Klageschrift: Pfizer soll „wissentlich“ mangelhafte Kindermedikamente verkauft haben

Jahrelang vertrieb Pfizer das mangelhafte Stimulans Quillivant XR für Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen laut einer Klageschrift in den USA. Dabei soll es rein um Profit gegangen sein.
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Das Logo des Pharmakonzerns PfizerFoto: Dan Kitwood/WPA Pool/Getty Images
Von und 23. November 2023

Der Pharmakonzern Pfizer und einer seiner Partner haben ein Medikament an Kinder ausgegeben, obwohl sie wussten, dass das Arzneimittel bei Qualitätstest durchgefallen war. Dies geht aus einer Klageschrift hervor, die am Montag, 20. November, im US-Bundesstaat Texas eingereicht wurde.

Pfizer und Tris Pharma vertrieben Quillivant XR, obwohl den Unternehmen bekannt war, dass das Medikament nicht den Bundesstandards entsprach, heißt es in der Klage des texanischen Generalstaatsanwalts Ken Paxton. Das Medikament wird normalerweise Kindern mit der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) verschrieben.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat Quillivant im Jahr 2012 genehmigt. Doch schon bald nach der Zulassung sei das Medikament bei Qualitätskontrollen durchgefallen. Quillivant ist auch als Methylphenidat bekannt und ist ein Stimulans. Während der Corona-Pandemie kam es laut einer Studie vom März verstärkt zu Verschreibungen von Stimulanzien.

Anstatt den Mängeln nachzugehen, wie es die Bundesvorschriften vorschreiben, soll der Konzern Tris Pharma nach Angaben der Staatsanwaltschaft mehrfach die Testmethoden geändert haben, um positive Ergebnisse zu erzielen.

Der Pharmakonzern habe unter finanziellem Druck gestanden, „schnell in die Produktion zu gehen“, um Gewinne zu erzielen, „jedoch ohne angemessene Kontrollen“, heißt in der Klageschrift.

Gefahrensubstanz der Kategorie II

Quillivant wird in Pulverform hergestellt und wird mit Wasser aufbereitet. Das Medikament zählt als Gefahrensubstanz der Kategorie II. Die FDA verlangt von Lieferanten, einen Warnhinweis über Missbrauch, Abhängigkeit sowie Nebenwirkungen anzubringen, wozu unter anderem Übelkeit, Erbrechen und Schlaflosigkeit gehören.

„Ich bin entsetzt über die Unehrlichkeit, die wir bei dieser Untersuchung aufgedeckt haben“, erklärte Paxton.

Pfizer und Tris haben die Probleme mit Quillivant absichtlich verheimlicht, um die vom Steuerzahler finanzierte Medicaid-Leistungen in Texas zu erhalten. Sie haben den Staat betrogen und Kinder gefährdet.“

Unseriöse Testverfahren

Das Medikament wurde von Pfizers Tochtergesellschaft Nextwave Pharmaceuticals entwickelt und im Mai 2012 von Pfizer übernommen. Ein Bericht von Tris Pharma aus demselben Jahr weist bereits auf die Mängel des Medikaments hin.

Statt das Arzneimittel zu überprüfen, soll das Unternehmen seine Laboranten nur dazu angehalten haben, die Mischung länger zu schütteln und nur dann zu testen, wenn keine Schaumbildung zu beobachten war, heißt es in der Klage. Aber auch das habe die Mängel nicht behoben.

Daraufhin habe Tris Pharma eine neue, nicht zugelassene Testmethode eingeführt. Die Probe sollte nach dem Schütteln 30 Minuten lang stehen gelassen und im Anschluss mit Ultraschall behandelt werden. Zuletzt sollte die Mischung vorsichtig mit einem Spatel oder Glasstab eine weitere Minute lang gerührt werden.

Auf dem FDA-Etikett für Apotheker und andere Gesundheitsdienstleiter steht nur darauf, dass die Mischung 10 Sekunden geschüttelt werden soll. Die Ultraschallbehandlung und die anderen Schritte werden nicht erwähnt.

Pfizer wusste von den „nicht ordnungsgemäßen“ Testverfahren

Eine interne E-Mail von Pfizer, die Generalstaatsanwalt Paxton vorliegt, erwähnt, dass die Änderung der Testmethode durch Tris Pharma „nicht ordnungsgemäß“ sei. Umso überraschter war der Generalstaatsanwalt, dass Pfizer die Änderungen von Tris Pharma genehmigte und nicht intervenierte, so die Klageschrift.

Das Verschweigen der Informationen führte dazu, dass die texanischen Behörden das Medikament im staatlichen Medicaid-Gesundheitsfürsorgeprogramm bevorzugt empfahlen. Für Pfizer sei das eine vielversprechende Möglichkeit zur Umsatzsteigerung gewesen, so Paxton.

Bereits im Jahr 2013 beschwerten sich Verbraucher über eine „fehlende Wirkung“. Doch noch bevor sich die Unternehmen einigten, wie sie darauf reagierten, trennten sie sich.

Pfizer soll laut Klage darauf bestanden haben, dass die Mängel auf die Titration in der Apotheke bzw. Krankenhäusern zurückzuführen sei, während Tris Pharma den Beschwerden angeblich nachgehen wollte.

Pfizer habe zudem Patienten und Pflegepersonal für den angeblich nicht ordnungsgemäßen Umgang mit dem Medikament verantwortlich gemacht.

Trotz Hinweise wurde das Medikament weiter hergestellt

Trotz Hinweise der FDA im Jahr 2014 und 2015, stellten Pfizer und Tris Pharma das Medikament weiter her und vertrieben es. Als die FDA im Jahr 2017 Verstöße gegen Bundesvorschriften feststellte, rief Pfizer einige Chargen aufgrund von Testfehlern zurück.

Tris Pharma soll Pfizer damals geraten haben, alle Chargen zurückzuhalten, bis die Mängel behoben waren. Pfizer soll Tris Pharma aber gedrängt haben, die Lieferung aufrechtzuerhalten, so die Klage.

Die FDA teilte in einem Schreiben mit, dass die einzige Testmethode diejenige sei, die die Behörde genehmigt habe, und erklärte, dass die anderen Methoden, die Tris mit zusätzlichen Schüttelprozessen entwickelt hatte, inakzeptabel seien.

Trotz der Probleme hat Pfizer die texanischen Behörden nicht informiert.

In einer weiteren E-Mail von Pfizer, die Paxton vorliegt, heißt es: „Ich bin immer weniger davon überzeugt, dass wir tatsächlich wissen, wie man dieses Produkt herstellt.“

Pfizer verkaufte im Jahr 2018 die Tochtergesellschaft, die Quillivant entwickelt hatte, an Tris Pharma.

Tris Pharma erklärte damals, dass die Probleme mit dem Medikament auf die nicht genehmigten Testmethoden zurückzuführen seien.

Laut der Klage haben sowohl Pfizer als auch Tris Pharma gegen texanisches Gesetz zur Verhinderung von Medicaid-Betrug verstoßen.

Paxton strebt ein Geschworenengerichtsverfahren an. Er möchte, dass alle Zahlungen an die Unternehmen und alle Vorteile, die sie aufgrund der mutmaßlichen illegalen Handlungen erhalten haben, an den Staat Texas gehen. Außerdem werden zusätzliche Strafen wie zum Beispiel eine Entlastung von mehr als 1 Million Dollar gefordert.

Die Klage wurde am 8. November bei einem Gericht in Harrison County eingereicht und am Montag verlesen.

Pfizer und Tris haben bisher nicht auf Bitten um Stellungnahme reagiert.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Pfizer ‚Knowingly Distributed‘ Adulterated Drugs to Children: Lawsuit (deutsche Bearbeitung nh)



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