: „Mit dem Treffen im Kanzleramt haben wir nicht gerechnet. Wir wurden überrascht.“ Das mag stimmen. Denn über Jahrzehnte konnten sich Chinas Machthaber darauf verlassen, dass den Herren Kohl und Schröder das große Geschäft wichtiger war als Moral und Menschenrechte. Deshalb können sie es bis heute immer noch nicht fassen, dass es auch eine Regierungschefin mit Prinzipien gibt, die einiges anders macht als die Männer vor ihr. Merkel hat in Peking mit jungen Internet-Dissidenten gesprochen und in Shanghai mit einem Bischof, der 26 Jahre wegen seiner religiösen Überzeugung im Gefängnis saß.
Man darf bei der Bewertung der neuen Spannungen zwischen Berlin und Peking Ursache und Wirkung nicht verwechseln, meinte die Süddeutsche Zeitung zu Recht. Nicht Merkel und ihr Empfang des Dalai Lama sind verantwortlich für die neue Eiszeit. Verantwortlich sind vielmehr die kommunistischen Machthaber in Peking.
Bislang ging noch jede deutsche Regierung vor Peking in die Knie – Gerhard Schröder wollte sogar Waffen liefern als China Taiwan mit einem Krieg bedrohte.
Hat Angela Merkel die wirtschaftsversessenen, aber menschenrechtsvergessenen Chinesen gereizt? Ja, sicher! Vielleicht verkaufen wir künftig einige Autos und Flugzeuge weniger in China. Aber in der jungen Generation Chinas hat Angela Merkel gepunktet und an Ansehen gewonnen. Endlich hat jemand Flagge gezeigt und die Menschrechte für wichtiger erachtet als das Geschäft mit ihren Unterdrückern.
Die Bundeskanzlerin wird jetzt deshalb angegriffen, weil sie in China nicht Kasernen besucht wie Helmut Kohl oder Schuhfabriken wie Gerhards Schröder, sondern Menschen, die für ihre Überzeugung im Gefängnis waren. Doch diese Bürgerrechtler werden Chinas Zukunft eher bestimmen als die alten Betonköpfe, die außer ihrer Macht gar nichts kennen.
Chinas Machthaber sind „erstaunt“, dass noch jemand wagt, ihnen zu widersprechen. Dabei wollen sie doch 2008 bei der Olympiade in Peking der ganzen Welt ihre Friedfertigkeit demonstrieren und 2010 durch die EXPO in Shanghai sie nochmals beweisen.
1980 haben einige westliche Länder wegen des sowjetischen Überfalls auf Afghanistan die Olympiade in Moskau boykottiert. Es ist wichtig, dass demokratische Länder gerade 2008 weitere Zeichen der Solidarität mit Tibet und anderen unterdrückten Minderheiten in China setzten. Es muss ja nicht gleich ein Boykott wie 1980 sein. Aber Grund zum Kuschen vor kommunistischen Königsthronen besteht auch nicht. Auf die Frage, ob sie den Dalai Lama wieder ins Kanzleramt einladen würde, lässt die Kanzlerin ihren Sprecher sagen: „Diese Freiheit wird sie sich nehmen.“

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