NZZ-Chef über Deutschland: Politiker, die die Bürger am meisten bevormunden, sind am populärsten

In einer Zeit, in der sich die Gesellschaft immer weiter spaltet, hilft ein Blick ins Ausland. Wie schauen die Nachbarn auf Deutschland, wie beurteilen sie die immer aussichtsloser erscheinende Lage? Wer könnte dies besser als die Schweiz, die ihren Nimbus als Gralshüterin der Neutralität nie verloren hat.
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Die Polizei beschützt den Reichstag vor regierungskritischen Demonstranten.Foto: Maja Hitij/Getty Images
Von 8. August 2021

„Der pandemische Zeitgeist: Warum sich die Politik dagegen sträubt, die Corona-Verbote endlich aufzuheben“, überschreibt Eric Gujer, der Chefredakteur der „Neuen Zürcher Zeitung“ seinen in der Rubrik „Der andere Blick“ erschienenen pointierten Kommentar. Warum kehrt die deutsche Gesellschaft angesichts niedriger Krankenhauseinweisungen und ebenso geringer Todesfallzahlen nicht endlich zum Normalbetrieb zurück, fragt sich der Schweizer Top-Journalist und Autor.

Seine Antwort sollte die Bundesbürger zum Nachdenken anregen: „Weil der pandemische Zeitgeist regiert.“ Für Gujer steht dies für die Kontrolle der Gesellschaft im Zeichen eines absolut verstandenen Gesundheitsschutzes, der auf drei Elementen beruht: einer hypergenauen Diagnostik, einer gigantischen Organisation und den Eingriffen in die Grundrechte. Politikern und Heerscharen von Public-Health-Beamten in Verwaltung und Wissenschaft falle es schwer, die Welt in anderen Kategorien zu denken als in Sieben-Tage-Inzidenzen, Testzahlen oder Impfquoten.

„Das Leben nicht von abstrakten Kennzahlen diktieren lassen“

Ein neuer Biologismus habe Einzug gehalten, wie man ihn seit der Verbreitung von Darwins Lehre im 19. Jahrhundert nicht mehr kannte: „Sah der darwinistische Zeitgeist Begriffe wie den ‚Kampf ums Überleben‘ und die ‚natürliche Selektion‘ als Metapher für die Gesellschaft schlechthin, hat sich heute die Pandemie als das zentrale Muster zur Erklärung der Welt etabliert.“

Was Gujer dann schreibt, wäre hierzulande – sieht man einmal von Bild-Chef Julian Reichelt ab – aus der Feder eines Chefredakteurs undenkbar. In dieser Perspektive nehme sich für viele Kontinentaleuropäer Boris Johnsons Proklamation des „Freedom Day“ mit der Aufhebung aller Einschränkungen als frivol bis unverantwortlich aus. Dass unterdessen die Fallzahlen auf der Insel sinken, komme da ungelegen, sei letztlich aber nicht entscheidend, so Gujer. Wichtiger wäre das von Johnson verteidigte Prinzip, sich das Leben nicht von abstrakten Kennzahlen diktieren zu lassen, sofern dafür nicht ein zwingender Grund vorliegt.

Corona sei zum „Paradigma der Gegenwart“ geworden, also zum Deutungsmuster für die stets widersprüchlichen Fakten, so der „NZZ“-Chefredakteur. Um Ordnung in der Welt zu schaffen, brauche es Paradigmen, zugleich schafften sie ein neues Problem: „Tatsachen werden so lange interpretiert, bis sie in den Rahmen passen.“

In Deutschland als „verschwörerisch“ gebrandmarkt würde sicherlich diese Passage: „Eine Inzidenz von 600 ist heute nach allem, was man weiß, nicht kritischer als im letzten Winter eine Inzidenz von 200. Anstatt dies zu akzeptieren und die Verbote aufzuheben, werden die Fakten passend gemacht. Nun heißt es, man müsse die Kinder und Jugendlichen sowie den Schulbetrieb schützen. Die Argumentation des Vorjahres wird einfach auf den Kopf gestellt.“
Abgesehen davon, dass auch Zwölfjährige geimpft würden, zeuge die Begründung von einem „pervertierten Risikoverständnis“. Schulbetrieb wäre demnach nur noch möglich, wenn „Gefahren zu 100 Prozent ausgeschlossen“ werden könnten. Andernfalls solle die gesamte Gesellschaft durch Freiheitsverlust in Mithaftung genommen werden.
Was die Pandemie mit dem Körper mache, sei das eine; was sie mit den Köpfen mache, etwas völlig anderes. „Es ist an der Zeit, die in den letzten anderthalb Jahren antrainierten Denkschablonen infrage zu stellen“, fordert Gujer – und rechnet schonungslos mit dem längst zur Normalität gewordenen Orwellschen ab: „Den pandemischen Zeitgeist auszutreiben, ist ungleich mühevoller, als kurz den linken Oberarm hinzuhalten, aber nicht minder notwendig.“

„Von seiner Machtfülle berauschter deutscher Maßnahmenstaat“

Im Vergleich der drei deutschsprachigen Staaten scheine es den Deutschen am schwersten zu fallen, ohne die „Schwimmhilfen des pandemischen Obrigkeitsstaates“ auszukommen. „Die Politiker sind am populärsten, die wie Markus Söder die Bürger am meisten bevormunden“, befindet Gujer. „Obwohl immer mehr Wissenschaftler darauf hinweisen, wie irrational es sei, die Strategie allein an Infektionszahlen auszurichten, halten die deutsche Regierung und die Länder daran fest.“ Man zwinge jetzt ausnahmslos alle Ferienheimkehrer, einen Gesundheitsnachweis zu erbringen. Doch dass sich dies „nicht sinnvoll kontrollieren lässt, bekümmert den von seiner Machtfülle berauschten Maßnahmenstaat wenig.“
„Selbst Deutschland sollte endlich Abschied nehmen von der Biopolitik des Ausnahmezustandes und zur Normalität zurückkehren“, postuliert Gujer, „nicht nur das Vereinigte Königreich, auch der Kontinent hat einen Freiheitstag verdient.“
Zu schreiben wie der Schweizer Kollege erfordert Rückgrat und Mut. Was in der Schweiz allenfalls einen Diskussionsbeitrag darstellt, könnte den altgedienten Journalisten hier den Job kosten.
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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