Chef der Polizeigewerkschaft Wendt: „Der Bauernprotest sollte schon früh diskreditiert werden“

Rainer Wendt im Epoch-Times-Interview. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) hat viel Sympathie für die Landwirte. Er berichtet, dass die Bauernproteste für die Polizei ausgesprochen entspannt verliefen – jedenfalls gemessen an den Silvestereinsätzen mit Helm und Schild.
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Der Bundesvorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt.Foto: Oliver Berg/dpa
Von 11. Januar 2024

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Rainer Wendt über seine persönliche Beziehung zur Landwirtschaft, über Diffamierungen eines legitimen Protestes und über eine Regierung, die aus seiner Sicht lieber heute als morgen abgewählt werden sollte.

Haben Sie persönlich ein besonderes Verhältnis zu Landwirten? Kaufen Sie ihre Nahrungsmittel auch mal im Hof-Abverkauf? Achten Sie auf Bioqualität? Sind Sie Vegetarier? Trinken Sie Hafermilch?

Also, Hafermilch: Nein. Vegetarier: Nein. Bioprodukte: Nein, da achte ich nicht drauf. Worauf ich achte ist, dass mein Obst und Gemüse aus der Region kommt. Das heißt, ich lege großen Wert darauf, dass die Dinge, die ich kaufe, nicht schon um den halben Erdball geflogen sind.

Sie sehen keinen Unterschied zwischen Bio- und konventionellem Anbau? Wenn sie eine Mohrrübe essen, merken Sie keinen Unterschied?

Nein, damit habe ich mich noch nicht beschäftigt. Wenn das gerade Bio ist, dann nehme ich das und wenn nicht, dann nehme ich etwas anderes.

Wie war die Stimmung bei den Einsatzkräften der Polizei? Arbeit war genug, es war dazu auch noch eiskalt.

Die Polizei hat nach Silvester nicht viel Zeit zum Durchatmen gehabt. Aber der Unterschied zur Silvesternacht und zu anderen Veranstaltungen ist: Wir sind nicht mit Schild und Helm dort aufgetreten, sondern wir haben Verkehrsüberwachungsmaßnahmen und Verkehrslenkungsmaßnahmen getroffen, Stauabsicherung, Umleitungsstrecken absichern und vieles andere mehr, und insofern war die Stimmung auch ausgesprochen entspannt.

Unsere Landwirte greifen im normalen Alltag auf ihre besondere Weise in den Verkehr ein. Da wird viel verdreckt, die Trecker müssen immer wieder vom Feld auf die Straße. Wie ist grundsätzlich das Verhältnis zwischen Polizei und Landwirten?

Die haben beide immer ein sehr entspanntes Verhältnis. Ich kann mich entsinnen aus meiner Zeit in Nordrhein-Westfalen im Kreis Euskirchen, da haben wir viele Rübenfahrzeuge auf den Straßen gesehen und die Polizei hat denen immer geholfen. Das kann auch aus verkehrspolizeilicher Sicht ein Thema sein: Sie fahren langsam und aus den unterschiedlichen Geschwindigkeiten von Traktoren und Pkw ergeben sich schon mal Konfliktsituationen.

Gibt es bei der Polizei auch Mitarbeiter, die nebenbei Landwirtschaft machen, beispielsweise im elterlichen Betrieb?

Sofern sie keine Nebentätigkeit dafür brauchen, helfen sie natürlich. Wir haben auch Leute, die kommen aus dem Sauerland, aus dem Siegerland, aus dem Rheinland. Da gibt es überall landwirtschaftliche Betriebe. Und selbstverständlich, wenn jemand zur Polizei geht, bleiben auch viele Verbindungen familiärer Art.

Täuscht der Eindruck oder haben die Diffamierungen gegen Landwirte vonseiten der Politik, aber auch aus den Medien eine neue Qualität angenommen? 

Es hat ganz offensichtlich den Versuch gegeben, diese Prozesse von vornherein zu diskreditieren. Allein schon diese ständige Ermahnung, sich nicht von Rechtsextremisten unterwandern zu lassen. Und vor allen Dingen auch die ständigen Ermahnungen, friedlich zu bleiben. Das war völlig absurd und sollte diesen Protest in einem sehr frühen Stadium von vornherein diskreditieren.

Es war noch nichts passiert, aber in Medien wurde schon darüber geredet. Manche Medienvertreter sagten am Morgen, noch sei alles ruhig. So, als erwarte man, dass die Landwirte in Deutschland irgendwelche Barrikaden bauen und Gebäude anzünden oder Polizisten mit Flaschen und Steinen bewerfen. Ich habe das nie erwartet und es ist auch nicht passiert.

Wenn ein Demonstrant mit dem Fahrrad kommt, ist das aber noch mal ein anderes Statement, als wenn ich mit so einem gigantischen Trecker vorfahre. Da kann die Polizei wenig entgegensetzen, falls der Landwirt wirklich mal Gas geben sollte, oder?

So ein Trecker ist aber auch eine sympathische Erscheinung. Wir wissen doch alle, was Trecker machen: Der fährt über die Felder und schafft die Grundlage für unser Essen.

