Letzte Bastion der Hamas vor Militäroffensive – Israel schlägt Zeltstädte für Rafah-Bevölkerung vor

Israels geplante Offensive auf Rafah sorgt für Unruhe. Derweil kommen die Verhandlungen in Kairo zu einem Waffenstillstand nur stockend voran. Ägypten, Katar und die USA bemühen sich um eine längere Feuerpause im Gaza-Krieg.
US-Präsident Joe Biden (l) und der jordanische König Abdullah II. warnen vor einer Offensive.
US-Präsident Joe Biden (l.) und der jordanische König Abdullah II. warnen vor einer Offensive.Foto: Evan Vucci/AP
Epoch Times13. Februar 2024

Israel schlägt die Schaffung weitläufiger Zeltstädte in Gaza als Teil eines Evakuierungsplans vor, bevor die geplante Militäroffensive auf Rafah im Süden des Gazastreifens beginnt. Der Vorschlag wurde bei den Verhandlungen für eine Waffenruhe in den vergangenen Tagen vorgelegt.

Gut vier Monate nach Beginn des Gaza-Krieges sieht Israel Rafah als letzte Bastion der Hamas und plant dort eine Militäroffensive, was international Kritik und Besorgnis auslöst. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte seine Armee in der vergangenen Woche angewiesen, einen „kombinierten Plan zur Evakuierung der Bevölkerung und zur Zerstörung der Bataillone“ der Hamas in Rafah vorzulegen.

Ein solches Vorgehen dürfe „nicht ohne einen glaubwürdigen Plan zur Gewährleistung der Sicherheit und Unterstützung von mehr als einer Million Menschen, die dort Schutz suchen, stattfinden“, sagte US-Präsident Biden nach einem Treffen mit Jordaniens König Abdullah II. im Weißen Haus. Viele Menschen dort seien von anderen Orten mehrfach vertrieben worden.

Jetzt seien sie in Rafah „zusammengepfercht, ungeschützt und wehrlos“, sagte Biden und forderte: „Sie müssen geschützt werden“. Die US-Regierung habe zudem von Anfang an deutlich gemacht, dass sie gegen jede Zwangsvertreibung von Palästinensern aus dem Gazastreifen sei.

Ägypten, Katar und die USA bemühen sich derzeit erneut darum, eine längere Feuerpause im Gaza-Krieg herbeizuführen. Im Rahmen eines Abkommens sollen in mehreren Phasen die noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gegen palästinensische Gefangene in Israel ausgetauscht werden. Die Verhandlungen kommen derzeit nur schleppend voran, sollen aber israelischen Medienberichten zufolge nun in Kairo fortgesetzt werden.

Wie Israel sehen auch die arabischen Regierungen den Gazastreifen und die Palästinenser als existenzielle Bedrohung an. Die arabischen Regierungen versuchen, die Palästinenser in den an Israel angrenzenden Gebieten einzudämmen, damit sie Israels Problem bleiben.

Zeltstädte im Südwesten des Gazastreifens

Wie das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf ägyptische Beamte berichtete, sieht Israels Vorschlag die Einrichtung von 15 Lagern mit jeweils rund 25.000 Zelten im südwestlichen Teil des abgeriegelten Küstengebietes vor. Ägypten wäre für die Errichtung der Lager und Feldkrankenhäuser zuständig, so die Beamten. Die Camps würden voraussichtlich von den USA und ihren arabischen Partnern finanziert.

Ägypten würde zudem mit Israel gemeinsam entscheiden, wie verletzte Palästinenser den Gazastreifen verlassen könnten, so die ägyptischen Beamten.

Kairo erklärte, dass es seinen Friedensvertrag mit Israel von 1979 aussetzen würde, wenn Palästinenser die Grenze von Rafah überqueren würden, um vor einer israelischen Offensive zu fliehen, berichtete das „Wall Street Journal“. Ägypten fürchtet für den Fall einer Militäroffensive auf Rafah, dass es zum Ansturm von Palästinensern auf die ägyptische Sinai-Halbinsel kommen könnte.

Ägypten riegelte seine Grenze nach der Machtübernahme durch die Hamas im Jahr 2007 ab. Um den Transport von Waffen und Terroristen über Tunnel zwischen Ägypten und Gaza zu unterbinden, schuf es eine kilometerbreite Pufferzone, indem es die Sinai-Stadt Rafah auf der ägyptischen Seite der Grenze zerstörte, wodurch etwa 70.000 Menschen vertrieben wurden. Außerdem flutete Ägypten die Tunnel und errichtete eine sechs Meter hohe Stahlbetonmauer, die bis zu fünf Meter unter die Erde reicht.

