Pulverfass im Nahen Osten: Droht eine neue Ära des gewalttätigen Extremismus?

Der Nahe Osten steht vor der akuten Gefahr, in eine neue Ära des Islamismus und gewalttätigen Extremismus einzutreten, was für die Welt nicht ohne Folgen bleibt. Wovon das abhängt und wie das verhindert werden kann, dazu sprach Epoch Times mit einigen Experten.
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Eine Rakete explodiert in Gaza-Stadt während eines israelischen Luftangriffs am 8. Oktober 2023.Foto: Mahmud Hams/AFP via Getty Images
Von 12. Oktober 2023

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Der brutale Gewaltanschlag der islamistischen Terrorgruppe Hamas in Israel hat mehr als 1.000 Leben gefordert, darunter das Leben von Dutzenden Ausländern.

Beamte aus ganz Israel haben die Gräueltaten der Hamas als ein 9/11-Moment verurteilt. Es gibt kaum Zweifel daran, dass der neue Krieg zwischen Israel und der Hamas geopolitische Konsequenzen haben wird.

Zu diesen Folgen gehört vor allem die Möglichkeit einer neuen Ära des staatlich geförderten islamischen Terrorismus.

Die Vereinigten Staaten schicken Munition und andere Ausrüstung nach Israel und verlegen einen Flugzeugträger ins östliche Mittelmeer, um das umkämpfte Jerusalem zu unterstützen.

Funktionäre des Weißen Hauses sagen, dass es keine Pläne für eine direkte Beteiligung der Vereinigten Staaten an dem neuen Krieg gibt. Der Flugzeugträger soll eine Warnung an andere Nationen sein, sich nicht in den Kampf einzumischen.

Diese Warnung allein unterstreicht jedoch, dass sich die jetzige Lage in Umfang und Schwere von allen früheren Gewaltausbrüchen zwischen der Hamas und Israel unterscheidet.

Israel steht am Rande des Abgrunds. Es wird von islamistischen Terroristen angegriffen und ist außerdem von Nationen umgeben, die sich jederzeit dazu entschließen könnten, diese Terroristen zu unterstützen, wenn sie das Gefühl haben, dass dies Israel überwältigen und letztlich zerstören würde.

Einfach ausgedrückt: Sollte Israel in seinem Vorgehen gegen die Hamas zögern, könnte der Nahe Osten in eine neue Ära des zügellosen Islamismus und gewalttätigen Extremismus ausbrechen, wie sie nach dem 11. September 2001 herrschte. Dieses Mal würden die Nationen der arabischen Welt jedoch nicht abseits stehen.

„Grausamkeit auf ISIS-Niveau“

Offiziell besteht kein Zweifel daran, dass sich etwas Grundlegendes geändert hat. Die Hamas als anerkannte terroristische Organisation setzt sich seit mehr als 30 Jahren für die absolute Zerstörung Israels ein.

Es kam zu Angriffen, ja sogar zu Kriegen, aber diese Gewaltausbrüche unterstrichen stets eine gewisse Verständigung zwischen Israel und den Hamas-Terroristen, dass Entspannung die Norm sei. Eine friedliche Koexistenz, wie weit entfernt sie auch sein mochte, war eine Möglichkeit.

Die Ähnlichkeiten zwischen dem neuen Krieg der Hamas und der Barbarei, die al-Qaida und der Islamische Staat in den letzten Jahrzehnten an den Tag gelegt haben, lassen jedoch auf etwas anderes schließen – etwas Düsteres und Dauerhafteres.

Ein Unterschied, dessen sich die Vereinigten Staaten nur allzu bewusst sind.

Ein hochrangiger US-Verteidigungsbeamter sagte gegenüber Reportern unter der Bedingung der Anonymität, dass sich das Pentagon der „Grausamkeit auf ISIS-Niveau“ bewusst sei, die diesen Konflikt von allen vorherigen unterscheide.

„Ich möchte dies von anderen Konflikten zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen unterscheiden“, sagte der Beamte.

Dies ist anders. So etwas hat es noch nie gegeben. Militante Hamas-Kämpfer ziehen durch Israel, ermorden Kinder vor den Augen ihrer Eltern, massakrieren mit wahlloser Gewalt [bei] Musikfestivals, brennen ganze Häuser nieder, während sich Familien in ihren Bunkern verschanzen.“

In der Tat sieht das von der Hamas hinterlassene Blutbad nicht wie der übliche nächtliche Raketenabschuss aus.

Die israelischen Verteidigungskräfte brauchten fast 48 Stunden, um die Kontrolle über das Gebiet wiederzuerlangen, in das die Hamas so plötzlich eingedrungen war. Was sie vorfanden, hat viele Israelis zutiefst erschüttert.

Da war die Tanzparty, bei der Hamas-Terroristen Berichten zufolge mehr als 250 junge Menschen ermordeten, inmitten des Gemetzels Mädchen vergewaltigten und andere als Geiseln nahmen, um sie als Druckmittel zu benutzen oder in online verbreiteten Propagandavideos zu töten.

Dann waren da noch Senioren, die auf der Straße hingerichtet wurden, während sie an einer Bushaltestelle warteten. Andernorts wurden ganze Familien bei lebendigem Leib in ihren Häusern verbrannt, als sie versuchten, sich vor dem Angriff zu schützen.

Diese Barbarei hat die Wahrnehmung der Bedrohung in Israel verändert.

Die Hamas ist für die Israelis nicht mehr nur eine gelegentliche Bedrohung für Frieden und Stabilität, sondern berührt etwas Existenzielles, das in den Köpfen vieler Juden stark verankert ist.

Yigal Carmon, Gründer der Denkfabrik Middle East Media Research Institute, beschreibt diese Bedrohung so:

So haben die Einsatzgruppen, die Vernichtungskommandos der Nazi-Armee, gearbeitet. Sie nahmen Juden in Städten, Dörfern und Straßen gefangen und töteten sie“, so Carmon gegenüber der israelischen Ausgabe der Epoch Times.

„Gestern habe ich mit meinen Töchtern gesprochen. Ich sagte ihnen: Stellt euch vor, ihr seid mitten im Holocaust, und die Nazis schießen. Das sind Naziszenen. Es ist schrecklich.“

Koordiniert Iran Angriffe auf Israel?

Nur wenige Experten oder politische Entscheidungsträger glauben, dass die Hamas einen solchen Angriff allein durchführen kann.

Insgesamt sind mehr als 1.000 Hamas-Terroristen in Israel eingedrungen. Sie setzten Drohnen ein, um israelische Beobachtungstürme anzugreifen und auszuschalten. Sie erhielten massive Cyberunterstützung aus dem Ausland und haben bereits Tausende von Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert.

Viele Finger zeigen auf den Iran, dessen islamistisches Regime seit Jahrzehnten zur Zerstörung Israels aufruft. Aktuell arbeitet es zusammen mit China und Russland in einer breit angelegten Kampagne daran, die derzeitige regelbasierte internationale Weltordnung zu untergraben und zu ersetzen.

„Es gibt eine lenkende Hand hinter all dem, und das ist der Iran“, sagte Michael Doran, ein Senior-Forscher am Hudson Institute, einer konservativen US-Denkfabrik, während eines Gesprächs am 9. Oktober.

Doran zufolge versuche der Iran in erster Linie, die Normalisierung der israelisch-saudischen Beziehungen zu zerstören, was mit den Abraham-Abkommen der Trump-Ära begann.

Die Biden-Regierung hat die Politik der Trump-Ära in Bezug auf den Iran weitgehend beendet und sich dafür entschieden, einige Sanktionen aufzuheben und die Politik der Obama-Ära wieder aufleben zu lassen. Diese zielte darauf ab, den Iran durch Verhandlungen davon zu überzeugen, keine Atomwaffen zu bauen.

Als die Biden-Regierung in diesem Sinne eingefrorene Vermögenswerte in Höhe von mehr als sechs Milliarden Dollar an den Iran zurückgab, ließ der Iran fünf amerikanische Gefangene im September frei.

Doran zufolge müssen die Vereinigten Staaten gegenüber dem Iran eine härtere Gangart einlegen, wenn sie verhindern wollen, dass der Krieg der Hamas gegen Israel den gesamten Nahen Osten ins Chaos stürzt.

„Es ist für die Vereinigten Staaten sehr wichtig, dass [Israel] als Sieger dasteht. Denn wenn man sieht, dass diese terroristischen Ausschreitungen der Hamas dem Iran Siege bescheren, dann laden wir nur dazu ein, dass es immer mehr davon gibt, und früher oder später werden die amerikanischen Streitkräfte direkt angegriffen.“

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby, bestätigte am 9. Oktober gegenüber Reportern, dass der Iran in gewissem Maße involviert sei, allerdings könne das Weiße Haus Berichte über eine direkte Beteiligung des Regimes an der Gewalt nicht bestätigen.

Die USA arbeiten daran, die Bedrohung im Libanon einzudämmen

Außerdem wächst die Sorge, dass ein anhaltender Angriff aus dem Libanon im Norden Israels die Ressourcen des umkämpften Landes überstrapazieren und weitere Unterstützung von Dschihadisten aus der gesamten Region anziehen könnte.

Aktuell feuert die libanesische Terrororganisation Hisbollah Raketen auf den Norden Israels, während die Hamas-Terroristen vom Südosten her angreifen.

Ein größerer Angriff aus dem Libanon könnte Israels schlimmste Befürchtungen wahr werden lassen, meint Can Kasapoglu, ein leitender Mitarbeiter der Denkfabrik Hudson Institute.

„Das Horrorszenario für Israel war schon immer ein Krieg an mehreren Fronten“, sagte er.

„Wir sollten kein Szenario ausschließen, bei dem die libanesische Hisbollah eine Gelegenheit sieht und daraus Kapital schlägt“.

Kasapoglu ist der Ansicht, dass in diesem Zusammenhang selbst kleine Angriffe eine große Auswirkung haben könnten, da sie israelische Militärressourcen abziehen, die ansonsten für den Kampf gegen die Hamas in Gaza eingesetzt werden könnten.

