Kanada: Internetfreiheit in Gefahr

Kanada will das Internet per Gesetz reglementieren. Abzusehen sind massive Einschnitte in die freie Meinungsäußerung.
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Internetnutzer. Symbolbild.Foto: iStock
Von 21. April 2022


Kanada steht möglicherweise vor einer umfassenden Reglementierung und Kontrolle des Internets. Die Regierung von Justin Trudeau hat ein Internetzensurgesetz vorbereitet, das nun kurz vor der Abstimmung steht.

„Reclaim the net“, das sich für eine freie Meinungsäußerung einsetzt, sieht in dem Vorstoß einen weiteren massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Kanadier. Eine Verabschiedung des Gesetzes werde das Onlineverhalten der Kanadier nachhaltig beeinflussen. So regele es unter anderem, wie sich die Menschen im Internet ausdrücken und auf welche Inhalte sie zugreifen dürfen.

„Wie jede andere deklarativ-liberale Demokratie, die gefährlich nahe daran ist, die Grundlagen ihres eigenen Systems zu untergraben, versichert die kanadische Regierung den Bürgern, dass ihre Freiheiten in keiner Weise beschnitten werden“, heißt es auf der Seite weiter.

Kritiker warnen vor Aussagen der Politiker

Doch warnen Kritiker, den Aussagen der Politiker Glauben zu schenken. Der Gesetzentwurf spreche eine andere Sprache. Mit einer künftigen Regelung sollen soziale und andere Onlineplattformen gezwungen werden, bestimmte Kategorien von Inhalten künstlich zu priorisieren. Dazu gehören laut „Reclaim the Net“ zum Beispiel jene, die unterschiedliche ethnokulturelle Hintergründe, sozioökonomische Status, Fähigkeiten und Behinderungen, sexuelle Orientierungen, Geschlechtsidentitäten fördern.

Der Gesetzentwurf geht auf eine Idee des derzeitigen kanadischen Ministers für Umwelt und Klimawandel, Steven Guilbeault, zurück, der 2020 noch als Minister für kanadisches Kulturerbe im Amt war. Er sagte seinerzeit, dass, sobald das Gesetz in Kraft tritt, eine neue Regulierungsbehörde ernannt wird, um sicherzustellen, dass es umgesetzt wird und „Hassreden überwacht“ werden, zitiert ihn „Reclaim the Net“.

Zahlreiche „Befürworter der Redefreiheit verschiedener ideologischer und politischer Überzeugungen“ kritisierten die Vorlage. Im Fokus steht dabei der Plan, dass die Rundfunk-Regulierungsbehörde Canadian Radio Television and Telecommunications (CRCT) künftig als Regierungsinstrument dienen solle. Die Kritiker befürchten das Ende der „Ära des offenen Internets“ in Kanada.

Ist eine freie Meinung eine Gefahr?

Digitale Bürgerrechtsorganisationen wie die Electronic Frontier Foundation (EFF) haben das Vorhaben der Regierung scharf kritisiert. Daphne Keller bezeichnete es als eine „Sammlung der schlechtesten Ideen der Welt“. Keller ist verantwortlicher Platform Regulation Director am Stanford Cyber Policy Center. 

Für den Juraprofessor Michael Geist ist die Regulierung „schwindelerregend“. Die Regierung behandele die freie Meinungsäußerung wie eine Gefahr, die eingeschränkt werden müsse. 

Die in einem Entwurf aufgeführten Ideen enthalten laut der EFF sehr weit gefasste Kategorien für „schädliche Inhalte“. Sie schlössen ausdrücklich auch Meinungsäußerungen ein, die zwar legal seien, aber potenziell verletzend oder beleidigend sein könnten. 

Darüber hinaus sei eine sehr kurze Frist von nur 24 Stunden für die Löschung von Inhalten vorgesehen. Laut EFF sei das aber viel zu kurz für eine angemessene Berücksichtigung und Bewertung von Zusammenhängen und Nuancen der Meinungsäußerung. Offenbar habe man sich hier am deutschen Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) orientiert.

Kommunikation nur unter Aufsicht der Regierung

Der Plan der Politiker sei ein „beispielloses System der Onlineüberwachung gewöhnlicher Menschen in Kanada“, zitiert der Journalist Peter Menzies den OpenMedia-Direktor Matt Hatfield in der kanadischen Ausgabe der Epoch Times. Menzies, der selbst stellvertretender Vorsitzender der Rundfunk-Regulierungsbehörde Kanadas war, zeigt sich pessimistisch. Es deute vieles darauf hin, dass die Regierung davon überzeugt sei, dass der Austausch nur noch unter ihrer Aufsicht erfolgen sollte.

In einem anderen Kommentar in der kanadischen Epoch Times nannte der Anwalt John Carpay bereits im Mai 2021 die Verabschiedung des Gesetzes einen „weiteren Schritt in Richtung eines totalitären Alptraums“. Naive Bürger würden von einer Regierung „geschützt“, die sie aber wie Vieh behandele und nicht wie Menschen, „deren Würde und Freiheit zu respektieren sind“.



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