Brexit, Trump – und bald Le Pen?

Marine Le Pen als französische Präsidentin? Lange galt das als unmöglich. Doch nach dem überraschenden Brexit-Votum und dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl gibt sich Le Pen selbstbewusster denn je.
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Foto: SEBASTIEN BOZON/AFP/Getty Images
Epoch Times5. Februar 2017

Marine Le Pen als französische Präsidentin? Lange galt das als unmöglich. Doch nach dem überraschenden Brexit-Votum und dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl gibt sich Le Pen selbstbewusster denn je. Kann die 48-Jährige, die am Wochenende im ostfranzösischen Lyon ihr Wahlprogramm vorstellte, bei der Präsidentschaftswahl im Frühjahr für die nächste Überraschung sorgen?

„Es gibt ein Erwachen des Volkes“, sagt Le Pens Chefstratege Florian Philippot. „Die Menschen sehen den Brexit, sie sehen Trump, und sie sagen sich: Es lohnt sich, wählen zu gehen.“

In Umfragen liegt Le Pen derzeit vorn: Die Vorsitzende der Front National (FN) käme laut einer aktuellen Befragung auf rund 25 Prozent, vor Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron (21 bis 22 Prozent), dem Konservativen François Fillon (18 bis 20 Prozent) und dem Sozialisten Benoît Hamon (16 bis 17 Prozent).

In Frankreich wird aber – anders als beispielsweise in den USA – in zwei Runden gewählt: Die beiden Bestplatzierten des ersten Wahlgangs treten in einer Stichwahl gegeneinander an. Während ein Einzug Le Pens in die zweite Wahlrunde als nahezu sicher gilt, hat sie dort Umfragen zufolge kaum Chancen.

Das liegt insbesondere daran, dass Le Pen und ihre FN bei einer deutlichen Mehrheit der Wähler nach wie vor auf Ablehnung stoßen – obwohl Le Pen ihre Partei einem radikalen Imagewandel unterzogen hat, um gemäßigter zu erscheinen und neue Wählerschichten zu gewinnen. Viele Linkswähler dürften deswegen in der zweiten Wahlrunde für den konservativen Kandidaten stimmen, oder umgekehrt konservative Wähler für den Linkskandidaten, um einen Sieg Le Pens zu verhindern.

2002 gab es eine solche „republikanische Front“ gegen Le Pens Vater Jean-Marie. Der hatte es überraschend in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl geschafft, ging dort aber gegen Amtsinhaber Jacques Chirac mit 18 Prozent unter.

Ähnlich, wenn auch viel weniger deutlich, könnte es dieses Jahr verlaufen: So würde nach derzeitigem Stand sowohl Macron als auch Fillon die Stichwahl klar gegen Le Pen gewinnen – mit mindestens 60 Prozent.

Ein Sieg von Le Pen sei „unwahrscheinlich“, sagt deswegen Erwan Lestrohan vom Meinungsforschungsinstitut BVA Opinion. Bei einer Beteiligung von 80 Prozent, wie sie bei französischen Präsidentschaftswahlen üblich ist, bräuchte Le Pen 18 Millionen Stimmen für eine Mehrheit. Doch davon war die FN immer sehr weit entfernt. Die 25 Prozent im ersten Wahlgang, die Umfragen Le Pen derzeit vorhersagen, entsprechen neun Millionen Stimmen – sie müsste in der Stichwahl also ihre Stimmenzahl verdoppeln.

„Le Pen hat aber nur ein sehr begrenztes Stimmenreservoir“, sagte Lestrohan. Im Klartext: Es dürfte ihr schwerfallen, zwischen den Wahlgängen viele Wähler hinzuzugewinnen.

Allerdings war das Präsidentschaftsrennen in Frankreich schon reich an Überraschungen: Die Scheinbeschäftigungs-Affäre um seine Ehefrau hat Fillon schwer beschädigt und könnte ihn sogar die Präsidentschaftskandidatur kosten. Die Konservativen stehen jetzt schon vor einem Scherbenhaufen.

Der 39-jährige Umfrageliebling Macron, der noch nie in ein öffentliches Amt gewählt wurde, muss erst noch zeigen, dass er den harten Wahlkampf überstehen kann.

Und dann ist da noch Hamon. Der Sozialist galt bislang als chancenlos, ist in Umfragen aber im Aufwind. Was passiert, wenn der 49-Jährige mit dem ausgesprochen linken Wahlprogramm es wider Erwarten in die Stichwahl gegen Le Pen schafft? Werden konservative Wähler dann wirklich ihn unterstützen – oder könnten sie Le Pen für das kleinere Übel halten?

Meinungsforscher Lestrohan glaubt, dass es auch dann eine „republikanische Front“ gegen Le Pen geben wird. Doch die Experten fischen ein wenig im Trüben: Eine Umfrage zu einer Stichwahl Hamon gegen Le Pen gibt es bislang nicht. (afp)



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