Der bereits erwähnte US-Verteidigungsbeamte hat ebenfalls eingeräumt, dass man sich Sorgen um die Bedrohung aus dem Libanon mache und betonte, dass die Vereinigten Staaten daran arbeiteten, eine Ausbreitung der Gewalt zu verhindern.

„Wir sind zutiefst besorgt darüber, dass die Hisbollah eine falsche Entscheidung trifft und sich entscheidet, eine zweite Front in diesem Konflikt zu eröffnen“, sagte der Beamte.

Saudi-Arabien: Der Joker

Saudi-Arabien, das seit langem versucht, sich als die mächtigste Nation im Nahen Osten zu behaupten, ist zweifellos der Joker in diesem Konflikt.

Laut Steven Cook, einem leitenden Mitarbeiter der Denkfabrik Council on Foreign Relations, ziele der Angriff der Hamas zumindest teilweise darauf ab, die aufkeimenden saudischen Beziehungen zu Israel zu untergraben.

„Die Saudis waren ein Ziel“, sagte er.

„Es ist klar, dass in der Region ein Versuch unternommen wird, die Normalisierung der Beziehungen zu untergraben. Die Iraner haben das deutlich gemacht, und die Hamas profitiert natürlich nicht von der Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien.“

Allerdings merkte Cook an, dass die verbesserten Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien von der saudi-arabischen Bevölkerung nie gut aufgenommen wurde, sondern von der nationalen Führung aus ihren eigenen Gründen verfolgt wurde.

Ob sich die Beziehungen weiter entspannen, wird weitgehend davon abhängen, wie brutal Israels Vergeltungsmaßnahmen gegen die Hamas in Gaza ausfallen wird und wie diese Reaktion die öffentliche Meinung in Saudi-Arabien beeinflusst.

„Es ist noch gar nicht so lange her, dass in Saudi-Arabien Telethons [Fernseh-Spendenaktionen] zur Unterstützung von Hamas-Selbstmordattentätern stattfanden“, sagte Cook.

„Ich denke, ob [die Normalisierung] zum Stillstand kommt, wird sehr stark davon abhängen, wie die Israelis im Gazastreifen reagieren.“

Katar und China buhlen um Vorteile

Zwei weitere Mächte befinden sich am Rande des Konflikts, und beide unterhalten gespannte Beziehungen zu Israel und den Vereinigten Staaten.

Katar auf der Arabischen Halbinsel beherbergt den größten Militärstützpunkt der Vereinigten Staaten im Nahen Osten. Gleichzeitig ist das Land die Heimat der Hamas-Führung und ein führender Staat, der islamischen Terrorismus exportiert. Als die Regierung Biden im letzten Monat 6 Milliarden Dollar für den Iran freigab, wurde das Geld auf Bankkonten in Katar überwiesen.

Katar unterhält auch eine Vertretung im Gazastreifen. Nach dem brutalen Einmarsch der Hamas in Israel am 7. Oktober gab das Regime eine Erklärung ab, in der es Israel die Schuld an der Sache gab.

Tausende von Kilometern entfernt versucht die kommunistische Führung Chinas ebenfalls, aus dem Chaos Kapital zu schlagen.

Die Kommunistische Partei Chinas (KPC), die China als Einparteienstaat regiert, forderte wenige Stunden nach dem Angriff der Hamas Israel auf, ein unabhängiges Palästina anzuerkennen und die Kämpfe mit den „relevanten Parteien“ einzustellen.

Die KPC ihrerseits hat sich offen mit der Führung im Iran und in Russland verbündet, um eine multipolare Weltordnung zu schaffen, die die Vereinigten Staaten und die von ihnen geführte internationale Ordnung ablösen sollen.

Von daher ist es relativ offensichtlich, dass es der KPC weniger darum zu geht, in der Region Frieden zu schaffen, als vielmehr darum, Einfluss im Nahen Osten zu gewinnen, indem sie den radikalen Islam gegen den Westen aufhetzen.

Da so viel auf dem Spiel steht und so viele Akteure um Einfluss und Macht ringen, gibt es für Israel keinen Weg, der nicht mit einem großen Risiko verbunden ist.

Wie Israel dieses Risiko einschätzt und wie die Vereinigten Staaten es dabei unterstützen, könnte darüber entscheiden, ob der gesamte Nahe Osten erneut in theokratischer Gewalt ausbricht.

Wenn Israel in Gaza zu viel Gewalt anwendet, wird es zur Zielscheibe von Radikalen, die Vergeltung für vermeintliches Unrecht üben wollen. Zu wenig Gewalt, und Israel wird immer wieder wegen seiner vermeintlichen Schwäche zur Zielscheibe. So oder so gibt es kaum einen Zweifel daran, dass dieser neue Krieg über weit mehr als das Schicksal der Hamas entscheiden wird.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: ANALYSIS: Middle East Could Explode With State-Sponsored Jihad Against Israel (deutsche Bearbeitung nh)



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