Frankreich baut neu: Bis zu 14 Atomreaktoren geplant

Paris setzt weiterhin auf Atomenergie und Großkraftwerke. Die Politik muss allerdings noch grünes Licht geben. Verzögerungen könnte es durch technische Schwierigkeiten geben.
Frankreich: Ab 2024 Bau neuer Atomreaktoren
Das Atomkraftwerk Fessenheim in Frankreich.Foto: Christophe Karaba/Archiv/dpa
Von 17. November 2022

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Während Deutschland seine Kernkraftwerke abschaltet, baut Frankreich diese Form der Energieversorgung weiter aus. So will das staatlich dominierte französische Energieunternehmen Électricité de France (EDF) 2024 in Penly am Ärmelkanal mit Bauarbeiten für neue Atomreaktoren beginnen. EDF ist der zweitgrößte Stromerzeuger weltweit.

Konkret geht es zunächst um zwei von bis zu 14 neuen Druckwasserreaktoren der nächsten Generation, sagte am 16. November Gabriel Oblin, Direktor des EPR2-Projekts. „Wenn die politischen Entscheidungen zügig fallen, können wir Mitte 2024 dort mit den vorbereitenden Bauarbeiten beginnen.“ Die ersten Reaktoren könnten dann 2035 bis 2037 ans Netz gehen, fügte er hinzu. Die französische Regierung rechnet dabei laut „Handelsblatt“ mit Kosten von gut 50 Milliarden Euro.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte im Februar den Bau von sechs zusätzlichen Atommeilern bis 2035 angekündigt. Weitere acht Reaktoren könnten folgen.

Verzögerungen und deutliche Mehrkosten möglich

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass sich die Inbetriebnahme der neuen Großkraftwerke um mehrere Jahre verzögert. Grund zu dieser Annahme gibt der bislang einzige französische Druckwasserreaktor in Flamanville, der noch immer im Bau ist. Eigentlich sollte er schon vor zehn Jahren, im Jahr 2012, ans Netz gehen und 3,3 Milliarden Euro kosten. Der Rechnungshof von Frankreich schätzte 2020 die tatsächlichen Kosten auf 19 Milliarden Euro.

Flamanville soll nun voraussichtlich Ende 2023 ans Netz gehen können. Allerdings ist für 2024 ein erneutes Herunterfahren des Reaktors vorgesehen, damit der Betreiber den Reaktordeckel wechseln kann. Der Grund: Der verwendete Stahl wies Anomalien auf.

Derzeit läuft in Frankreich eine gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Debatte über den Ausbau der Atomkraft. Die Regierung brachte Anfang November ein Gesetz auf den Weg, das bürokratische Hürden für den Bau weiterer Kernkraftwerke abbauen soll. Demnach dürfen vorbereitende Bauarbeiten noch vor Abschluss der öffentlichen Debatte begonnen werden. Die Regierung will den Gesetzentwurf Ende des Jahres in der Nationalversammlung debattieren.

In Penly will Électricité de France zunächst das Gelände einebnen, auf dem der Reaktor gebaut werden soll. Die Betreiber planen, die sechs neuen Reaktoren jeweils paarweise an bereits bestehende Kernkraftwerke anzubauen. Ende 2027, also noch vor Ende der Amtszeit von Macron, soll in Penly der Bau der Reaktoren beginnen. Auf dem Höhepunkt der Bauphase 2029 sollen 7.500 Menschen auf der Baustelle arbeiten.

Das französische Parlament muss spätestens 2024 ein neues Energiegesetz verabschieden, in dem der Anteil der jeweiligen Stromquelle festgelegt werden soll. Macron wollte zu Beginn seines ersten Mandats noch den Anteil des Atomstroms von etwa 70 auf 50 Prozent herunterfahren und dazu 14 Reaktoren vom Netz nehmen. Später änderte er seine Meinung und kündigte an, auf Atomkraft und erneuerbare Energien zu setzen.

Mangellage vom Sommer scheint überwunden

Im Sommer 2022 musste der staatliche Stromversorger mehrere Reaktoren vorübergehend abschalten, um Rohrleitungen des Notkühlsystems auf kleinste Risse zu überprüfen. Wegen routinemäßiger Wartungen standen mehr Reaktoren als üblich still, weil während der Corona-Lockdown-Phasen Instandsetzungsarbeiten verschoben worden waren. Nun überschneiden sie sich mit den Korrosionsproblemen.

Höhepunkt der Ausfälle in der Kraftwerksbranche Frankreichs war der August. In jenem Monat musste das Land auf 32 der 56 Reaktoren verzichten. Im November waren noch 24 Meiler außer Betrieb.

Ende Oktober teilte Paris den Bürgern mit, dass sich die Probleme mit den Atomreaktoren dem Ende zuneigten. Pünktlich zum Winter soll wieder Verlass sein auf die Kernkraft, die in Normalzeiten rund 70 Prozent des französischen Stromverbrauchs abdeckt.

Energiewende in Frankreich

Frankreichs Präsident will erneuerbare Energien und Atomkraft gleichzeitig ausbauen, wie der „Stern“ berichtete. Dabei plant Emmanuel Macron, bis 2050 vor den französischen Küsten 50 Windparks zu bauen. Sieben Projekte sind bislang vergeben.

In konkreter Planung ist der Bau von zwei schwimmenden Windkraftanlagen im Mittelmeer. Das wären die ersten dieser Art in Frankreich. Die Betreiber können diese weiter von der Küste entfernt und in tieferem Gewässer platzieren. Hier fordert Macron einen schnelleren Ausbau und will die Projekte der Erneuerbaren doppelt so schnell wie bisher realisieren.

Marcons Vorhaben treffen auf starken Gegenwind auf der Straße, immer wieder kommt es zu Protesten gegen Windenergie-Projekte aller Art. Ein Offshore-Windpark mit 50 Turbinen, der vor der französischen Atlantikinsel Oléron im Golf von Biskaya geplant ist, muss nach Protesten verändert werden. Er wird wohl weiter ins Meer hinaus gebaut werden als geplant.

Auch der neue Gesetzentwurf der Regierung zum schnellen KKW-Ausbau sorgt bereits für Proteste, weil die Ergebnisse einer erst kürzlich gestarteten Bürgerbeteiligung zur Zukunft der Kernkraft nicht abgewartet werden.

(Mit Material der Agenturen)



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