Französische Gemeinde verbietet Mobiltelefone in der Öffentlichkeit

Sollen Handys aus dem öffentlichen Leben verbannt werden? Das haben jetzt zumindest die Einwohner eines französischen Dorfes beschlossen.
Eine Zeichnung mit einem durchgestrichenen Smartphone hängt am Rande von Dreharbeiten in einer Grundschule.
Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Von 16. Februar 2024

Wer kennt es nicht: Einem ist langweilig, man wartet auf die Bahn, sitzt im Bus oder am Tisch und vertreibt sich die Zeit mit seinem Mobiltelefon. Für die meisten Menschen gehört das stundenlange Texten, Telefonieren und Surfen schon zum Alltag. Man kann sich schwer vorstellen, dass es Zeiten ohne Mobiltelefone und Internet gab. Die Verwendung scheint praktisch, kann man doch E-Mails abrufen, etwas nachschlagen oder chatten. Doch manche halten diesen Trend für sozial unverträglich und sogar schädlich.

Eine kleine Gemeinde in Frankreich hat nun beschlossen, der Handy-Nutzung in der Öffentlichkeit den Kampf anzusagen. Vorangetrieben wurde das Vorhaben von Vincent Paul-Petit, dem Bürgermeister des Dorfes Seine-Port südlich von Paris. Er ließ die rund 2.000 Einwohner am 3. Februar über die neue Regelung abstimmen.

Die Verordnung verbiete die Nutzung von Handys vor Schulen, in Geschäften, beim Gehen auf der Straße und wenn man sich mit mehreren im öffentlichen Räumen befindet. Obwohl nur insgesamt 272 Bürger zur Wahl erschienen, das sind rund 20 Prozent der Wahlberechtigten, gewannen die Befürworter knapp mit 146 „Ja“- zu 126 „Nein“-Stimmen, wie die französische Zeitung „Le Parisien“ berichtet.

Rote Handy-Verbotsschilder säumen die Stadt

Mittlerweile hängen an vielen Geschäften, Schulen und öffentlichen Plätzen rote Handy-Verbotsschilder. Juristisch haltbar ist die Regelung nach Aussagen von Rechtsexperten nicht, aber das Thema spaltet die Gemüter. Während es vielen Eltern entgegenkommt, sind viele junge Menschen dagegen.

„Es ist eine Generationenfrage“, sagte der erst kürzlich pensionierte Postbeamte Jean-Luc Rodier, der für die Regelung gestimmt hat, gegenüber dem britischen „Guardian“. „Ich habe Angst vor Künstlicher Intelligenz wie ChatGPT. Generell bin ich nicht für Verbote, aber hier geht es darum, ein Zeichen gegen die Nutzung von Handys zu setzen.“

Sein Sohn hingegen empfindet das Verbot als Eingriff in seine Privatsphäre. „Ich verbringe fünf Stunden am Tag am Handy, was ich für angemessen halte“, so der 20-jährige Gabriel Rodier gegenüber der Zeitung. „Ich lese auch richtige Bücher. Aber ich schaue auch gern auf der Straße auf meinem Handy nach. Man kann Wissen nicht verbieten, wenn man es zur Hand hat.“

Suchtfaktor Mobiltelefon

Bürgermeister Paul-Petit betont, dass es ihm gar nicht so sehr um das Verbot ginge als darum, „den öffentlichen Raum vor einer Mobiltelefon-Invasion zu schützen“ und um etwas gegen den „Suchtfaktor“ zu tun.

„Wir werden einen Bäcker oder Metzger ermutigen, niemanden zu bedienen, der hereinkommt und auf seinem Handy scrollt: Wenn er ein Gespräch auf seinem Handy führt, kann er es draußen beenden und dann hereinkommen und ‚Hallo‘ sagen“, sagte Paul-Petit.

Die Regelung macht auch nicht vor dem eigenen Heim Halt. Sie schlägt Eltern vor, alle Bildschirm-Aktivitäten am Morgen, bei den Mahlzeiten, abends vor dem Schlafengehen und sogar im Schlafzimmer zu verbieten. Die Krankenschwester Ludivine Printz begrüßt den Vorstoß. „Jeder hängt zu viel am Bildschirm. Ich habe dafür gestimmt, das könnte eine Lösung sein“,  sagte die Mutter von zwei ein und vier Jahre alten Kindern.

„Manche sagen, es sei ein Angriff auf die Freiheiten, aber das glaube ich nicht“, so Printz weiter. Vielmehr gehe es darum, Bewusstsein für die Auswirkungen von Handys auf das Leben zu schaffen. Früher hatte sie im Hintergrund öfter den Fernseher laufen, den schaltet sie nun immer ab. Auch hat sie die Bildschirmzeiten für ihre Kinder eingeschränkt.

Zu wenig Angebote für Kinder und Jugendliche?

Die jungen Leute im Dorf beklagten sich hingegen, dass es nicht genügend Einrichtungen und Angebote für Teenager gebe. „Keine Handys im öffentlichen Raum? Aber in Seine-Port gibt es doch gar nichts für Jugendliche!“, sagten die zwei 18-jährigen Maxence und Lenka gegenüber dem „Le Parisien“. „Es ist besser, die Eltern zur Verantwortung zu ziehen, weil Kinder ihr Verhalten nachmachen.“

Mit dieser Meinung sind sie nicht allein. Auch Eltern forderten mehr Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche. „Ob wir es wollen oder nicht, Bildschirme sind Teil des Lebens dieser Generation“, sagte Merry Landouzy dem „Guardian“. Die Mutter von zwei zehnjährigen Zwillingen betreut behinderte Kinder an einer Schule. „Wenn wir die Kinder mit interessanten Aktivitäten beschäftigen, hauptsächlich draußen, dann wollen sie gar nicht mehr am Bildschirm sitzen.“ Ihre Tochter sei das beste Beispiel dafür. Als Fußballerin würde sie am liebsten draußen sein.

Der Appell der Bürger ist beim Bürgermeister angekommen. Er hat einen Filmclub, Büchertauschbörsen und Sporteinrichtungen versprochen. Das Verbot bleibt jedoch weiter in Kraft, auch wenn es dafür keine gesetzlich verankerte Grundlage in Frankreich gibt. Mit anderen Worten: Sollte sich jemand nicht an die neue Regelung halten, ist es schwierig, Sanktionen zu verhängen. Es bleibt also noch offen, wie viele sich künftig tatsächlich an die neue Verordnung halten.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion