Kulturrevolution 1966 versus 2020

Die Kulturrevolutionen von China 1966 und den USA 2020 haben viele Gemeinsamkeiten. Hier der erste Teil einer Serie, in der Ähnlichkeiten zwischen Chinas Kulturrevolution und den Vereinigten Staaten heute untersucht werden.
Titelbild
Während einer Unterrichtsstunde über die Geschichte der Kommunistischen Partei in einer Schule in Lianyungang, in Chinas östlicher Provinz Jiangsu am 28. Juni 2020.Foto: STR/AFP via Getty Images
Von 30. Dezember 2020

Wütende Mobs können ein Land in nur wenigen Monaten erheblich verändern. Ein Großteil ihrer Macht beruht darauf, dass ihre Opfer sich nicht wehren können. Obwohl das China des Jahres 1966 ganz anders war als die heutigen Vereinigten Staaten, haben die Kulturrevolutionen in China 1966 und das Amerika von 2020 viele Gemeinsamkeiten.

Die Kulturrevolution in China wurde vom Vorsitzenden der Kommunistischen Partei, Mao Zedong, dem Herrscher Chinas, ins Leben gerufen. Maos Ziel war es, alles und jeden zu zerstören, der die direkte Auferlegung seines Willens auf das chinesische Volk begrenzte.

Mao Zedong war im Jahr 1949 Diktator von China geworden, nachdem er die Kommunisten in einem Krieg gegen die nationalistische Regierung zum Sieg geführt hatte. Eineinhalb Jahrzehnte später erkannte Mao, dass die Revolution unvollständig war: Die Kommunisten hatten ihre Klassenfeinde, wie kleine Geschäftsleute oder Kleingrundbesitzer, getötet, versklavt oder ruiniert.

Doch Mitte der 1960er Jahre war klar, dass die Ausrottung der Bourgeoisie die „bürgerlichen“ Ideen – wie freie Arbeit, freier Austausch und freies Denken – nicht getötet hatte.

Selbst innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) gab es hochrangige „Revisionisten“. Insgeheim dachten sie, dass die von Nikita Chruschtschow eingeführte Post-Stalin-Version des Kommunismus in der Sowjetunion praktischer war als jene von Stalin und Mao. Der Chruschtschowismus war totalitär, aber im Vergleich zum Maoismus war er stabiler und bürokratischer und neigte viel weniger dazu, unrealistische Programme zu versuchen. Gehorsamen Menschen wurde mehr Autonomie über kleine Dinge des täglichen Lebens zugestanden.

Die Kultur attackieren

Das Warmlaufen für die Kulturrevolution begann 1963 mit Angriffen auf die klassische chinesische Oper. In China war die Oper schon immer bei Menschen aller Bildungsschichten beliebt. Maos vierte Frau, eine Schauspielerin aus Shanghai, die als „Madame Mao“ bekannt war, führte Kampagnen an, die Opern aus der Zeit vor 1949 als politisch unkorrekt anprangerten.

Als sie damit fertig war, waren die Aufführungen der schönen Künste auf fünf Opern, zwei Ballette und eine Sinfonie beschränkt. Ungeachtet von Innovationen wie Ballerina-Spitzentanz mit Kalaschnikow-Gewehren waren die „Modell“-Werke nach 1949 plumpe Propaganda.

Manch einer mag gedacht haben, dass politische Korrektheit nur ein Problem der Opernwelt sei. Nicht mehr lange.

In Maos Augen bestand das Hauptproblem darin, dass die Menschen nicht gänzlich wie Sozialisten dachten. „Tote Menschen haben immer noch die Kontrolle über Literatur und Kunst“, beschwerte Mao sich 1963 bei seinem Leibarzt. Laut den Memoiren von Dr. Li Zhisui war Mao wütend darüber, dass Parteimitglieder „feudale und kapitalistische Kunst förderten, die sozialistische Kunst jedoch ignorierten.“

Dramatiker und andere Intellektuelle wurden zur Zielscheibe. Der am meisten geschmähte Dramatiker war zuvor von Mao selbst für die 1961 entstandene Oper „Hai Rui wird seines Amtes enthoben“ (oder „Die Amtsenthebung von Hai Rui“) gelobt worden. Die Geschichte basierte auf einem historischen Helden aus dem Jahr 1565. Dieser wurde ins Gefängnis geworfen, weil er dem Kaiser der Ming-Dynastie gesagt hatte, dass der Kaiser keinen Bezug zum Volk habe und dessen Leiden nicht anerkenne.

Es gibt eine lange chinesische Literaturtradition, „auf den Maulbeerbaum zu zeigen und die Asche zu schmähen“ – mit anderen Worten, indirekt A zu kritisieren, indem man B kritisiert. Mao merkte offenbar, dass er eher als der inkompetente und egozentrische Kaiser gesehen wurde, und nicht als der mutige und ehrliche Staatsdiener.

Maos Ziel in dieser Kulturrevolution war es, die KPC selbst zu stürzen, die immer eng mit dem Militär (der Volksbefreiungsarmee, PLA) verbunden war. Er wusste, dass die Mehrheit des Politbüros gegen seine Pläne war, ebenso wie die meisten der Provinz- und lokalen Partei-Komitees. Mao erkannte daher, dass er die Rückendeckung der PLA brauchte. Zum Glück für Mao war der Verteidigungsminister Lin Biao ihm absolut untertänig.

Vorbereitungen vor der Kulturrevolution

Maos wichtigstes Ziel während der Kulturrevolution war der zweithöchste Funktionär der KPC, Liu Shaoqi. Auf einer Konferenz der Kommunistischen Partei im Jahr 1962 hatte Liu stehende Ovationen für seine mutige Anprangerung der durch Maos „Großen Sprung nach vorn“ verursachten Hungersnot als „menschengemachte Katastrophe“ erhalten. Die Rede setzte Maos Behauptungen ein Ende, dass die schlimmste Hungersnot in der Geschichte der Menschheit nur das Ergebnis von schlechtem Wetter war.

Ebenfalls ins Visier der Kulturrevolution geriet Deng Xiaoping, der sich ebenfalls gegen die Exzesse des „Großen Sprungs nach vorn“ gewandt hatte, wenn auch auf eine umsichtigere Weise als Liu. „Warum ließen Liu, Deng und ihre Anhänger in der Parteizentrale solch eklatante politische Manipulationen gegen sich zu, ohne zu widersprechen? Die Antwort war militärische Einschüchterung“, schrieb der Historiker Fang Zhu in „Gun Barrel Politics: Party-Army Relations in Mao’s China“.

Kurz vor Beginn der Kulturrevolution wurden Lin-treue Truppen nach Peking verlegt und kesselten die Stadt ein. Kommandoeinheiten übernahmen Medieneinrichtungen, wie zum Beispiel Radiostationen und die Zeitung People’s Daily. Diese war die einzige landesweite Tageszeitung der es erlaubt war, zu existieren.

Sie diente von daher als Sprachrohr des Regimes zum Volk und war die hauptsächlichste Kommunikation, mit der die Befehle der KPC ans Volk übermittelt wurden.

Zusätzlich wurden Truppen unter dem Kommando von Maos persönlicher Leibwache ausgesandt, um die Wohnungen aller hochrangigen Funktionäre in der KPC-Führungsriege zu überwachen (oder, angeblich, zu schützen). Laut Zhu „hätten sich Mao und Lin nicht durchsetzen können, zumindest nicht so leicht, ohne die Androhung von Gewalt gegen ihre Opposition in der Parteiführung.“

Ein neues Klassensystem

Um die „Große Proletarische Kulturrevolution“ einzuleiten, benutzte Mao die privilegiertesten Jugendlichen Chinas. Mao hatte den Krieg 1949 zum Teil mit dem Versprechen gewonnen, das alte Klassensystem abzuschaffen, und das hatte er auch getan. Anstatt eine klassenlose Gesellschaft zu schaffen (das angebliche Ziel des Kommunismus), hatte Mao stattdessen eine neue Klasse mit ererbtem Rang geschaffen.

Jeder war nach Farben eingeteilt. Die Oberschicht bildeten diejenigen, die in der Revolution gekämpft hatten und der Partei angehörten. Sie und ihre Nachkommen waren „rot“.

Die niedrigste neue Klasse war schwarz kodiert. Sie bestand aus den ehemaligen „Bourgeoisen“ und „Grundbesitzern“ – nicht nur aus der Mittelschicht und den Großgrundbesitzern, sondern auch aus Bauern oder Verkäufern, die vor der Revolution kleine Gewinne gemacht hatten. Zur schwarzen Klasse gehörten auch Menschen, die einmal eine geringfügige Beziehung zur früheren Regierung hatten, wie z. B. ein Angestellter in einem Regierungsbüro.

Dazwischen lag die weiße Klasse – unpolitische Bauern, städtische Fabrikarbeiter und so weiter.

Im Klassensystem wurde die Klasse vererbt. Wenn Ihre Eltern rot gewesen waren, waren Sie es auch; wenn Ihre Eltern schwarz gewesen waren, waren Sie für immer schwarz. Klassenübergreifende Ehen waren im Jahr 1950 verboten.

Das Klassensystem war nicht vollkommen stabil, besonders in einer unerbittlichen Atmosphäre von Säuberungen und Anschuldigungen. Zum Beispiel waren in den 1930er und 1940er Jahren einige loyale Kommunisten von der KPC beauftragt worden, nationalistische Gewerkschaften zu infiltrieren, indem sie sich als Nationalisten ausgaben.

In Anbetracht der Risiken, die sie eingingen, hätten sie tadellos rot sein müssen. Aber während der Kulturrevolution, als jeder nach Gründen suchte, um andere zu denunzieren, wurden die alten Gewerkschaftsakten der ehemaligen Spione ausgegraben, und sie wurden verfolgt, weil sie angeblich mit den Nationalisten zusammengearbeitet hätten.

Vorbereitende Propaganda gegen die „Vier Typen“

Ganz allgemein gab es immer Propagandakampagnen gegen die Vier Typen: ehemalige Großgrundbesitzer; ehemalige reiche Bauern (z. B. ein kleines Familienunternehmen); Konterrevolutionäre (Nichtkommunisten); und schlechte Elemente (Personen, die von der KPC-Orthodoxie des jeweiligen Augenblicks abweichen).

Die ersten beiden Typen galten schlicht und ergreifend als schwarzes Blut; die letzten beiden „Typen“ waren dehnbare Kategorien, so dass nahezu jeder beschuldigt werden konnte. An einem Tag sicher als guter Roter anerkannt zu sein, schützte Einzelpersonen und ihre Verwandten nicht unbedingt davor, an einem anderen Tag neu klassifiziert und dann ermordet oder in ein Sklavenarbeitslager geschickt zu werden.

Die Spitzenschulen waren hauptsächlich für die Kinder der roten Klasse vorgesehen. Die Schüler an diesen Schulen erhielten eine militärische Ausbildung, die in der Grundschule damit begann, mit Luftgewehren auf Bilder von Chiang Kai-Shek und Amerikanern zu schießen, um dann in der weiterführenden Schule zu Gewehren überzugehen (Chiang war das besiegte Oberhaupt der nationalistischen Regierung, aber er herrschte immer noch über die Insel Taiwan und beanspruchte, der legitime Herrscher Chinas zu sein).

Die Revolution beginnt

Die Kulturrevolution begann an Pekings Top-Schule für die Kinder der chinesischen kommunistischen Partei-Elite. Im Allgemeinen ärgerten sich die „reinblütigen“ Schüler über die Schüler der unteren Klassen-Schichten; da diese keinen Klassenvorteil hatten, neigten sie dazu, härter zu arbeiten und dadurch die gesellschaftlich besser gestellten Schüler zu übertreffen.

