„Niemand kennt die tatsächliche Zahl der Todesopfer“: Migranten riskieren ihr Leben auf dem Weg in die USA

Migranten aus Mittel- und Südamerika, die in die USA wollen, stehen in Kolumbien vor einem Problem: Es gibt keine Straßenverbindung nach Panama. Von da an geht es eine Woche lang zu Fuß durch eines der gefährlichsten Dschungelgebiete, den „Darien Gap“. Michael Yon schreibt: „Niemand kennt die tatsächliche Zahl der Todesopfer. Ich gehe davon aus, dass 10 Prozent bei der Durchquerung des Darien sterben.“
Titelbild
Panama: Ein Kanu, das Migranten den Rio Tuquesa hinunter zum Dorf La Peñita bringt; 27. Mai 2021.Foto: Michael Yon
Von 13. Juni 2021

Der Kriegsberichterstatter Michael Yon ist auf den Routen der Migranten von Südamerika in die USA unterwegs. Er berichtet detailliert von ihren Strapazen und bemerkenswerten Begegnungen. Die Epoch Times präsentiert Auszüge aus seinem Tagebuch.

27. Mai 2021

Bajo Chiquito, PANAMA – Nur die Überlebenden schaffen es in die Einbäume. Vom Dorf Bajo Chiquito aus fahren indianische Schleuser Migranten in langen, schmalen Booten den Rio Tuquesa hinunter. Es erinnert an eine Völkerwanderung. Nach ein paar Stunden Fahrt erreichen sie die Auffanglager. Die Migranten werden in Luxusbusse gesetzt und nach Costa Rica gebracht – und sind dem Ziel USA wieder ein Stück näher gekommen.

Um aber nach Bajo Chiquito zu gelangen, müssen die Migranten 100 Kilometer zu Fuß zurücklegen. 100 Kilometer durch den unwegsamen Dschungel des Darien Nationalparks. Hier, zwischen Turbo, Kolumbien und Yaviza, ist Panama die einzige Lücke der Panamericana zwischen Alaska und Feuerland, der sogenannte „Darien Gap“.

Die Geschichten der Migranten, die Darien durchqueren, sind erschreckend. Täglich geschehen Ereignisse, mit denen man einen Bestseller wie „Into the Wild“ schreiben könnte. Darien Gap ist „Into the Wild“.

Der Weg führt sie durch dichten Dschungel, über Berge und mächtige Flüsse. Schlangenbisse sind an der Tagesordnung. Unterwegs werden viele vergewaltigt und ermordet. Oft finden sich Kinder als Waisen in den Armen anderer wieder. Die Eltern – meist nur die Mütter – sterben im Dschungel.

Manche finden auch einfach nicht mehr aus dem undurchdringlichen Gelände heraus. Regelmäßig treiben Leichen den Rio Tuquesa hinunter. Manche ertrinken bei der Überquerung des Flusses. Manche kampieren am Ufer und werden von Sturzfluten weggeschwemmt, manchmal zu Dutzenden.

Ein kolumbianischer Arzt erzählte uns, dass allein am 26. Mai zehn Migranten ertrunken sind. Er sagte, das sei normal. Und ich weiß, dass es so ist, weil ich seit drei Monaten hier bin.

Niemand kennt die tatsächliche Zahl der Todesopfer. Ich gehe davon aus, dass 10 Prozent bei der Durchquerung des Darien sterben. Die Zahl basiert auf vielen Interviews mit Migranten, auf den Angaben der einheimischen Embera-Indianer und dem medizinischen Personal. Und auf den Angaben von Panamas hochprofessionellem Senafront (Grenzschutz), der viel Zeit damit verbringt, Leichen einzusammeln.

Reise flussaufwärts

Am 27. Mai begleitete mich der republikanische Kongressabgeordnete Tom Tiffany aus Wisconsin bei einer Einbaumfahrt. Weniger als 24 Stunden von den Vereinigten Staaten entfernt und nun mehrere Stunden in einem Einbaum auf dem Rio Tuquesa. Das echte Leben im Indianerland. Kein Telefonservice. Keine Sicherheit. Keine Unterstützung.

Nach einiger Korrespondenz vor seiner Reise war ich zuversichtlich, dass Tiffany verstand, worauf wir uns einlassen würden. Schließlich ist er auf einer Farm aufgewachsen, und Farmer sind Schnelllerner, was gefährliche Dinge angeht.

Er wollte sich in Bajo Chiquito ein eigenes Bild von dem stetigen Migrantenstrom machen. Insbesondere von den Migranten, die nicht aus Süd- oder Mittelamerika stammen und deren Zahl noch nie so hoch war. Er wollte ihre Geschichten aus erster Hand hören.

Die berühmte japanische Auslandskorrespondentin Masako Ganaha saß vor mir im Kanu und drehte das hier eingebettete Video unserer Fahrt.

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Tückische Flussfahrt im Einbaum

Die Flüsse sind ungemein tückisch. Selbst die Indianer, die auf eine jahrhundertelange Erfahrung zurückgreifen können, haben bei Sturzfluten nur wenige Minuten Vorwarnzeit. Baumriesen treiben den Fluss hinab. Sich ständig neu formierende Hindernisse aus versunkenen Objekten – meist umgestürzte Bäume – erzeugen tückische Strömungen. Wenn der Außenbordmotor eines Einbaums im falschen Moment ausfällt, kann das so drastische Folgen haben wie der Triebwerksausfall eines Flugzeugs.

Und genau das passierte heute bei einem mit Migranten gefüllten Kanu. Zwanzig Kanus waren von unserem Ziel – Bajo Chiquito – abgefahren, gesteuert von Embera-Schleusern. Denselben Embera-Indianern, mit denen wir stromaufwärts fuhren.

Das führende Kanu in dieser Flottille erlitt einen Motorschaden und verfing sich in einem Baumriesen. Es kenterte und alle Insassen wurden über Bord geworfen. Kaum jemand hatte eine Schwimmweste an und so wären drei Personen fast ertrunken. Aber Indianer aus anderen Booten retteten sie. Wir haben den Vorfall nicht gesehen. Ein Embera-Indianer, der dabei war, erzählte es uns später in Bajo Chiquito.

20 Prozent Provision für eine Überweisung plus Western-Union-Gebühren

Diejenigen, die den Darien Gap überleben, bleiben Stunden bis Wochen in Bajo Chiquito. Das Dorf, in dem 492 Embera-Indianer zu Hause sind, ist oft im Verhältnis von 2:1 mit Migranten überfüllt. Viele der Migranten sprechen keine Sprache, die ein Embera auch nur annähernd beherrscht. (Alle Embera sprechen Spanisch und Embera und eine kleine Anzahl spricht Englisch.)

Die Migranten erleichtern sich überall. Das ganze Dorf ist ein einziger Gefahrenherd. Ich war in etwa zwanzig Embera-Dörfern, aber Bajo Chiquito ist das einzige Dorf mit Slumgeruch und -atmosphäre.

Die meisten Migranten wurden ausgeraubt und haben kein Geld mehr, wenn sie in Bajo Chiquito ankommen. „Alle hübschen und hellhäutigen Frauen wurden vergewaltigt“, sagen sie. Die überwiegende Mehrheit der Migranten sind Männer im militärischen Alter.

Um neues Geld für die Weiterfahrt zu bekommen, lassen sich die Migranten welches von ihren Angehörigen schicken. Das geht so: Die Familie tätigt eine Überweisung nach Panama-Stadt und der Empfänger in Panama-Stadt schickt eine Nachricht nach Bajo Chiquito an einen Laden mit einem Western-Union/Money-Gram-Schild. Der kassiert die Migranten mit einer 20-prozentigen Provision plus Western-Union-Gebühren ab. In Wirklichkeit gibt es in Bajo Chiquito kein Western Union – nicht einmal ein Telefon.

Um zu telefonieren und zu simsen klettern Embera-Indianer und Migranten in Bajo Chiquito auf den nahe gelegenen „Handy-Berg“.

(Fast jedes Dorf, das in der Mobilfunkwelt ab vom Schuss ist, scheint den Standort des nächstgelegenen „Kommunikationspunkts“ zu kennen, an dem der Mobilfunk funktioniert. Oft liegt dieser auf einem weit entfernten Hügel. Zum Glück für Bajo Chiquito befindet sich der Kommunikationspunkt direkt neben dem Dorf).

Die Migranten von Bajo Chiquito, die fit genug sind, und die 40 Dollar pro Person für eine Kanufahrt flussabwärts haben, werden in die Kanus verladen und zum Dorf La Peñita gebracht.

Im Jahr 2020 waren Hunderte Migranten in La Peñita wegen eines KPC-Virus-Lockdowns gestrandet. Die Migranten randalierten und verursachten großen Sachschaden.

Berichten zufolge forderten die Embera-Indianer die Senafront auf, die Migranten herauszuholen, weil es die Embera sonst selbst in die Hand nehmen würden. Jeder weiß, dass die Embera fantastische Kämpfer sind, und so schloss Senafront das Lager La Peñita und beaufsichtigt nun zwei andere Lager, in denen Migranten unterkommen, bevor sie in Luxusbusse nach Costa Rica verladen werden.

Aus aller Welt

Eine rekordverdächtige Zahl von 10.000 Migranten wird wahrscheinlich allein in diesem Monat durch Darien kommen. Sie stammen oft aus Ländern wie Jemen, Somalia, Pakistan, Bangladesch und Indien. Der größte Prozentsatz gibt an, aus Kuba und Haiti zu stammen, aber viele kommen ohne Papiere an.

Die Migranten beginnen in Ecuador oder Brasilien, den Anrainerstaaten Kolumbiens, und Surinam. Der Grund: Die drei Länder verlangen kein Visum. Von dort aus treten sie die gefährliche Reise an, die sie durch den Darien Gap führt. Er ist eine Art Trichter, der die Verzweifelten und Besitzlosen in die Vereinigten Staaten bringt.

In der Zwischenzeit sind zwei bis drei Millionen Venezolaner, die vor ihrem gescheiterten Staat fliehen, über die gemeinsame Grenze nach Kolumbien geströmt. Und viele von ihnen machen sich dann auf den Weg nach Norden. Man kann sie auf den Straßen Kolumbiens sehen, wie sie betteln, Lutscher verkaufen und Mädchen bei sich haben, die sich prostituieren.

Aktuell befindet sich Kolumbien selbst in einem Bürgerkrieg und am Rande des Zusammenbruchs. Während Kolumbien funkelt und wankt, hält der Zustrom von Venezolanern an und die kolumbianische Kokainproduktion erreicht Rekordhöhen.

Südamerika sitzt auf einem Pulverfass: Zahlreiche Länder, darunter insbesondere Venezuela und Kolumbien stehen vor dem Zusammenbruch.

Dieser Artikel ist dem Blog von Michael Yon entnommen.

Das Original erschien in The Epoch Times USA mit dem Titel: The Migrants’ Journey: Escape From Darien Gap by Canoe (VIDEO) (deutsche Bearbeitung von mk)



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