Naturmedizin ist immer noch Medizin

Pflanzliche Arzneimittel der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) sind keine Nahrungsergänzungsmittel. Um unerwünschte Nebenwirkungen auszuschließen, sollten auch sie nur „auf Rezept“ verwendet werden.
Medizin bleibt Medizin, auch wenn sie in der Natur wächst.
Medizin bleibt Medizin, auch wenn sie in der Natur wächst.Foto: iStock
Von 15. Januar 2023

In der traditionellen chinesischen Medizin werden viele Heilpflanzen als Arzneimittel verwendet. Im Vergleich zu pharmazeutischen Medikamenten der konventionellen westlichen Medizin scheinen pflanzliche Arzneimittel von Natur aus für jeden verfügbar zu sein und gelten daher als milder. Aber auch pflanzliche Arzneimittel sind keine Nahrungsergänzungsmittel.

Ein von Paracelsus geprägtes Sprichwort besagt: „Alle Medizin ist Gift“ – die Dosierung ist entscheidend. Obwohl die chinesische Medizin eher wie ein Lebensmittel aussieht als die westliche Medizin, ist sie immer noch eine „Medizin“.

Auch Yu Yawen, ein Arzt für traditionelle chinesische Medizin (TCM) an der Royal Jade TCM Clinic, betrachtet dieses Konzept für falsch. „TCM behandelt Krankheiten, wenn man krank ist, und füllt den Körper wieder auf, wenn man nicht krank ist“ sei ein weitverbreiteter Irrtum. Sie sollten nur nach Rücksprache verwendet werden, um unerwünschte Nebenwirkungen auszuschließen.

Nährendes versus Therapeutisches

Die Bestandteile der chinesischen Medizin bestehen hauptsächlich aus natürlichen Pflanzen, Tieren und Mineralien, erklärt Yu. Nachdem die Rohstoffe geerntet und nach alten Methoden verarbeitet wurden, können sie in zwei Kategorien unterteilt werden: nährende chinesische Medizin und therapeutische chinesische Medizin.

Die nährende chinesische Medizin enthält medizinische Stoffe, die das Qi (Lebensenergie) und das Blut nähren. Sie fungiert als Nahrungsergänzung für den Körper und kann je nach der individuellen Konstitution des Patienten der Ernährung zugefügt werden.

In der TCM sind Qi und Blut die lebensnotwendigen Substanzen, die aus den inneren Organen stammen und ständig im Körper fließen. Für Gesundheit und Wohlbefinden ist es sehr wichtig, dass beide ausreichend vorhanden sind und im Körper zirkulieren. Andernfalls können Krankheiten auftreten. Allerdings kann nicht jede chinesische Medizin den Körper wieder auffüllen, daher ist eine individuelle Diagnose und Beratung erforderlich.

So geht man in der TCM außerdem davon aus, dass viele Krankheiten durch Kräfte in unserer Umgebung verursacht werden. Diese Kräfte werden als die sechs äußeren pathogenen Einflüsse bezeichnet. Sie werden unterteilt in Wind, Kälte, Wärme, Trockenheit, Feuchtigkeit und Sommerhitze.

Die therapeutische chinesische Medizin versucht diese Einflüsse zu harmonisieren und wirkt demnach hitzelösend, entgiftend, kältevertreibend, schmerzlindernd, Qi aktivierend, blutaktivierend oder zur Beseitigung von Feuchtigkeit im Körper, harntreibend und so weiter.

Hoch-, mittel- und niederwertige Medizin

Chinesische Arzneimittel werden zudem in hochwertige, mittelwertige und niederwertige eingeteilt. Einige von ihnen sind ungiftig, andere müssen von einem TCM-Praktiker verschrieben werden. Entsprechend ausgeprägt sind ihre medizinischen Eigenschaften – und eventuellen Nebenwirkungen. Wenn Sie chinesische Medizin ohne Rücksprache selbst einnehmen, kann es zu unerwünschten Reaktionen und sogar zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen, warnt Yu.

Laut den ältesten Aufzeichnungen über die Wirkung von Pflanzen und Substanzen, dem „Klassiker der Materia Medica“ von Shennong aus der östlichen Han-Dynastie (3. Jh.), gibt es 120 hochwertige Arten chinesischer Medizin. Sie sind ungiftig und können für die Gesundheitspflege verwendet werden.

Diese können das Qi nähren, das Körpergewicht kontrollieren und ein langes Leben fördern. Zu den gängigen hochwertigen TCM-Arzneimitteln gehören Jujube, Ginseng, Astragaluswurzel, Ganoderma lucidum (Lingzhi oder Reishi), zubereitete Rehmannia-Wurzel, Berberitze, Yamswurzel, Eucommia und weitere.

Es gibt zudem 120 Arten von chinesischen Arzneimitteln mittlerer Qualität. Einige von ihnen sind wiederum ungiftig und andere leicht giftig, aber ihre Giftigkeit wird zur Behandlung von Krankheiten und zur Konditionierung des Körpers verwendet. Gängige chinesische Arzneimittel mittlerer Qualität sind unter anderem Engelwurz (Angelica sinensis), Lilie, getrockneter Ingwer und Eisenhut.

Schließlich gibt es 125 niederwertige Arten von chinesischen Arzneimitteln. Gängige niederwertige chinesische Arzneimittel sind Rhabarber, Pinellia, Eisenhut und Pfirsichsamen. Sie sind giftig. Laut Yu bedeutet das nicht, dass sie Menschen töten können. Vielmehr ist diese Toxizität genau das, was zur Behandlung von Krankheiten benötigt wird. Beispielsweise wird Rhabarber zur Behandlung von Verstopfung eingesetzt, sollte aber nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.

Obwohl die chinesische Medizin (meist) milder ist als herkömmliche westliche Arzneimittel und weniger Nebenwirkungen hat, handelt es sich dennoch um „Medizin“, fasst Yu zusammen. Sie sollte daher unter der Anleitung eines TCM-Arztes eingenommen werden.

Über den Autor

David Chu ist ein in London ansässiger Journalist, der seit fast 30 Jahren in den großen Städten Chinas und im Ausland – einschließlich Südkorea, Thailand und anderen südostasiatischen Ländern – im Finanzsektor tätig ist. Er wurde in einer Familie geboren, die sich auf traditionelle chinesische Medizin spezialisiert hat, und hat einen Hintergrund in alter chinesischer Literatur.

 Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Herbal Medicines Aren’t Supplements: When Not to Take Them (redaktionelle Bearbeitung rh, ger)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion