Kintsugi verfeinert zerbrochene Keramik

Die japanische Zen-Philosophie inspirierte eine Kultur, die Schönheit in der Unvollkommenheit findet. Japanische Künstler verwenden Gold, um zerbrochene Keramik wieder zusammenzusetzen.
Titelbild
Die Stücke werden mit dem natürlichen Urushi-Lack, dem Goldpulver beigemengt ist, zusammengesetzt.Foto: iStock
Von 31. Januar 2023

Während wir Westler zerbrochene Keramik für unbrauchbar halten, setzen Japaner die Stücke mit Lack zusammen und bestreuen die Fugen mit Goldpulver, um den Makel zu schmücken. Kintsugi heißt diese Technik. Die Beschädigung wird nicht vertuscht, sie wendet sich ins Gegenteil. Kintsugi zeigt, wie der Reiz der Vergangenheit ein schadhaftes Objekt aufwerten kann, verschönert und so seine Wiedergeburt ermöglicht.

Die einfache und rustikale Keramik der traditionellen japanischen Kultur geht auf den Zen-Buddhismus zurück, der in Japan im zwölften Jahrhundert aus China eingeführt wurde. Diese Kunstform unterscheidet sich von westlichen Vorstellungen und entspringt dem japanischen Prinzip des Wabi-Sabi, das uns ermutigt, Charme und Segen in den unscheinbarsten und trostlosesten Orten zu entdecken. Sie fand ihren Ausdruck in der japanischen Teezeremonie, bei der die Üppigkeit bald durch das Einfache und Rustikale ersetzt wurde.

Kintsugi soll entstanden sein, als der Shōgun Ashikaga Yoshimasa eine zerbrochene Teeschale aus Porzellan nach China schickte, um sie reparieren zu lassen. Sie kam mit Metallklammern repariert zurück. Ashikaga Yoshimasa fand das unansehnlich und beauftragte Kunsthandwerker, eine ästhetischere Lösung zu finden. So wurde das Kintsugi geboren.

Das Verfahren selbst ist einfach. Bei dieser Technik, die auf die traditionsreiche japanische Lackkunst zurückgeht, wird der aus dem einheimischen Urushi-Baum gewonnene Lack in Kombination mit Bindemitteln wie Mehl oder Reis als Klebstoff verwendet, um zerbrochene Keramikstücke zusammenzufügen. Er wird mit einem feinen Pinsel auf die Keramik aufgetragen. Anschließend lagern die Kunsthandwerker die Stücke zwei Tage bis zwei Wochen lang in befeuchteten Kammern, den sogenannten Furos. Schüsseln mit heißem Wasser, die in den Furo gestellt werden, erhöhen die Luftfeuchtigkeit, die vom Lack aufgenommen wird, sodass er schneller trocknet.

Sobald das Stück ausgehärtet ist, wird eine Schicht aus Goldpulver über den Riss gestreut, um ihn mit dem Edelmetall zu verschönern.

In der Regel wird Kintsugi verwendet, um liebgewonnene Familienstücke zu reparieren – auf einer erdbebengefährdeten Inselgruppe sind zerbrochene Töpferwaren nicht ungewöhnlich.

Es heißt, dass die Kunst des Kintsugi so populär wurde, dass einige Sammler von Keramik beschuldigt wurden, Stücke absichtlich zu zertrümmern, um sie mit dieser Methode wieder zusammenzufügen. Es ist auch möglich, dass defekte oder verformte Töpferwaren auf diese Weise zerbrochen und wieder zusammengesetzt wurden, um sie vor dem Wegwerfen zu retten.

Dieser Einfallsreichtum und die Genügsamkeit bei der Rettung dieser Stücke verkörpern die Philosophie des Kintsugi. Sie lässt sich mit der westlichen Redewendung „Spare in der Zeit, so hast du in der Not“ zusammenfassen.

Antike japanische blaue Schale wurde mit der Gold-Kintsugi-Technik repariert. Foto: iStock

Goldrissrestaurierung auf alter japanischer Keramik, die mit der antiken Kintsugi-Restaurierungstechnik ganz gemacht wurde. Foto: iStock

Kittmasse aus natürlichem Urushi-Lack und Goldpulver wird aufgetragen. Foto: iStock

Porträt, das Ashikaga Yoshimasa darstellen soll, aus der letzten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Foto: Public Domain

Kleine Teetasse nach der Kintsugi-Reparatur. Foto: iStock



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