Kabarettistin Lisa Fitz: „Ich bin als Pionierin oft zu früh dran und alle regen sich auf“

Nach über 40 Jahren als Kabarettistin auf der Bühne geht Lisa Fitz auch in 2023 auf Tour – und sagt im Epoch Times-Interview, was sie zum Dauerbrenner gemacht hat, ob sie ihren SWR-Ausstieg vor einem Jahr bereut, wie ein Lisa-Fitz-Programm über die letzten drei Jahre heißen würde und – das wahrscheinlich Wichtigste – wie sie es schafft, ihren Humor in diesen Zeiten zu behalten und nicht in „Empörialismus“ zu verfallen: „Die Guten schaffen es, Politik, Religion und kritisch-bösen Witz in Comedy zu packen.“
Titelbild
Lisa Fitz auf Deutschland-Tour.Foto: Dominic Reichenbach
Von 8. März 2023

4.500 Sologastspiele in über 40 Jahren Kabarett, jetzt kommen bis Ende des Jahres über 60 Termine ihrer „Dauerbrenner“-Tour in ganz Deutschland hinzu. Die Kabarettistin Lisa Fitz ist bekannt für ihre satirischen Kommentare zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen. Komplexe Geopolitik dampft sie in ihren Programmen mit beißendem Humor und spitzer Zunge unterhaltsam auf ein verständliches Maß zusammen – was sie zu einer der bekanntesten und populärsten Kabarettistinnen Deutschlands gemacht hat.

Herz am rechten Fleck und spitze Zunge direkt in der Wunde

Lisa Fitz sagt, was sie denkt – auch wenn es unbequem ist. Die aus einer bayrischen Künstlerdynastie stammende Fitz bringt in Zeiten von kulturellem Kahlschlag und Cancel Culture Themen auf den humoristischen Tisch, die andere gerne unter denselben fallen lassen. Der bissige Blick der Künstlerin geht über den eigenen Tellerrand hinaus, über die Komfortzone des betreuten Denkens sowieso. In Zeiten, in denen sich viele Künstler stimmlos zurückziehen und Satire schon lange nicht mehr „alles darf“, wehrt sich Fitz publikumswirksam, wortgewaltig und humoristisch gegen gezielte Diskreditierungen und eine medial gegen sie aufgefahrene „Schmutzkübelkampagne“ (hier anzusehen).

Jetzt geht sie wieder auf  Tour. Die vollen Häuser zeigen, dass Künstler ihres Kalibers mehr denn je gefragt sind oder sogar gebraucht werden. „Menschen schätzen Rückgrat“, erzählt Fitz im Epoch-Times-Interview. „Besonders in diesen Zeiten, wo jeder gedisst wird, der das offizielle Narrativ nicht bedient.“

Lisa Fitz im Interview mit Epoch Times: 

Epoch Times: Frau Fitz, Sie sind mit ihrem Jubiläumsprogramm „Dauerbrenner“ auf Tour. Was macht Sie zum „Dauerbrenner“, was haben Sie in Ihrer Karriere besser gemacht als anderen?

Lisa Fitz: Ich bin tatsächlich eine Dauerbrenner-IN. Ich glaube, ich bin die einzige Kabarettistin aus meiner Anfangszeit, die noch im Amt ist. Die Kollegen und Kolleginnen sind in Pension, haben resigniert oder fünf Mietshäuser oder sind krank, oft auch durch die eigene Lebensweise, oder – Gott hab sie selig– sind schon von uns gegangen; oder sie haben zehn Jahre später angefangen und früher aufgehört, weil sie zwanzig Jahre älter ausschauen… keine Ahnung. Es muss wohl meine Langstreckenzähigkeit sein. Dieter Hildebrandt war mit über 80 Jahren noch auf Tour, der ist mein Vorbild.

ET: Wie ist Ihre Stimmung, bevor es losgeht?

Lisa Fitz: Die ist immer gut. Alles ist durchorganisiert und die Abläufe sind klar. Wir haben exakte Verträge, genaue Bühnenanweisungen und Technikrider. Nach so einer langen Zeit geht man auf die Bühne wie ins Wohnzimmer.

ET: Vor einem Jahr, im Januar 2022 haben Sie beim SWR gekündigt. Wie oft haben Sie das schon bereut? Immerhin ein Sendeplatz, der Ihnen in jeder Sendung Zuschauerzahlen eingebracht hat, die sie in zehn Tourneen nicht erreichen könnten, selbst wenn alle Karten ausverkauft wären.

Lisa Fitz: Ich habe es definitiv nicht bereut. Es bedeutet ja auch viel Fliegerei, ständig aktuelle Texte abliefern und lernen und so weiter. Das mit den Zuschauerzahlen ist so nicht ganz richtig und auch kein stimmiger Vergleich. Die Zuschauerzahlen oder Quoten bei dieser kleinen Kabarettsendung waren nicht wirklich so hoch wie zum Beispiel bei der Anstalt vom ZDF oder bei Dieter Nuhr.

