Misteln auf dem Vormarsch

Bei Asterix und Obelix kommt die Mistel in den Zaubertrank. An Weihnachten küssen sich unter ihr die Paare. Für Bäume kann sie zum Problem werden.
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Misteln in Obstbaumkrone. Sie wachsen auch auf Nadelbäumen.Foto: NABU/ H. May
Epoch Times3. April 2024

Misteln befallen zunehmend Kiefern in Bayerns Wäldern, in Berlin ist ein steigender Befall von Laubbäumen dokumentiert. Fachleuten in Bayern bereitet die Entwicklung Sorgen, denn die Halbschmarotzer schwächen Nadelbäume. „In Zeiten, wo es trocken ist, wird es doppelt schwierig für den Baum“, erläutert Hans-Joachim Klemmt von der bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Freising.

In Nordbayern wollen Fachleute nun untersuchen, wie es befallenen Kiefern geht und ob sich Ausbreitungsmuster bei Misteln erkennen lassen.

Kiefern sind hauptsächlich im Norden des Freistaats verbreitet. 2007 sei erstmals bei der Waldzustandserhebung auch der Befall mit Misteln dokumentiert worden, sagt Klemmt. Damals seien 1,7 Prozent der Probebäume befallen gewesen, mittlerweile seien es fast 40 Prozent.

Die Zunahme führt er auf Änderungen im Wetter zurück. „Die Lebensbedingungen für die Misteln werden besser. Die strengeren Fröste im Winter fallen aus“, sagt Klemmt.

Auch in Berlin nehmen Misteln zu

Berlin erfasst seit den 1980er-Jahren Mistelbefall von Laubbäumen wie Ahorn, Birke, Linde oder Pappel an ausgewählten Standorten im Südwesten der Stadt. Auch hier verzeichnen Fachleute einen deutlichen Anstieg bei den besiedelten Bäumen.

Die Mistel (Viscum album) ist vielen Menschen als Weihnachtsschmuck, Glücksbringer oder Heilpflanze bekannt. Hierzulande sind Klemmt zufolge drei Arten heimisch: Kiefernmistel, Tannenmistel und Laubbaummistel.

Misteln entziehen dem Wirtsbaum Wasser und Nährstoffe. Vögel essen nach Angaben des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) von den weißen Beeren, die so klebrig sind, dass Teile am Schnabel hängen bleiben. Wetzen sie dann ihren Schnabel an einem Baum oder hinterlassen dort ihren Kot, bleiben Mistelsamen an der Rinde kleben.

Untersuchungen in Berlin und Brandenburg hätten gezeigt, dass mindestens 27 Vogelarten die Mistelbeeren auf dem Speiseplan haben, darunter die vergleichsweise seltene Misteldrossel und der Seidenschwanz, ein Wintergast aus Skandinavien und Russland, aber auch häufige Arten wie Sing- und Wacholderdrossel.

Laubholz-Misteln

Misteln wachsen vergleichsweise langsam. Erst im zweiten Jahr bildet sich der erste verzweigte Spross mit ledrigen Laubblättern. Bis die Pflanze ihre typische kugelige Form erreicht, vergehen viele weitere Jahre. Misteln können dabei bis zu 70 Jahre alt werden. Vor allem von Böden, die stark mit Stickstoff versorgt sind, profitieren die Misteln enorm.

Die Laubholz-Mistel breitet sich nahezu flächendeckend in Deutschland aus. Auffällig stark vermehrt sie sich in süd- und mitteldeutschen Regionen, beispielsweise im Saarland, der Pfalz, Franken aber auch den östlichen Bundesländern. Der Befall in den Streuobst-Beständen ist hier so massiv, dass NABU-Fachleute von einer Gefährdung der Streuobstbestände ausgehen.

Im nördlichen Niedersachsen, Schleswig-Holstein sowie an der Ostseeküste ist die Mistel zwar auch auf dem Vormarsch, hier gilt sie aber noch nicht als Gefahr für Hochstamm-Obstbäume.

Als Ursachen für die Ausbreitung der Mistel sehen die Fachleute vor allem die unregelmäßige Pflege von Streuobstbeständen. Daneben begünstigen wohl auch klimatische Veränderungen, wie lange Trockenphasen und der daraus resultierende Stress für die Obstbäume, den Vormarsch.

Gleichzeitig rückt die Mistel auch in höhere Lagen vor, inzwischen befällt sie Bäume in Lagen über 1.000 Meter. Zudem halte sich in vielen Gegenden das Gerücht, Misteln stünden unter besonderem Schutz – das sei falsch. Misteln dürfen geschnitten werden. (dpa/red)



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