Wie der Historiker Frank Dikötter in seinem Buch „The Cultural Revolution: A People’s History“ berichtet, bemerkten die politisch korrekten Studenten in der ersten Hälfte des Jahres 1966, dass etwas nicht stimmte, als sie zwischen den Zeilen der Artikel in der „People’s Daily“ lasen. Also begannen die Studenten, Bibliotheken zu durchforsten „und bald entdeckten sie Probleme bei Kurzgeschichten, Romanen, Filmen und Theaterstücken. … Es erschienen Plakate, die den Hintergrund einiger Lehrer in Frage stellten.“

Die Kulturrevolution wurde oft durch Plakate mit großen Schriftzeichen beworben – handschriftliche politische Slogans in großen Schriftzeichen, an Wänden angebracht. Um die Sache in Gang zu bringen, suchten Madame Maos Verbündete an der Peking-Universität nach Leuten, die ein Plakat mit großen Schriftzeichen schreiben sollten, das den Universitätspräsidenten anprangerte.

Ein ungebildeter Parteischreiber, Nie Yuanzi, und einige andere Universitätsangestellte übernahmen diese Aufgabe. Am 25. Mai 1966 klebten sie ihr Plakat mit großen Schriftzeichen, auf dem sie die Universitätsverwaltung als „konterrevolutionäre Revisionisten vom Schlage Chruschtschows“ und als „Ochsengespenster und Schlangengeister“ beschimpften. Der Präsident der Universität, Lu Peng, wurde am nächsten Tag gefeuert. Ein Ochsengeist ist ein mythisches Ungeheuer mit Reißzähnen, das Menschen verschlingt.

Schüler bekamen frei, um ihre Lehrer zu attackieren

Am 1. Juni 1966 wurde die Kulturrevolution öffentlich ausgerufen. In einem Leitartikel der People’s Daily wurde das Volk aufgefordert, „alle Ochsengespenster und Schlangengeister“ (auch übersetzt als „Monster und Dämonen“ oder „Freaks und Monster“) wegzufegen.

Der Unterricht an den Schulen wurde landesweit abgesagt, damit die Schüler ihre Lehrer attackieren konnten. Am nächsten Tag wurde das Plakat mit großen Lettern von Nie Yuanzi in der „People’s Daily“ nachgedruckt, begleitet von einem Leitartikel, der die Menschen dazu aufforderte, sich den Revisionisten „entgegenzustellen, sie zu schlagen und gründlich zu zerstören“.

Die Schüler wurden ermutigt, Plakate mit großen Schriftzeichen aufzuhängen, die die Lehrer für revisionistisches Denken verurteilten. „Revisionist“ bedeutete, zu denken wie Chruschtschow oder jeder andere, der vom reinen kommunistischen Totalitarismus abwich: alles im Leben muss politisch sein; nur eine politische Linie ist erlaubt. Oft war „Revisionist“ nur ein Etikett für die Verfolgung von jedermann, einschließlich aufrichtiger Ultra-Maoisten.

Schülerbanden prügelten und demütigten ihre Lehrer. Viele benutzten improvisierte Waffen, Fechtschwerter oder Wurfspeere. Aus Angst begannen die Lehrer, sich gegenseitig zu denunzieren, denn Lehrer wissen viel mehr übereinander als ihre Schüler das tun.

Fortsetzung folgt

Dieser Essay ist adaptiert von den Seiten 423–521, dem 14. Online-Kapitel  von „Firearms Law and the Second Amendment: Regulation, Rights, and Policy“ von David B. Kopels sowie von „The Party Commands the Gun: Mao Zedong’s Arms Policies and Mass Killing“ von Nicholas J. Johnson, David B. Kopel, George A. Mocsary, und E. Gregory Wallace. Darin sind weitere vollständige Zitate aus der chinesischen Geschichte zu finden.

Der Artikel wurde zuerst veröffentlich in The Epoch Times/USA: „Cultural Revolution 1966 v. 2020“ (deutsche Bearbeitung aw)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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