China-Experte zu Arbeiterprotesten: „Immer mehr stehen auf und kämpfen“

Die Situation der Menschen in China spitzt sich zu. Nicht nur die starke Corona-Welle, die das Land erfasst hat, macht den Leuten zu schaffen. Auch die Folgen der Fehlpolitik der KP-Regierung in der Pandemie fordern mehr und mehr ihren Tribut.
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Symbolbild.Foto: AFPTV via Getty Images
Von 13. Januar 2023

Onlinevideos berichten von großen Arbeiterprotesten am 7. Januar bei einem Pharmaunternehmen in der südwestchinesischen Metropole Chongqing. Die Protestierenden randalierten im Unternehmen und davor, warfen Testkits, Plastikkisten und andere greifbare Dinge umher und sogar auf die angerückte Polizei, – die sich vorübergehend zurückziehen musste. Am Ende versprach die Fabrik, die ausstehenden Löhne und Bonuszahlungen auszuzahlen.

Der Fall ist kein Einzelfall in China. Die Einnahmen der Impfstoffhersteller und Corona-Testproduzenten in China sind in den vergangenen Jahren regelrecht explodiert. Der Gesamtumsatz in der ersten Jahreshälfte 2022 von zehn börsennotierten Unternehmen für Corona-Tests betrug 48,5 Milliarden Yuan (knapp 6,67 Milliarden Euro) und ihr Nettogewinn lag bei 16,3 Milliarden Yuan (2,24 Milliarden Euro). Doch seit Dezember letzten Jahres geht eine Corona-Testfirma nach der anderen in Konkurs.

Experte: Immer mehr stehen auf und kämpfen

Als die chinesische Epoch Times am 8. Januar mit dem in Australien lebenden Historiker Li Yuanhua sprach, sagte Li den Reportern, dass die Arbeiter ihre Rechte verteidigten, um ihr Überleben zu sichern. „Diese Menschen hätten nicht den Mut gehabt zu kämpfen, wenn es nicht darum gegangen wäre, ob sie überleben können oder nicht.“ Der Erfolg des Arbeiterprotests spiegle auch die Tatsache wider, dass in solchen besonderen Momenten die lokale Regierung untätig bleibe und nicht wolle, dass etwas passiere.

Am selben Tag sprachen die Reporter mit Lai Jianping, Master of International Law an der China University of Political Science and Law in Peking. Dieser erklärte, dass während der drei Jahre Null-COVID-Politik in China die gesamte Gesellschaft und die Wirtschaft verzerrt worden seien. Die strenge Politik habe zur Depression aller Wirtschaftszweige geführt, aber auch graue Industrieketten entstehen lassen, wie Hersteller für Corona-Tests, für Corona-Impfstoffe und Lieferanten für Epidemiepräventionsausrüstung. Die plötzliche 180-Grad-Wende im Dezember vergangenen Jahres werde unweigerlich zu diversen sozialen Problemen führen, meinte der Experte.

Die aktuelle Situation ist also offensichtlich die schlimme Folge der Anhäufung untauglicher Präventivmaßnahmen durch die Kommunistische Partei Chinas.“

(Lai Jianping, Chinaexperte)

Es sei dasselbe, wie wenn Menschen verdorbenes Essen zu sich nehmen. Man werde definitiv Bauchschmerzen bekommen. Jetzt gebe es überall Wellen von Entlassungen, unbezahlte Löhne, Schließungen und Lieferkürzungen, so der Chinaexperte.

Hinsichtlich der Arbeiter, die ihre Rechte gegenüber den Pharmafirmen verteidigten, meinte Lai, dass in den vergangenen drei Jahren viele Chinesen die Rücksichtslosigkeit der Kommunistischen Partei Chinas und ihre Arroganz der Macht gesehen hätten. Sie hätten Leid und Unterdrückung aus erster Hand erlebt. Nun hätten immer mehr Menschen damit begonnen, aufzustehen und zu kämpfen.

Arbeiterproteste bei Testhersteller

Die Zybio Inc. (Chongqing Zhongyuan Huiji Pharmaceutical Factory), im Dadukou-Bezirk in Chongqing, ein führender Hersteller von Reagenzien und Geräten für die In-vitro-Diagnostik, stellt unter anderem auch Corona-Tests her. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen offenbar viele neue Mitarbeiter eingestellt, um die große Nachfrage nach Tests im Rahmen der chinesischen Null-COVID-Politik und der Testpflicht zu befriedigen. Mit der plötzlichen Öffnung am 7. Dezember und dem Einstellen der Massentests nach drei Jahren wurden viele Arbeiter überflüssig.

Wie die chinesischsprachige Ausgabe der Epoch Times von demonstrierenden Arbeitern erfuhr, seien die Mitarbeiter kürzlich darüber informiert worden, dass sie zum chinesischen Neujahr (22. Januar) abreisen könnten. Ihre Beschäftigung sei beendet. Die neue Politik der Kommunistischen Partei überraschte nicht nur die darauf nicht vorbereitete Bevölkerung, sondern auch die Wirtschaft.

Massenentlassungen nach Hochlohnphase

Im Gespräch mit der Epoch Times am 7. Januar erklärte der Zybio-Arbeiter Xiaodong (Pseudonym), dass er im Juni 2022 bei Zybio angefangen habe. Ab Juli sei er mit der Herstellung von Nukleinsäureextraktoren beauftragt worden. Im Oktober habe er über 6.000 Yuan (etwa 826 Euro) verdient. Doch der November sei der Monat mit dem höchsten Einkommen gewesen. „Wir haben im November ein ziemlich gutes Einkommen verdient, etwa 8.000 bis 9.000 Yuan (1.100 bis 1.240 Euro)“.

