Hinter den aufregenden Szenen

Über Wirtschaftsangaben der ersten drei Quartale in China
Von 31. Oktober 2009

In China gibt es einen Spruch: Der Amateur schaut auf die aufregenden Szenen auf der Bühne, der Kenner schaut hinter die Kulissen. Das gilt besonders für die Wirtschaftslage im heutigen China.

Am 23. Oktober 2009 veröffentlichte das staatliche Statistikbüro Chinas auf einer Pressekonferenz die statistischen Angaben über das Wirtschaftswachstum der ersten drei Quartale. Das Hauptaugenmerk wurde auf die Frage gerichtet, ob das Ziel einer Wachstumsrate der BIP (BruttoInlandsProdukt) von 8 Prozent, das die chinesische Regierung am Anfang dieses Jahres festlegte, erreicht werden kann. Die Statistiken lieferten eine klare Antwort: Gar kein Problem.

Laut Statistikbüro beläuft sich die Wachstumsrate in den ersten drei Quartalen auf 7,7 Prozent. Wenn man aber folgenden Faktor mitrechnet, ist das Ziel mit 8 Prozent so sicher wie ein Tier in der Falle: Im ersten Quartal betrug die Wachstumsrate 6,1 Prozent, im zweiten Quartal 7,9 Prozent und im dritten Quartal 8,9 Prozent. Die Tendenz steigt rasch. Der Grund liegt darin, dass am Anfang des Jahres viele große Investitionen der chinesischen Regierung noch im Prozess waren und nur wenig Wirkung gezeigt haben, und auch darin, dass sich die Wirtschaftslage aller Haupthandelspartner Chinas erst in den letzten Monaten ein wenig verbessert hat.

Im Hintergrund der globalen Rezession stärkt die hohe Wachstumsrate in China natürlich das allgemeine Vertrauen. Was steckt aber hinter diesen „aufregenden Szenen“? Mindestens zwei Punkte müssen hervorgehoben werden.

Erstens, die Statistiken zeigen, dass die Wirtschaftsstruktur in China sich nicht dadurch verbessert hat, sondern weiterhin verschlechtert. In den ersten drei Quartalen stiegen die Investitionen der Regierung beinahe doppelt so schnell wie der Verbrauch. Davor waren in China die Investitionen schon höher als der Verbrauch. Gerade das war die Schwachstelle der Wirtschaft in China während der Krise. Das momentane Wachstum kam zum großen Teil mit Hilfe der in Unmenge getätigten Investitionen zustande. Das zeigt zwar einen schnellen Effekt, aber langfristig gesehen ist das nichts anderes als „Gift zu trinken, um den Durst zu stillen“.

Zweitens, es wird zu viel in die Infrastruktur investiert, was einen sehr begrenzten Effekt auf die Volkswirtschaft ausübt. In den ersten drei Quartalen machen die Investitionen in die Infrastruktur 52 Prozent der gesamten Investitionen aus. Davon gehen wiederum 87 Prozent in den Bahntransport. Wie allen bekannt ist, stehen die Investitionen in die Infrastruktur voll und ganz in der Hand der unterschiedlichen Regierungsebenen, und auch gerade in diesem Bereich taucht im heutigen System in China am leichtesten Korruption auf, manchmal sogar in astronomischen Zahlen.

In den Sektoren, die die Lebhaftigkeit des Marktes direkt oder indirekt widerspiegeln, herrscht immer noch Rückgang oder Null-Wachstum, wie z.B. beim Exportvolumen, direkten Investitionen aus dem Ausland sowie Privatinvestitionen. Das weist darauf hin, dass das Wirtschaftspaket der Zentralregierung mit 4000 Milliarden Renminbi (umgerechnet etwa 400 Milliarden Euro) sowie die Kreditvergabe der staatlichen Banken mit einer noch höheren Summe bisher kein positives Feedback vom Markt erhalten haben.

Während der Rezession ist der Eingriff der Regierung notwendig. Aber die Maßnahmen sollen den Markt mitziehen, und auf keinen Fall ersetzen. Mit anderen Worten, die Regierung soll die Funktion des Marktes stärken, um das Blut zu erzeugen. Alleine die Bluttransfusion hilft nur vorübergehend. Wenn die finanzielle Ressourcen der Regierung zu Ende gehen, und wenn der Markt bis dahin immer noch nicht ordentlich im Betrieb ist, werden die Folgen fürchterlich sein. In dieser Hinsicht ist die Strategie des Wirtschaftspakets der Zentralregierung, das die chinesische Wirtschaft wieder zum Schwung bringen sollte, an sich schon falsch.

Neben den obengenannten zwei Punkten, gibt es in den von der chinesischen Regierung bekanntgegebenen „Wichtigen statistischen Angaben von September 2009″ eine erstaunliche Lücke: Etliche Angaben zur Arbeitslosigkeit fehlen. Diese Angaben gehören selbstverständig zu wichtigen wirtschaftlichen Indexen. Aus welchem Grund auch immer, die Angaben zur Arbeitslosigkeit aus solch einem Bericht auszuschließen, ist besorgniserregend.

 



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