Italien sagt „arrivederci“ zu Chinas Neuer Seidenstraße

Ein Prestigeverlust für Peking: Italien zieht sich aus der chinesischen Investitionsoffensive der Neuen Seidenstraße zurück. Es brachte für Italien nicht den gewünschten Erfolg.
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Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Rom am 6. November 2023.Foto: Tiziana Fabi/AFP via Getty Images
Von 7. Dezember 2023

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Vor einigen Tagen zog sich Italien ohne großen öffentlichen Auflauf im Einvernehmen mit den chinesischen Behörden aus der Neuen Seidenstraße zurück. So wird es zumindest in der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ berichtet.

Nach wochenlangen vertraulichen Verhandlungen und diplomatischem Tischtennis übergab Rom China das entsprechende Protokoll. Der formelle Ausstieg erfolgt durch die Kündigung des Abkommens. Hätte Rom nicht Peking vor dem Jahresende offiziell benachrichtigt, dann hätte sich das Abkommen automatisch um weitere fünf Jahre verlängert. Es läuft am 22. März 2024 aus.

Der Stolperstein ist, Peking nicht zu sehr zu verärgern. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sagte beim G20-Gipfel in Delhi im September, dass ein Ausstieg aus dem Projekt „die Beziehungen zu China nicht beeinträchtigen“ werde.

Länder ohne Seidenstraße sind besser dran

„Die Seidenstraße ist nicht unsere Priorität“, erklärt Italiens Außenminister Antonio Tajani in diesem Zusammenhang. „Wir haben gesehen, dass die Seidenstraße nicht die erhofften Effekte gebracht hat. Im Gegenteil: Die, die nicht Teil des Seidenstraßen-Projekts sind, haben bessere Ergebnisse erzielt.“ Das berichtete eine der führenden italienischen Nachrichtenagenturen, Adnkronos.

2019 trat Rom dem Abkommen bei – was in den USA und der EU auf Unbehagen stieß. Die damalige Regierung unter Giuseppe Conte glaubte, dass damit der Handel Italiens gesteigert und Investitionen in große Infrastrukturprojekte gesichert würden.

Nichts davon kam zustande. Das Handelsdefizit Italiens mit China wuchs seither von 20 Milliarden Euro auf 48 Milliarden Euro. Wie die italienische Epoch Times berichtete, sei die „Belt and Road“ Initiative (Neue Seidenstraße-Projekt) eine „Einbahnstraße für China“. Es habe keine wesentliche Steigerung des Exports Italiens nach China gegeben, stattdessen brachte China eine größere Menge an Waren nach Italien.

Was könnte Italien nun drohen?

Ein Sektor, in dem Chinas Behörden Italien nun Probleme bereiten könnten, ist die Luxusindustrie. Chinesische Konsumenten kaufen in Italien besonders gern Luxusprodukte wie handgefertigte Taschen, Schuhe, Kleidung und Accessoires von renommierten Marken wie Gucci, Prada und anderen Luxus-Modehäusern.

„Made in Italy“-Labels stehen in China für Exklusivität und Eleganz. Italienische Produkte werden für ihre Handwerkskunst, Qualität, Stil und Ästhetik sowie ihre kulturelle Bedeutung geschätzt.

In den letzten Jahren entwickelte sich ein spezieller Trend des chinesischen Shoppings: die sogenannten „Dai Gou“ (auf Deutsch: Einkaufsvertreter). Diese sind erkennbar daran, dass sie mit langen Selfiesticks neben den Ständen der Designermarken stehen. Sie chatten live mit Kunden in China, sind der lange Arm der chinesischen Interessenten, drehen Videos und kaufen auf Wunsch groß ein. Luxus-Online-Shopping in China hat exponentiell zugenommen.

Zum anderen leben viele chinesische Expats in Italien. Sie haben laut Federica Montelli, Chefdesigner bei der italienischen Luxusmarke Rinascente, ein großes Interesse an Luxus und große Budgets, die ausgegeben werden können.

Gewinn für Meloni

Die Erklärung beendete monatelange Spekulationen und kann von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als Erfolg verbucht werden. Sie nannte den damaligen Beitritt zu Chinas Neue Seidenstraße-Projekt einen „schweren Fehler“ und versprach in ihrem Wahlkampf, sich aus dem Abkommen zurückzuziehen.

In Washington wurde das Verfahren höchst aufmerksam beäugt. Als der neue US-Botschafter Jack Markell seine Arbeit in Italien antrat, war seine erste Frage, die er italienischen Behörden stellte, wann Italien aus der „Belt and Road“ austritt. Er fragte auch, wie das Parlament die Entscheidung ratifizieren würde. Bisher sind die Abgeordneten und Senatoren nicht zur Abstimmung aufgerufen worden, da die ausschließliche Zuständigkeit bei der Regierung liegt.

Laut der Ministerpräsidentin ist „die Seidenstraße nicht der richtige Weg, um Beziehungen zu Peking zu unterhalten“, wie sie bereits bei einem Besuch in Washington bei US-Präsident Joe Biden erklärt hatte.

China spricht von „Verleumdung“

China sprach nach dem Rückzug Italiens aus der Investitionsoffensive von „Verleumdung“.

Das Land wende sich „entschieden gegen die Verleumdung und Untergrabung der Zusammenarbeit“ bei dem gemeinsamen Projekt der Seidenstraße, so der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, am Donnerstag in Peking. Er wandte sich auch gegen eine „Konfrontation und Spaltung“ zwischen einzelnen Lagern.

Wang nahm nicht direkt Bezug auf Italien, verwies aber auf die mehr als 150 an der Initiative beteiligten Länder als Beweis dafür, dass es sich bei dem Investitionsprojekt um die derzeit „größte internationale Kooperationsplattform“ und eine beliebte Initiative handle.

EU und NATO sind erfreut

In Brüssel sorgten die Neuigkeiten aus Rom hingegen für gute Stimmung. In der EU und der NATO wurde Italiens Beteiligung zuletzt immer mehr als strategischer Fehler und auch als Sicherheitsrisiko angesehen. Allgemein gilt dort gerade das Ziel, wirtschaftliche Abhängigkeiten zu verringern.

Bei der NATO sieht man insbesondere die Gefahr, dass Peking versuche, „Schlüsselbereiche der Technologie- und Industriesektoren, kritische Infrastruktur sowie strategisches Material und Lieferketten unter ihre Kontrolle zu bringen“.

Auch beim EU-China-Gipfel an diesem Donnerstag in Peking dürfte es für China nicht viele positive Nachrichten geben. So haben Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel deutlich gemacht, dass die EU Handelsbeschränkungen wie Sonderzölle erlassen könnte, wenn China weiterhin unfaire Subventionspraktiken verfolgt und den eigenen Markt für europäische Unternehmen verschließt.

(Mit Material der Agenturen)

 

 

 

 

 

 

 



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