Jordaniens König: Dieser Krieg muss aufhören

US-Präsident Biden äußerte sich am 12. Februar nach einem Treffen mit Jordans König Abdullah II. im Weißen Haus. Biden zufolge arbeite die USA an einem Abkommen zwischen Israel und der Hamas. Dieses könne Gaza eine „sofortige und anhaltende Zeit der Ruhe für mindestens sechs Wochen“ bringen. In der Pause könnten sie dann auf eine dauerhaftere Kampfpause hinarbeiten.

Der jordanische König Abdullah II. fordert einen sofortigen, dauerhaften Waffenstillstand. Er warnte vor einer Offensive. „Wir können uns einen israelischen Angriff auf Rafah nicht leisten. Er wird mit Sicherheit zu einer weiteren humanitären Katastrophe führen“, sagte er. Die Situation sei bereits unerträglich für die mehr als eine Million Menschen, die dort Schutz suchen. „Dieser Krieg muss aufhören.“

Ebenso wie Ägypten lehnt Jordanien die Aufnahme von palästinensischen Flüchtlingen ab. Das Land hat eine komplexe Beziehung zu den Palästinensern und beherbergt eine bedeutende palästinensische Bevölkerung, von der viele bereits in der zweiten oder dritten Generation in Jordanien leben. Die Erinnerungen an den „Schwarzen Septembers“ 1970 sind jedoch weiterhin lebendig. In diesem Bürgerkrieg wurden Tausende Menschen getötet – und er führte zur Vertreibung der bewaffneten Elemente der PLO aus Jordanien.

Baerbock reist erneut nach Israel

Auch Deutschland hatte Israel zuvor erneut eindringlich zum Schutz der Zivilisten in Rafah aufgerufen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte in Berlin, es gelte, was Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schon am Wochenende erklärt habe.

Bevor es zu weiteren größeren Offensiven auf Rafah gegen die Hamas kommen sollte, müsse Israel klar darlegen, „wo und wie diese Menschen Schutz finden können – und zwar effektiven Schutz finden können“. Am 14. Februar wolle Baerbock zu ihrer fünften Reise nach Israel seit dem Terrorangriff der Hamas auf das Land am 7. Oktober aufbrechen, hieß es.

UN-Sprecher: Beteiligen uns nicht an Vertreibung

Israels Regierung hat die in der Region tätigen UN-Organisationen dazu aufgefordert, bei der Evakuierung von Zivilisten aus Rafah zu helfen.

Alles, was im südlichen Teil der Region an der Grenze zu Ägypten passiere, müsse unter voller Achtung des Schutzes der Zivilbevölkerung stattfinden, sagte dazu UN-Sprecher Stéphane Dujarric in New York. Und: „Wir werden uns nicht an der Vertreibung von Menschen beteiligen“.

Zudem stellte er infrage, dass es in anderen Gebieten Gazas sichere Zufluchtsstätten gebe, auch angesichts der vielen Blindgänger.

China ruft nur Israel zum Frieden auf

China hat Israel aufgerufen, seinen Militäreinsatz in Rafah im Süden des Gazastreifens „so schnell wie möglich“ zu stoppen. Wenn dies nicht geschehe, werde sich die „humanitäre Katastrophe“ in der palästinensischen Stadt noch verschlimmern, erklärte am 13. Februar das Außenministerium in Peking. Israel müsse „alles tun, um unschuldige zivile Opfer und eine noch schlimmere humanitäre Katastrophe zu vermeiden“.

„China verfolgt aufmerksam die Entwicklungen in der Region Rafah und verurteilt alle Aktionen, die Zivilisten schädigen und internationales Recht verletzen“, hieß es in der Erklärung des Außenministeriums weiter.

Israel sieht – ebenso wie internationale Analysten – Peking in diesem Konflikt nicht als neutral an. Enge Kontakte zwischen China, Russland und der Hamas sind schon lange dokumentiert und reichen bis weit in die 1960er-Jahre zurück – inklusive Waffenlieferungen und militärischen Ausbildungen – während China und Israel erst 1992 offizielle diplomatische Beziehungen aufnahmen.

Die Türkei wirft Israel eine gezielte Vertreibung von Palästinensern vor. „Wir betrachten diese Operation als Teil eines Plans zur Vertreibung der Menschen in Gaza aus ihrem eigenen Land“, teilte das türkische Außenministerium in Ankara mit. Man sei „äußerst besorgt“ über die zunehmenden Angriffe in der Region Rafah. Damit werde die humanitäre Tragödie in Gaza noch verschärft und Bemühungen um einen dauerhaften Waffenstillstand in der Region untergraben, hieß es. (dpa/red)



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