Bei YouTube dagegen war ich laut Auskunft der Spätschicht-Redaktion der bestlaufendste Act. Das war aber nicht nur dem SWR geschuldet, sondern auch mir. Nach meinem Weggang sind die Klickzahlen deutlich abgestürzt und ein Jahr später wurde die Sendung abgesetzt. Offenbar hatte ich da viele Fans rübergezogen. Erstaunlich, aber wahr. Die Klickzahlen alleine machen das Kraut aber nicht fett. Leute, die was anschauen, kommen ja nicht automatisch alle in meine Kabarettabende. Und vom Anschauen alleine habe ich nichts. 

Die sogenannte „Cashcow“ ist seit vierzig Jahren die Tour, also die Live-Gastspiele. Bis zu 700 Zuschauer kommen da zuverlässig und treu. Viele Kollegen müssen nach Corona bedauerlicherweise immer noch vor sechzig Zuschauern spielen. Bei mir ist es meist voll. Ich denke mal, die Menschen schätzen Rückgrat, besonders in diesen Zeiten, wo jeder gedisst wird, der das offizielle Narrativ nicht bedient. Aber gerade so muss ja Kabarett sein, kritisch – und auch regierungskritisch.

ET: Die taz schrieb damals, Sie „fallen nicht zum ersten mal negativ auf“. Aber gehört es nicht zum politischen Kabarett dazu, „negativ“ aufzufallen? Was war auf einmal so schlimm daran?

Lisa Fitz: Eben, genau, so muss Kabarett sein. Die kleine taz stänkert halt immer gern mal rum. Sei´s drum.

ET: Kurz vor Weihnachten haben Sie ein Video in eigener Sache veröffentlicht. Wieder ging es um den Versuch einer Demontage Ihrer Person. Und wieder stand der Journalist Matthias Meisner auf der gegenüberliegenden Seite. Worum geht es hierbei?

Lisa Fitz: Es geht darum, jeden zu neutralisieren, unschädlich zu machen, zumindest seinen Ruf zu beschädigen, der nicht dem Regierungsnarrativ entspricht. Das ist tatsächlich neu und das habe ich in 40 Jahren Kabarett auch noch nie so dramatisch erlebt. Herr Meisner, wie im Video beschrieben, arbeitet deutlich ideologisch und regierungsnah in diversen entsprechenden Netzwerken. (Anm. d. Red.: Das Video können Sie hier ansehen)

ET: Bei welchem Kollegen/Kollegin lachen Sie am lautesten?

Lisa Fitz: Bei wenigen – leider. Eher bei englischen oder US-Comedians. Die Guten schaffen es, Politik, Religion und kritisch-bösen Witz in Comedy zu packen. 

ET: Sie sind Trägerin des Bayerischen Verdienstordens (2019) – was macht man eigentlich mit so einem Orden? Wo bewahren Sie ihn auf?

Lisa Fitz: Man stellt oder hängt ihn an einen Ort, wo man ihn oft sieht. Ich bin tatsächlich sehr stolz darauf. Denn der BVO bestätigt, dass die Prophetin im eigenen Land doch etwas gilt und dass die „Obrigkeit“, gegen die der Bayer in seinem Freiheitsdrang ja so gern anstänkert, meinen kritischen Humor offenbar wertgeschätzt hat. 

Man hat offiziell geehrt, dass ich meine Heimat Bayern seit gut vierzig Jahren immer wieder scharf aufs Korn genommen habe, obwohl – oder besser, weil – ich sie liebe. Kritisieren und lieben ist ja kein Widerspruch.

ET: Welcher runde Geburtstag war Ihnen der liebste, welchen hätten sie gerne ignoriert?

Lisa Fitz: 40 war doof, ich fühlte mich mit der Vier vorne dran plötzlich alt. Sehr lustig, rückblickend gesehen. 50 war super, 60 war doof. Den 70-er haben mein Mann und ich ganz privat im Hotel Imperial in Wien verbracht, vor dem Rummel flüchtend. Das war toll… wenn man auch etwas fassungslos ist, wie schnell die Zeit vergeht. Aber wenn man auf seine Lebensleistung stolz sein darf, ist alles im grünen Bereich. 

ET: Wenn jemand eine Aussage über die Entwicklung des deutschen Kabaretts machen kann, dann doch wohl Sie als jemand, die seit Jahrzehnten in den politischen und gesellschaftlichen Wunden herumbohrt. Was hat sich verändert am Publikum und am Kabarett?

Lisa Fitz: Alles – vor allem das Niveau. Viele Guten haben einfach aufgehört, zum Beispiel Georg Schramm, Volker Pispers – oder sie sind verstorben wie Werner Schneyder oder Dieter Hildebrandt. Was für ein Verlust! So oft denke ich: Was hätte Dieter zu diesem und jedem Thema wohl gesagt?

