„Chinas QE ist ein Spiel um Macht und Kontrolle“: Ein Experte im Interview

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Geldscheine sind nicht das Allheilmittel, die Frage ist, was damit gemacht wird. Im Fall der chinesischen QE-Politik dürfte der Cashflow eher ein Mittel für Macht und Kontrolle sein, so China-Kenner James Nolt.Foto: STR/AFP/Getty Images
Von 30. April 2015

QE in China: Hat Peking nun eine Politik der „Quantitativen Lockerung“ (Quantitative Easing) eingeführt oder nicht? Ein Insider sagte gegenüber dem Wallstreet Journal „Ja“, ein hochrangiger Ökonom der chinesischen Notenbank gestern gegenüber Xinhua „Nein“. Seit Tagen gibt es Spekulationen über die neue Maßnahme der Zentralbank, bei der nach europäischem Vorbild mit selbstgedrucktem Geld Anleihen von Unternehmen oder verschuldeten Provinzregierungen aufgekauft werden sollen, um den Markt zu beleben.

Es wäre eine weiterer, intensivierter Rettungsversuch für die chinesische Volkswirtschaft, die an der platzenden Immobilien-Blase leidet und sich insgesamt stark abgekühlt hat. Der Immobilienmarkt generiert in China ein Fünftel des BIPs – aber wegen des Überangebots an Gebäuden lassen sich die Preise nicht mehr länger künstlich hochhalten. Aus psychologischen Gründen hat die chinesische Regierung schon im vergangenen Jahr ihre (bisher wenig erfolgreichen) Rettungsmaßnahmen versteckt stattfinden lassen – was zum gestrigen QE-Dementi passt.

Dass es bei der aktuellen QE-Politik mehr um einen Kampf um Macht und Kontrolle gehen dürfte, als um Schuldenreduktion, meint auch James Nolt, ein China-Experte aus den USA und ehemaliger Dekan des Nanjing Campus des New York Institute of Technology, im Interview.

Epoch Times: Herr Nolt, warum denkt China darüber nach, eine QE-Politik mit Hilfe der lokalen Staatsverschuldung durchzuführen?

James Nolt: Es gibt einen Kampf zwischen den lokalen Regierungen und der Zentralregierung. Die Lokalregierungen haben zum Geldverdienen auf die Immobilienblase gesetzt. Bei der Entwicklung von Immobilien bekommen sie Einnahmen.

In China gibt es auf Immobilien eine Transaktionssteuer, aber keine Eigentumssteuer. Man braucht Verkäufe, damit Geld fließt. Seitdem sich die Wirtschaft verlangsamt hat, ist ihr Cash-Flow eingebrochen. Aber um die [Immobilien-]Entwicklung am Laufen zu halten, haben sie hohe Schulden aufgetürmt.

Epoch Times: In welche Art von Entwicklungen sind die lokalen Regierungen involviert?

Nolt: Sie übernehmen Teile der Projekte, in der Regel gemeinsam mit privaten Bauherren. Sie finanzieren so etwas wie die Kanalisation und die Elektrizität, die Räumung der Grundstücke und die Entschädigungen für vorherige Bewohner.

Epoch Times: Warum ist das ein Problem für die Zentralregierung?

Nolt: Aus der Sicht der Zentralregierung ist es außer Kontrolle geraten. Sie hatte versucht, regierungstechnisch in die entstandene Kreditblase einzugreifen. Es ist gibt ein Überangebot an Gebäuden, weil die Lokalregierungen wegen der Transaktionssteuer an weiteren Entwicklungen festhalten.

Sie können ihren lokalen Seilschaften Gutes tun, in dem sie die Preise hochsetzen und auch ihnen Verträge verschaffen. Da die Projekte alle lokal sind und die Finanzierung auch durch lokale Niederlassungen geschieht, haben sie dabei zu viel Autonomie. Die örtlichen Niederlassungen der Nationalbanken stehen stärker unter dem örtlichen Partei-Einfluss, als unter dem der Zentralregierung.

Sie pflegen ihre Freundschaften und Netzwerke mit Leuten, mit denen sie schon seit Jahrzehnten zusammengearbeitet haben. Die Zentralregierung will die Ausweitung der Kredite in den Griff bekommen.

QE ist da ein Hebel, um die Politik bestimmter Lokalregierungen selektiv zu belohnen oder zu genehmigen. Da immer mehr dieser Kredite im [im Rahmen des QE-Programms] von der Zentralregierung gekauft werden, bekommt sie dadurch viel mehr Einfluss. Das ist eines der Dinge, um die es jetzt geht.

Epoch Times: Was werden die Folgen sein?

Nolt: Es könnte die Tendenz entstehen, Kreditvergaben weiter zu erleichtern und damit die Spekulationsblase weiter aufzuplustern. Es könnte den Immobilienmarkt zu beleben, wenn genügend neue Kredite kreiert würden. Ich glaube aber nicht, dass es so einen heftigen Aufwärtstrend geben wird, wie das jetzt klingt.

Die Zentralregierung ist bei der Kreditvergabe viel unbeholfener als die Lokalregierungen. Weil Immobilien der Motor ihres Erfolges und Umsatzes sind, versuchen sie, den Immobilienboom künstlich am Leben zu halten. Kurz gesagt: Die Lokalregierungen SIND im Immobilien-Business.

Epoch Times: Wer gewinnt und wer verliert?

Nolt: Es geht nicht darum, die Höhe der Verschuldung zu ändern, sondern um die Kontrolle über die Emissionen. Sind die lokalen Beamten auf Linie mit der Regierung und halten sie sich an Pekings Regeln? In einigen Gegenden wird es mehr Kreditvergaben geben, in anderen einen rückläufigen Trend. Einige Leute werden mit diesen Krediten Börsenspekulationen finanzieren.

Die Zentralregierung kontrolliert die Details der Umsetzung nicht, das machen die lokalen Beamten und Banker. Die Gelder könnten auch in die Hände der Banker und Entwickler gelangen, die alles mögliche damit anstellen können.

James Nolt ist Senior Fellow am World Policy Institute. Er war sieben Jahre lang Dekan des New York Institute of Technology in Nanjing.

Original Interview von Valentin Schmid: http://www.theepochtimes.com/n3/1339215-china-qe-could-be-about-more-than-economics/

Deutsch von rf



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