Feuchtigkeitssensoren machen es möglich: Bäume melden sich, wenn sie Durst haben

Feuchtigkeitssensoren sind eine Möglichkeit, dem komplexen Problem des Baumsterbens entgegenzuarbeiten. Das Allheilmittel sind sie allerdings nicht. Baumexperte Timo Bittner im Gespräch mit der Epoch Times.
Dank Feuchtigkeitssensoren: Bäume melden sich, wenn sie Durst haben
Die Birke ist in der Stadt besonders von den Dürreschäden betroffen.Foto: iStock
Von 28. Juli 2022

„Die Stadt braucht Bäume“, sagt Baumexperte Timo Bittner. Ansonsten hätten wir in der Stadt einen Kachelofen, wie er es nennt. Die Betonwüste heizt sich auf, gibt die Hitze ab und speichert sie. Bäume wirken dem entgegen, spenden Schatten und kühlen die Stadt ab.

Gesellschaftlich gibt es ein Bewusstsein für den Erhalt von Bäumen, meint Bittner. Bürgerinitiativen setzten sich für das Gießen von Bäumen ein. Bei Aktionen wie „Bäume gießen“ vom BUND-Berlin treffen sich wöchentlich Menschen zum Gießen von Bäumen. Ähnliche Projekte wie „Gieß den Kiez“ oder das Baumpflegeportal sollen interessierte Bürger über das Gießen von Bäumen informieren.

Bürger seien mit dem Wasser, welches sie gießen, allerdings „ein Tropfen auf dem heißen Stein“. „Es müssen schon 100 Liter gegossen werden, damit die Wurzeln in zehn Zentimeter Tiefe was davon haben“, sagt der Baumexperte.

Unterstützung von Feuchtigkeitssensoren

Baumpflegefirmen sind unter anderem für das Gießen von Bäumen zuständig. Die Routen für die Baumpflege müssen geplant und individuelle Bedürfnisse der Bäume berücksichtigt werden. Helfen sollen dabei Wassersensoren. Sie werden in den Boden an den Baum gesteckt und senden den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens an eine Software. Sollte dieser unter einen gewissen Wert fallen, kriegen die Baumpflegeexperten auf ihre Tablets eine Nachricht, dass der Baum gewässert werden muss. So werden die Bäume vor Dürre und dem Austrocknen geschützt.

Nicht jeder Baum muss jeden Tag gegossen werden. „In Berlin sind wir mit dem Gießen nicht mehr hinterhergekommen. Da brauchten wir eine Lösung, dass wir nicht jeden Tag gießen müssen, sondern nur bei Bedarf“, so Bittner. Das gesamte System der Feuchtigkeitssensoren wird von der Stadt Berlin finanziell unterstützt und gefördert.

„In der Regel bringen uns die Feuchtigkeitssensoren einen riesigen Vorteil. Vorher war es so, dass wir 1000 Bäume wässern müssen. Jetzt müssen wir am Tag je nach Bedarf vielleicht 150 und morgen die nächsten 50 und dann wieder die nächsten 100 Bäume gießen.“

Bei langen Trockenperioden schaffen die Baumpflegefirmen das Gießen nicht. „Wenn wir wie vor zwei Jahren über sechs Wochen teilweise 30, 35 Grad haben, ist das ein Ausnahmezustand. Da haben auch die Feuerwehr und die Berliner Stadtreinigung mitgeholfen. Aber in der Regel sind die Sensoren eine solche Hilfe, dass wir mit dem Gießen hinterherkommen.“

Die meisten Sensoren in Berlin seien laut einem Mitarbeiter des Straßengrünflächenamtes in Mitte installiert. Ewas mehr als die Hälfte sei dort gebietsweise mit Feuchtigkeitssensoren ausgestattet.

„Wünschenswert wäre es, wenn jeder Straßenzug Feuchtigkeitssensoren hätte. Es muss ja nicht jeder Baum ihn kriegen, jeder Straßenzug reicht. Der Nachbarbaum kann mit einem Sensor zusätzlich gut erfasst werden“, sagt Bittner.

Baumpfleger Timo Bittner „an seinem Arbeitsplatz“. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Timo Bittner

Bäume fällen

Immer wieder müssen Bäume gefällt werden. Der Mitarbeiter des Straßengrünflächenamtes Berlin teilte der Epoch Times mit, dass in Berlin schätzungsweise 5.000 bis 7.000 Straßenbäume jährlich gefällt werden müssen. Mit Bäumen aus Grünanlagen dürften es bis zu 20.000 Bäume sein. Allein in Berlin-Mitte wurden letztes Jahr 300 Bäume gefällt, in Kreuzberg 1.000. Insgesamt werden mehr Bäume gefällt, als sie nachwachsen.

Besonders Hitzeperioden, Krankheiten und der Wassermangel seien der Grund für die hohen Fällzahlen. Dabei müssten die Trockenlänge, die Häufigkeit und auch die Jahreszeit der Trockenperioden berücksichtigt werden. Besonders im Frühjahr müssen die Bäume mit Wasser versorgt werden, sagt ein Mitarbeiter des Umwelt- und Naturschutzamtes Mitte der Epoch Times.

