Westen verschärft Konfrontation mit Russland: China als lachender Dritter

Wagenburg statt Selbstreflexion: Der Westen zeigt wenig Bereitschaft, seine Politik gegenüber Russland zu überdenken. Das stärkt Chinas Einfluss im Nachbarland.
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Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staatschef Xi Jinping am 21. März 2023 im Kreml.Foto: Foto von PAVEL BYRKIN/SPUTNIK/AFP via Getty Images
Von 16. Juni 2023

Seit den frühen 2010er-Jahren prägte das Feindbild Russland im Westen wieder den politischen und medialen Diskurs. Die russische Militäroperation in der Ukraine seit Februar 2022 hat die EU zum Anlass für einen vollständigen Bruch mit Moskau genommen. Stetig erweiterte Sanktionen würden Russlands Wirtschaft schneller zum Zusammenbruch bringen als die eigene – so die Rechnung. Stattdessen hat vor allem eine Macht von der Entwicklung profitiert: China und die regierende Kommunistische Partei.

Plus von 40 Prozent bei Energielieferungen von Russland nach China

Der Westen fällt als Absatzmarkt für russisches Öl und Gas zunehmend weg – auch wenn viele Länder die ausbleibenden Lieferungen nur schwer und zu einem hohen Preis ersetzen können. Gleichzeitig treten Länder wie Indien oder eben auch China für Russland an die Stelle früherer westlicher Partner.

Wie die Nachrichtenagentur „Interfax“ berichtete, werden die russischen Energielieferungen nach China im laufenden Jahr um 40 Prozent zunehmen. Über die Konditionen geht aus den Verlautbarungen wenig hervor. Experten gehen davon aus, dass die Energielieferungen für die neuen Partner angesichts fehlender westlicher Konkurrenz auf der Nachfrageseite günstiger ausfallen.

Für den Kreml sind die Bedingungen dennoch akzeptabel. Immerhin ist die Energie nicht der einzige Bereich, in dem Russland in China einen Ersatz für bisherige westliche Partner findet. So haben beide Länder jüngst Abkommen zur Vertiefung der Investitionszusammenarbeit und zur Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach China unterzeichnet. Das KP-Regime soll im Gegenzug die Lieferung technologischer Ausrüstung nach Russland sicherstellen.

Russland sieht Beziehungen zu Peking auf „beispiellos hohem Niveau“

Erst im Mai hatte Russlands Ministerpräsident Michail Mischustin Chinas KP-Machthaber Xi Jinping in Peking besucht. Auch mit Ministerpräsident Li Qiang hat er bei dieser Gelegenheit Gespräche geführt. Russland-Sanktionen der G7 und deren Aufforderung an das KP-Regime, Russland zur Räumung der von ihm kontrollierten Gebiete in der Ukraine zu drängen, zeigten wenig Wirkung.

Stattdessen betonte Mischustin, die Beziehungen zwischen beiden Ländern „befinden sich heute auf einem beispiellos hohen Niveau“. Steve Tsang, Direktor des China-Instituts der School of Oriental and African Studies (SOAS) in London, zeigte sich darüber wenig verwundert. Gegenüber der englischsprachigen Epoch Times erklärte er, China sehe in den Sanktionen gegen Russland neue Möglichkeiten für sich.

Das KP-Regime werde „gerne aktiv, wenn nicht sogar proaktiv, mit Russland wirtschaftlich zusammenarbeiten“. Dies gelte insbesondere, „solange die Beziehungen, die sie aufbauen, keine sekundären Sanktionen gegen China auslösen“.

Westlicher Spielraum gegenüber Peking wird kleiner

Offiziell verhält das KP-Regime sich im Ukraine-Konflikt neutral und versucht sich sogar als vermeintlicher Friedensstifter zu inszenieren. Machthaber Xi betonte, China und Russland sollten „Wege finden, die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Investitionen zu verbessern“. Gegenüber dem Westen macht das KP-Regime deutlich, die Zusammenarbeit mit Russland verletze keine internationalen Normen. Auch gebe es keine Waffenlieferungen Pekings an Russland – anders als vonseiten des Westens an die Ukraine.

Nikolai Patruschew, Sekretär des russischen Sicherheitsrats, bezeichnete die Vertiefung der Beziehungen zu China als einen „strategischen Kurs für Moskau“. Der Westen wiederum hat keinen unbegrenzten Spielraum, um China durch sekundäre Sanktionen zur Distanzierung von Russland zu zwingen.

Der Bruch mit Russland, verbunden mit ideologischen Politikzielen, hat auch die Abhängigkeit des Westens von China verstärkt. Nach wie vor wandern Unternehmen wegen der hohen Energiepreise aus Europa ab – auch nach China. Dazu kommt eine bedeutende Stellung Chinas bei den Seltenen Erden, Halbleitern und der Herstellung von Bauteilen für Windräder und Solarpanels.

Zudem gilt China als Schlüsselfaktor bezüglich der Umsetzung von „Klimaschutz“-Abkommen. Der Westen, dem der „Kampf gegen die menschengemachte Erderwärmung“ weltpolitischen Einfluss sichert, könnte auch deshalb eine offene Konfrontation nicht gebrauchen.

China will selbst kein multipolares System

US-amerikanische Thinktanks wie das Center for a New American Security (CNAS) weisen zudem noch auf einen weiteren Faktor hin. Es zeichne sich, so die englischsprachige Epoch Times unter Berufung auf dessen Experten, eine stärkere Zusammenarbeit Russlands und Chinas mit dem Iran ab. Deren Ziel sei, insbesondere auf internationaler Ebene den Einfluss der USA zu unterminieren.

Dabei gehe es, so betont Jacob Stokes von CNAS, dem KP-Regime mitnichten um eine „multipolare“ Weltordnung, wie sie Russland stets beschwört:

Tatsächlich will China ein bipolares System, in dem sich Partner unter chinesischer Führung gegen die USA zusammenschließen.“

Peking sei es sogar willkommen, dass Partner wie Russland nicht allzu stark würden:

China will mindestens der Erste unter Gleichen sein. Und maximal die dominierende Macht mit einem Vetorecht über die Angelegenheiten von Staaten, die wir als Satelliten bezeichnen könnten.“

„Autoritärer Block“ gegen „regelbasierte Ordnung“?

Peking möchte Stokes zufolge vermeiden, dass Moskau und Teheran sich allzu sehr annähern. Andernfalls könnten sie ein Gegengewicht zu seinen wirtschaftlichen und diplomatischen Expansionen im Nahen Osten bilden. Gleichzeitig werde man alles tun, um einen „vollständigen Zusammenbruch seiner Partner“ zu vermeiden. Zu wertvoll sei die Blockbildung für China, wenn es um ein Gegengewicht zum Westen geht.

Dieser entwickelt seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine selbst eine zunehmende Wagenburgmentalität. Die Darstellung des CNAS, wonach sich ein „autoritärer Block“ gegen die „regelbasierte Weltordnung“ zusammenschließe, illustriert dies. Immerhin spiegelt sich diese Auffassung auch in den Reden führender Politiker der USA und der EU wider.

Dieser Anspruch stößt jedoch nicht nur in Peking und Moskau auf Widerspruch. Zu oft habe der Westen selbst Regeln gebrochen, wenn es um seine Interessen gegangen sei, so die Wahrnehmung. Häufig folgen Verweise auf den Angriff der NATO auf Rest-Jugoslawien, den Irak-Krieg und den Putsch gegen eine gewählte Regierung in der Ukraine im Jahr 2014.



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