Existenzielle Krise in Kuba: Naht das Ende der sozialistischen Ära?

Die Corona-Krise legte die Reisebranche zeitweise beinahe still und brachte den eng getakteten Welthandel durcheinander. Wirtschaftlicher Abschwung trifft die Insel Kuba besonders hart – ist sie doch stark von Importen und dem Tourismus abhängig.
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Miguel Diaz-Canel, Präsident von Kuba, hat die Unruhen vorausgesehen.Foto: Hector Vivas/Getty Images
Epoch Times16. Juli 2021

Tausende Kubaner sind am Sonntag (11. Juli) und an den folgenden Tagen auf die Straßen gegangen. Überall im Land äußerten sie ihren Unmut gegen Mangelwirtschaft und Unterdrückung durch die sozialistische Regierung.

Es waren die größten Proteste seit 60 Jahren. Sie fanden in mehreren Städten beinahe zeitgleich statt. Nur Stunden nach den ersten Demonstrationen ließ die Regierung unter Miguel Díaz-Canel eine Reihe von Razzien durch Sicherheitskräfte durchführen. Die Regierung veranlasste auch, dass der Strom und das Internet abgeschaltet wurden, um die Proteste zu stoppen.

Die wirtschaftliche Lage auf der Insel und die Lebensbedingungen der Kubaner hatte sich während der Corona-Krise weiter verschlechtert – Gründe, die für die Absehbarkeit politischer Unruhen sprechen.

Russland und China: Verbündete Kubas

Das harte Durchgreifen der Regierung hatte in den USA und der EU kritik ausgelöst, berichtet der „Cicero“. Das muss das Regime in Havanna nicht beunruhigen – Russland und China sind die relevanten Partner Kubas.

Russland ließ gegenüber Havanna verlauten, dass die öffentliche Ordnung wiederherzustellen sei. Peking ermutigte: „China glaubt, dass Kuba unter der Führung der kubanischen Partei und Regierung sicher die soziale Stabilität erhalten wird.“

Russland ist Kubas militärische Schutzmacht, China sieht Kuba eher als einen ideologischen Verbündeten. Sowohl Kuba als auch China pflegen Kontakte mit Bolivien und Venezuela, die über begehrte Rohstoffe wie Lithium oder Öl verfügen. Im Austausch dafür vergibt das kommunistische Regime in Peking Kredite.

Regierung gesteht Fehler ein

Die aktuellen Proteste folgen einem wirtschaftlichen Abschwung, ausgelöst durch die Corona-Krise.

Früheren Protesten in der Geschichte Kubas waren ebenfalls wirtschaftliche Einbrüche vorausgegangen. Zum Beispiel während des Niedergangs der Sowjetunion. Der internationale Tourismus und ausländische Direktinvestitionen ermöglichten dem Castro-Regime in Havanna zu überleben.

Die aktuelle Situation wurde vom amtierenden Präsidenten Diaz-Canel antizipiert. Er hatte bereits vor dem eintretenden Abschwung begonnen, proaktiv Reformen einzuleiten. So wurde zum Beispiel die Existenzgründung erleichtert, Strafen für Preisspekulationen eingeführt und Devisentransaktionen an Flughäfen verboten.

Erst im vorigen Monat räumte Diaz ein, dass der Zufluss harter Währung in den vergangenen zwei Jahren um 2,89 Milliarden Dollar zurückgegangen sei. Er gab auch zu, dass trotz Bemühungen der Regierung die Lebensmittelimporte in diesem Jahr nicht ausreichten, um die Nachfrage zu befriedigen, berichtet der „Cicero“.

Wer rettet Kuba?

In den ersten Monaten dieses Jahres kamen weniger als 100.000 Touristen nach Kuba. Es scheint so, als hätte der Präsident bereits alle seine Möglichkeiten ausgeschöpft, einen wirtschaftlichen Wendepunkt herbeizuführen.

Bei den Protesten am 11. Juli waren auch Oppositionsgruppen beteiligt. Die „San-Isidro“-Bewegung und die „N27“ organisierten bereits im November letzten Jahres kleinere Anti-Regierungsdemonstrationen. Mit Hungerstreiks wollten sie die Regierung dazu bringen, die Kontrollen zu lockern und politische Gefangene aus der Haft zu entlassen.

Zu Beginn wollte die Regierung die Oppositionsgruppen nur beschwichtigen. Am Ende willigte sie dann ein, Gespräche mit den Demonstranten aufzunehmen. Diese führten zu keinem nennenswerten Resultat.

Damit bleiben Russland und China die zwei Kandidaten, die einspringen und Kuba bei der Bewältigung seiner Wirtschaftskrise helfen könnten. Beide Staaten haben vermutlich ein Interesse daran, dass die Insel unter sozialistischer Führung bleibt.

Eine der wenigen Stimmen aus der regierungskritischen Kulturszene, die noch erreichbar ist, ist Kathrin Bisquet, Aktivistin und Freundin des kürzlich nach seiner Rückkehr aus Berlin verhafteten Künstlers Hamlet Lavastida.

„Die Leute haben die Angst verloren“, sagt sie im Chatgespräch aus Havanna mit „Welt“, das wegen der technischen Probleme nur schwer umsetzbar war. „Das Volk hat jetzt die Straße übernommen. Das Volk hat jetzt die Macht über sein eigenes Schicksal“, so Bisquet. (nw)



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