ET: Dafür haben Sie zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen bekommen. Nach über 40 Jahren Lob und Medienpräsenz jetzt auf einmal diese Art Kehrtwende. Warum hat sich Ihrer Meinung nach das Blatt gewendet? Wo sehen Sie die Gründe und Ursachen dafür?

Lisa Fitz: Na, es hat sich ja nicht total gewendet. Lesen Sie mal die aktuellen Rezensionen auf meiner Website zu meinem Programm! Der Zeitgeist spielt sich nur zurzeit auf wie verrückt und es grassiert ein moralistischer Haltungsjournalismus. Aber der Zeitgeist heißt eben auch Zeitgeist… morgen kann alles wieder anders sein.

Es gab zwei Kritikpunkte: Mein Lied „Ich sehe was“ (2018) – übrigens ein Lied unter circa 200, die ich geschrieben habe, genauer vier Zeilen in dem Lied – mit einer harschen Kritik der Hochfinanz und mein Beitrag zu den Impfschäden mit dem folgenden SWR-Eklat. Aber wie Sie wissen, geben mir die Erkenntnisse beziehungsweise was jetzt alles ans Tageslicht kommt, so nach und nach recht. Das ist meistens so. Ich bin als Pionierin oft zu früh dran und alle regen sich auf. Dann stellt sich raus, ich hatte recht, aber niemand entschuldigt sich. Das ist leider Standard.

ET: Wie verhalten sich die Kollegen? Gibt es einen Unterschied zwischen offiziellen Verlautbarungen und denen im Privaten, quasi hinter vorgehaltener Hand?

Lisa Fitz: Ja, da gibt es Unterschiede. Viele schreiben mir, sie bewundern meine Haltung und meinen Mut, sie würden sich das nie trauen, sich so weit aus dem Fenster zu lehnen. Es gibt natürlich auch so manche, die komplett gegensätzlicher Meinung sind. Mit denen hat man halt weniger oder keinen Kontakt. Ein bis zwei greifen mich öffentlich an, obwohl es ungeschriebenes Gesetz ist, dass man das unter Kollegen nicht tut. Ich halte mich dran.

ET: Lockdowns, Künstler mit Berufsverbot, Kabarettisten mit Humorverbot, freiwillig mundtote Künstler, die wenn überhaupt, dann für Staatshilfen demonstrieren. Wie überrascht sind Sie über die aktuellen Entwicklungen? 

Lisa Fitz: Sehr, sehr überrascht. Ich rieche überall Feigheit und Devotheit – oder auch Geschichtsignoranz oder -unkenntnis. Emma Goldmann hat mal gesagt: „Das gewalttätigste Element der Gesellschaft ist die Unwissenheit.“ Ein Satz mit großer Tiefe, es lohnt, über ihn zu reflektieren.

ET: Worin sehen Sie den wesentlichen Unterschied zwischen Ihnen und den vielfach schweigenden Kollegen?

Lisa Fitz: Viele sind ja Comedians, ihr Ziel ist nicht das Politkabarett. Politische Kabarettist*innen gibt es immer weniger. Vielleicht der: Ich habe mich jahrelang mit Geopolitik beschäftigt, mit Geostrategie, mit Hintergründen. Da verändert sich die Sicht ganz klar.

ET: Vor Kurzem wurde „Klimaterroristen“ das Unwort des Jahres 2022. Welche Worte und damit verbundenen Themenbereiche waren für Sie die besten Vorlagen für 2022 beziehungsweise sind es aktuell?

Lisa Fitz: Eigentlich keines. Die Unworte des Jahres sind so schnell vergessen, wie sie aufgekommen sind. Ich erschaffe lieber eigene Begriffe.

ET: Was glauben sie, wie würde ein Lisa-Fitz-Programm über die letzten drei Jahre heißen?

Lisa Fitz: AUFRECHT STEHEN.

ET: Wie schaffen Sie es, Ihren Humor zu behalten?

Lisa Fitz: Ja, das ist manchmal echt schwer in diesen Zeiten. Da muss man sich wirklich motivieren, um den Humor zu behalten und nicht ins Dauerjammern oder in „Empörialismus“ zu verfallen. Aber eine große Unterstützung sind die Fans, die ihre Kommentare unter meine Beiträge auf meinem YouTube-Kanal oder auch bei den Nachdenkseiten.de hinterlassen.

Mir haben so viele Leute geschrieben, dass ich für sie wie ein Licht in der Dunkelheit war – vor allem in den zwei Jahren der Corona-Zeit. Und das ist das schönste Kompliment, was man bekommen kann. Und diese Menschen wiederum haben mich bestärkt, indem sie das gesagt und mich ermutigt haben, weiterzumachen, wenn ich trübe Gedanken hatte. Auch indem sie weiterhin in meine Gastspiele gekommen sind und kommen.

ET: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Fitz!

Hier die aktuellen „Dauerbrenner“-Termine in der Übersicht: https://www.lisa-fitz.de/termine/



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