Star-Geiger Nigel Kennedy: „Wir Musiker sind Autisten“

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GeigenFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times23. Dezember 2016

Der englische Star-Geiger Nigel Kennedy, dessen Version von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ nach wie vor die meistverkaufte Klassik-CD aller Zeiten ist, wird am 28. Dezember 60 Jahre alt. Aus diesem Anlass blickt er auf seine lange Karriere zurück – mit guten, wie schlechten Erinnerungen: Bedanken möchte sich der wegen seiner Stehfrisur auch als Punk-Geiger bekannt gewordene Kennedy vor allem bei seinem Lieblings-Fußball-Club, Aston Villa aus Birmingham. „Ich muss mich bei Aston Villa für das Jahr 1982 bedanken, da haben sie Bayern München geschlagen“, sagte Kennedy der „Welt am Sonntag“, „dem Klub verdanke ich viel – die Leidenschaft, Fan zu sein. Aston Villa spielt den hässlichsten Fußball überhaupt, aber ich bleibe treu.“

Bedanken möchte er sich darüber hinaus bei seinem Mentor, dem 1999 verstorbenen Jahrhundertgeiger Yehudi Menuhin, der eine Inspiration gewesen sei. „Ich danke ihm für die Zeit, die er mit mir verbracht hat“, sagte er der Zeitung, „aber vor allem verdanke ich ihm, dass ich kein Vegetarier bin. Er selbst war nämlich einer und hat grausige Sachen gegessen.“ Davon einmal abgesehen hat er an seine Zeit an der berühmten Yehudi Menuhin School im englischen Surrey weniger gute Erinnerungen. „Es gab dort keine glücklichen Momente. In der Menuhin School wurden junge, sehr talentierte Kinder zu alten Männern in Zimmer gesperrt und mussten ihnen dann vorspielen. Und ihre Eltern übten noch Druck auf sie aus. Soziale Begegnungen gab es in der Zeit kaum. Wir waren Kinder zwischen sechs und sechzehn Jahren, die kaum Spielpartner in ihrem Alter hatten“, sagte Kennedy der „Welt am Sonntag“, „die Menuhin School war ein schlimmer Ort.“ Kennedy äußerte sich darüber hinaus ungewöhnlich scharf über den Erwartungsdruck, dem Musiker im Klassikbetrieb heute ausgesetzt seien: „Heute können sich die Musiker gar nicht mehr bewegen. Sie brauchen auf Teufel komm raus ein Image – und alles, was sie veröffentlichen, muss zu der Marke passen, die jemand für sie ausgesucht hat. Sie müssen sich zwingen, etwas zu sein, was sie nicht sind“, sagte der 59-Jährige Engländer, „Musiker beherrschen in der Regel ihr Instrument, ihr Repertoire, und sie geben dann etwas Eigenes aus ihrer Seele dazu. Musiker sind im Grunde ziemlich langweilige Zeitgenossen. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass wir Musiker quasi Autisten sind. Deswegen spielen wir ja ein Instrument, weil wir mit Musik besser und lieber als mit Worten kommunizieren. Nur müssen wir heute die ganze Zeit über unser Scheiß-Image grübeln.“ (dts)



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