Zur letzten Bundestagswahl hat die Union laut einer Umfrage zum ersten Mal eine Mehrheit unter den Landwirten verloren. Aber auch die AfD ist bei den Landwirten unterpräsentiert mit acht Prozent. Haben Sie eine Idee, warum die Union so stark verloren hat?

Die Union hat ja in vielen Arbeitsbereichen verloren. Sie hat aber in allen diesen Arbeitsbereichen genügend Ansatz, wieder für Vertrauen zu werben. Da reicht eine Rede von Friedrich Merz im Sauerland aber nicht aus.

Die Landwirte wählen weniger oft AfD als der Durchschnitt. Sind die politmedialen Unterstellungen zur Demo damit nicht noch schwerwiegender?

Ja, das finde ich auch. Die Landwirte in Deutschland sind hochanständige, aber auch sehr bodenständige Leute. Und mancher Landwirt, der frühmorgens aufsteht und zuverlässig zur Arbeit geht, steht damit schon unter Rechtsextremismusverdacht.

Was weiß man tatsächlich über rechtsextreme Bestrebungen bei diesen Bauernprotesten? Sind Landwirte nicht sowieso ein stückweit Sturköpfe, die schwer zu unterwandern sind, ganz egal von welcher Richtung, oder ist das ein Klischee?

Das mit den Sturköpfen scheint mir ein Klischee zu sein. Aber dass die stockkonservativ sind und genau wissen, dass man sieben Tage die Woche arbeiten muss, das ist bei den Landwirten so immanent, das wissen sie alle. Und deshalb verändern sich auch die Arbeitsabläufe wenig. Aber natürlich können das diejenigen schwer verstehen, die noch nie in ihrem Leben gearbeitet haben.

Der Landwirt ist auf besondere Weise mit dem Boden verwachsen. Neigt der Landwirt deshalb auch mehr zu einer Art nationalem Gedankengut? Was kann man daran positiv oder negativ sehen?

Das muss man positiv sehen. Denn der Landwirt ist in der Tat erdverwachsen, aber nicht nationalistisch. Im Gegenteil, die größte Umweltschutzbewegung in Deutschland ist die deutsche Landwirtschaft und sonst niemand.

Der nicht von Landwirten, sondern eher aus dem konservativ rechten Milieu erwartete große Umsturz ist definitiv am 8. Januar ausgeblieben. Was war denn aus Ihrer Sicht der Erfolg der Veranstaltung, oder gab es keinen?

Bevor die Veranstaltung der Landwirte richtig losging, ist die Politik den Landwirten schon entgegengekommen. Die haben ihre Beschlüsse, die sie eben erst gefasst hatten, sofort wieder zurückgenommen. Das zweite Positive dieser ganzen Protestveranstaltung ist, dass sich nicht mehr drei Männer im Kanzleramt zurückziehen und irgendwelche einsamen Beschlüsse fassen können.

Das heißt, der gesamte Politikstil muss jetzt neu hinterfragt werden. Die sollen sich mal vernünftig beraten lassen von Experten. Und am besten gleich von den Landwirten selber, um zu solchen oder zu anderen Beschlüssen zu kommen. Dann muss man auch nichts wieder zurücknehmen. Die Proteste sind aber noch nicht zu Ende. Wer weiß, ob die Landwirte nicht hinterher komplett erfolgreich sein werden.

Wir haben einen Landwirtschaftsminister, der kein Landwirt ist. Aber wir haben mit Robert Habeck einen Wirtschaftsminister, der von Haus aus die Landwirtschaft kennt. Nun hat Habeck einen langen Vortrag zu den Protesten gehalten. Anschließend hatten viele allerdings das Gefühl, Landwirte seien für den Minister potenzielle Nazis oder mindestens Dummköpfe. Was ist hier mit dem Landwirt Habeck passiert?

Das muss man Herrn Habeck fragen. Der hat in der letzten Zeit so seltsame Reden gehalten, das kann ich überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Was ich ebenfalls nicht nachvollziehen kann, ist, dass ein Wirtschaftsminister Habeck ohne den Landwirtschaftsminister Özdemir solche Beschlüsse fasst, ohne mit diesem zu sprechen.

Da sieht man mal, bei welchem Regierungsstil wir mittlerweile angekommen sind. Drei Männer entscheiden das alles, nur, weil sie meinen, ihre Parteifreunde besänftigen zu müssen. Das empfinde ich als autokratischen Führungsstil. Aber um den innerparteilichen Frieden der Grünen muss ich mich glücklicherweise nicht kümmern.

Meinen Sie, dass Herr Habeck demnächst wieder auf dem Trecker sitzt? Wann könnte das sein?

Ich wünschte es mir für Deutschland.

Das es bald passiert?

Ja, so schnell wie möglich. Aber ich glaube es nicht. Ich glaube, dass wir den nächsten Wahltermin kriegen, und dann sorgen die Wähler dafür, dass Habeck wieder Trecker fahren darf.

Aber dann hätten wir mutmaßlich eine schwarz-grüne Regierung. Die CDU wächst ja auch gerade wieder in der Wählerzustimmung.

Aber das muss ja nicht mit Herrn Habeck gemacht werden. Und ich glaube auch noch nicht daran. Ich glaube an eine starke CDU und die kann sich dann die Koalitionspartner aussuchen: FDP, SPD oder Grüne und sonst niemand.

Vielen Dank für das Gespräch!

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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