Ein weiteres Problem für die Bäume seien Salzschäden. Klaus Schröder schreibt im Baumpflegeportal über Salzschäden: „Am Baumstandort sickert das salzhaltige Tauwasser in den Boden. Insbesondere das Natrium reichert sich dort an. Es wird über die Wurzeln von den Bäumen unkontrolliert aufgenommen und gelangt so in die Krone und Blätter. Wenn kein ausreichender Nachschub an anderen Nährstoffen für Ausgleich sorgt, kann der Baum nachhaltig geschädigt werden und sogar eingehen. Unter der Voraussetzung, dass kein Salznachschub aus dem Boden mehr stattfindet, können sich Bäume durch den alljährlichen Abwurf ihres Laubes allmählich vom Salzüberschuss befreien.“

Baumerhalt

Die Birke sei in der Stadt besonders von den Dürreschäden betroffen, so Bittner. „Wenn Sie sich die Birken in der Stadt anschauen, können Sie sehen, dass die Birken bis zu 80 Prozent abgestorben sind.“ Der Mitarbeiter des Umwelt- und Naturschutzamtes bestätigt, dass circa ein Drittel des Bestandes der Birken auf Privatgrundstücken in Gefahr sei.

Die Birke sei allerdings ein Sonderfall und besonders anfällig. Andere Bäume seien besser für die Stadt geeignet und werden in der Gartenamtsleiterkonferenz-Liste (GALK-Liste) erfasst. In der Straßenbaumliste werden Baumarten anhand von maßgebenden Kriterien für ihre Verwendung im städtischen Straßenraum bewertet. Bewertungskriterien sind unter anderem morphologische und physiologische Eigenschaften (Wuchskraft, Kronen-, Stamm- und Wurzelbildung, Habitus, Lichtdurchlässigkeit), Standortansprüche (Klima, Boden, Wasser, Lichtbedarf), Erfahrungen über Lebenserwartung, Widerstandsfähigkeit gegen Umweltbelastungen aller Art und Verkehrssicherheit (Stand- und Bruchsicherheit).

Durch die Wassersensoren gebe es keine abnehmende Tendenz des Baumsterbens. „Die Dürresymptome zeigen sich erst, wenn es zu spät ist, nach drei bis fünf Jahren. In der Baumpflege erhalten wir viele Aufträge von Entfernen von Totholz, Einkürzen von Kronen und Entfernen von bereits toten Bäumen.“ Mit den Sensoren könne allerdings ein allgemeiner Überblick über das Befinden der Bäume gegeben werden, so der Mitarbeiter des Straßengrünflächenamtes.

Initiativen wie die Stadtbaumkampagne setzen sich dafür ein, dass neue Bäume gepflanzt werden. Das Problem an jungen Bäumen und Ersatzbäumen sei allerdings, dass sie viel gewässert werden müssen und dadurch häufig nicht überleben, so der Mitarbeiter des Umwelt- und Naturschutzamtes.

„Der Vorschlag ist super!“

Für den Baumerhalt gibt es außerdem Projekte, die eine Dachbegrünung und das Bepflanzen von Dächern planen. „Der Vorschlag ist super“, meint Bittner. „Besonders für die Bienenvielfalt und weil dort das Wasser gebunden wird.“

Nicht zuletzt empfiehlt Bittner die Geoinjektion, um sterbende Bäume am Leben zu erhalten und Staunässe zu vermeiden. „Mit Druckluft wird ein Stützgranulat, ähnlich zu Kieselerde, in den Boden injiziert. Durch die amorphe Struktur der eingebrachten Kieselerde kommt es im Boden zu vermehrten Lufteinschlüssen und einer erhöhten Luftdurchlässigkeit. Somit kann die Verdichtung im Wurzelbereich gebrochen werden und der Luftaustausch im Boden findet wieder statt“, erklärt der Baumexperte.

Der Mitarbeiter des Straßengrünflächenamtes teilte der Epoch Times mit, dass es schon viel helfen würde, wenn das Wasser von den Dächern in die Gehwege geleitet werde und nicht direkt in die Kanalisation. Damit könnten sich einige Bäume mit gesundem und sauberem Wasser versorgen.

Zunahme der Wasserverdunstung

Forschungen der Züricher Umweltphysikerin Prof. Dr. Sonia I. Seneviratne zeigten, dass die Verdunstung (Evapotranspiration) von Wasser, neben Niederschlag, Abfluss und Speicherung von Wasser ein entscheidender Faktor für die Dürre ist.

Aus den Ergebnissen ging hervor, dass im Juni 2022 bis zu 140 Liter Wasser pro Quadratmeter verdunsteten. Das waren die höchsten Werte, die von der Forscherin je gemessen wurden. Messungen der Bodenfeuchte ergaben in 20 cm Tiefe einen Wert von 26 Prozent Bodenfeuchte, normal sind 40 Prozent. Hauptursache für die trockenen Böden sei nicht die Abnahme der Niederschläge, sondern die Zunahme der Verdunstung.

In der Folge würden die Böden austrocknen und der Wasserfluss in die Atmosphäre werde beschleunigt. Die Pflanzen würden wegen der längeren Vegetationsperiode mehr Wasser aus dem Boden saugen. Der Regen, häufig als Starkregen, fließt jedoch zum Großteil (bis zu zwei Drittel) in Flüsse und Bäche, anstatt neues Grundwasser zu bilden. Laut der Forscherin führe das dazu, dass mit den trockenen Böden der kühlende Effekt auf die Biosphäre verloren geht und sich das Land noch stärker aufheizt.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 54, vom 23. Juli 2022.



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