Er glaube, dass das Unternehmen Anfang Dezember einen Großauftrag erhalten und daraufhin bis zu 7.000 neue Mitarbeiter eingestellt habe. Den Arbeitern seien auch höhere Löhne versprochen worden und ein Bonus von 3.000 Yuan (413 Euro). „Sie sagten, dass sie den Bonus in drei Raten zahlen würden: Die erste Rate von 1.000 Yuan würde gezahlt, wenn wir bis zum 21. Januar arbeiten würden und die anderen Raten würden gezahlt, wenn wir bis zum 15. Februar arbeiteten.“ Doch Zybio habe seine Versprechen nicht eingehalten.

Mit der Aufhebung der Sperren und der Testpflichten durch das Regime seien jedoch die Einnahmen des Unternehmens zurückgegangen. Bei Zybio soll es daraufhin zu massiven Entlassungen gekommen sein. 80 Prozent der Belegschaft, meinte Xiaodong, sollten in diesem Monat gehen. Das habe dem Arbeiter nach die Proteste ausgelöst. „Das Unternehmen sagte uns, wir sollten gehen, aber es sagte uns nicht, wann wir zurückkommen sollten und ob man uns unseren Lohn ausbezahlen werde“, so Xiaodong. Den Informationen nach sollen fast 8.000 Mitarbeiter von der Entlassungswelle betroffen sein.

Einlenken nach dem Protest

Zybio hatte im November noch von PCR- auf Antigen-Test umgewechselt, nachdem einige Provinzen keine PCR-Tests mehr verlangt hatten, erklärte Xiaodong. Doch auch dafür gebe es nun keine Bestellungen mehr, so der Mitarbeiter. Als das Ende kam, wurden sie abserviert. „Kein Management ist aufgetaucht oder hat uns erklärt, was passiert ist. Nur eine Person von der Rekrutierungsfirma kam, schrie uns über einen Lautsprecher an und sagte uns, wir sollten einfach gehen.“ Der Mann habe noch gesagt, sie sollten keinen Ärger machen.

Die Proteste hätten sich jedoch erst aufgelöst, so Xiaodong, als Zybio zugestimmt habe, die Arbeiter zu bezahlen. „Die Fabrik sagte, dass sie uns unsere Löhne für Dezember am 7. Januar und unser Einkommen für Januar am 8. Januar auszahlen würde“, sagte Xiaodong. An diesem 7. Januar war laut Xiaodong nicht nur die Bereitschaftspolizei zu den Protesten gekommen. Auch der Regierungschef des Bezirks Dadukou sei vor Ort gewesen. In dem Video von den Protesten ist ganz am Ende die Polizei zu hören, welche die Demonstranten eindringlich warnt, dass man sie der „Störung der öffentlichen Ordnung“ verdächtige. Die Organisatoren würden festgenommen, wenn sie nicht sofort gingen.

In einem Bericht von „Radio Free Asia“ (RFA) wurde die Zybio-Fabrik in Chongqing als „inzwischen stillgelegt“ bezeichnet. Eine mit dem Protest vertraute, aber anonym bleibende Person hatte RFA gegenüber erklärt, dass fast alle der Arbeiter junge Menschen gewesen wären, die massenhaft von Personalagenturen eingestellt worden seien. Der Protest habe den ganzen Samstag angedauert, bis spät abends. Zehn Personen seien verletzt worden, darunter der Fabrikleiter und Mitarbeiter der Personalagenturen.

Beamtin vermutet „Informationssperre“

Eine von RFA kontaktierte Beamtin aus dem Wirtschaftsbereich von Chongqing habe erklärt, nichts von dem Protest mitbekommen zu haben: „Wir sind direkt neben [der Fabrik] und sind normalerweise sehr gut informiert darüber, was los ist, aber ich habe nichts darüber in den Abteilungsgruppen etwas gesehen, noch in einer der politischen und aktuellen Gruppen, die ich verfolge“, so die Beamtin, die vermutet: „Vielleicht gab es eine Informationssperre.“

Das könnte auf eine gezielte Verschleierung und Blockade von Informationen zurückzuführen sein. Das ermögliche es den staatlichen Zensoren zu verhindern, dass man sensible Informationen in Echtzeit übermittele.

Überall kein Geld mehr

Die Wirtschaftsbeamtin habe auch erklärt, dass die lokale Wirtschaft nach der Null-COVID-Politik in der Flaute sei und die Kommunalverwaltungen überall kein Geld mehr hätten. Sie vermutet, dass Zybio nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Produktion aufrechtzuerhalten, weil die Regierung kein Geld mehr ausgezahlt habe.

Ähnliches habe eine hochrangige Mitarbeiterin im Gesundheitswesen gesagt: „Alle diese Unternehmen, die [Reagenzien] herstellen, taten dies in direkter und ausgehandelter Zusammenarbeit mit der Regierung“. Sie wisse zum Beispiel, dass die Regierung von der ostchinesischen Provinzhauptstadt Nanjing dem Testkit-Hersteller BGI viel Geld schulde.

RFA zufolge sei es laut Social-Media-Berichten auch bei anderen Testherstellern zu Lohnstreitigkeiten gekommen, beispielsweise bei Hangzhou Aike und Xinyue Biotech. Oft gehe es um Wanderarbeiter, die im ganzen Land unbezahlte Löhne einfordern. Selbst Beamte und Beschäftigte der lokalen Regierungen seien an vielen Orten unbezahlt geblieben, heißt es.



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