Österreich: Fast 4.500 minderjährige Flüchtlinge spurlos verschwunden

Zahlen des Innenministeriums zufolge sind mehr als drei Viertel aller unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die im Vorjahr Asyl in Österreich beantragt haben, nicht auffindbar. Häufig seien sie weitergereist. In einigen Fällen wird aber Menschenhandel befürchtet.
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Zwei Flüchtlingskinder in Thüringen. Symbolbild.Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Von 13. Juni 2022

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Die Zahl nicht mehr auffindbarer Flüchtlinge, die als unbegleitete Minderjährige nach Österreich gekommen waren, ist dramatisch im Steigen begriffen. Das geht aus Zahlen des Innenministeriums hervor, über die die „Wiener Zeitung“ berichtet.

Zahl der Asylanträge in Österreich wieder gestiegen

Während im Jahr 2019 erst 600 unbegleitete minderjährige Schutzsuchende nach dem Stellen ihres Asylantrags verschwunden waren, stieg die Zahl im Corona-Jahr 2020 auf 764 und im Vorjahr sogar auf 4.489. Dies waren demnach mehr als drei Viertel aller Asylsuchende aus dieser Personengruppe. Im ersten Quartal des laufenden Jahres wurden bereits 1.462 Asylverfahren wegen nicht gegebener Auffindbarkeit des Antragstellers eingestellt.

Waren in den Jahren 2019 und 2020 noch jeweils weniger als 15.000 Asylanträge insgesamt in Österreich gestellt worden, stieg deren Zahl im Vorjahr auf etwa 40.000. Eine Rolle spielte dabei unter anderem die verstärkte Fluchtbewegung aus Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban. Der Krieg in der Ukraine dürfte zu einer ähnlichen Entwicklung im laufenden Jahr führen.

Keine Obsorge des Jugendwohlfahrtsträgers vom ersten Tag an

Ein Teil der Abgängigkeiten sei auf bürokratische Eigenheiten zurückzuführen, erklärt Lisa Wolfsegger von der Asylkoordination Österreich. Eine Obsorge für die meist zwischen 14 und 17 Jahre alten Asylsuchenden durch den zuständigen Jugendwohlfahrtsträger trete erst nach dem Ende des Zulassungsverfahrens ein. In diesem soll geklärt werden, ob Österreich überhaupt zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und der Antrag zulässig ist. Anschließend sind die Bundesländer für die Obsorge zuständig.

Bis dahin bleiben die Asylsuchenden in Bundesbetreuung. Ein solches Verfahren könne auch mehrere Wochen oder sogar Monate dauern. Bis dahin gelten die Asylsuchenden als vorübergehend in Österreich aufhältig – und auch eine Schulpflicht bestehe in dieser Zeit nicht.

Verschwundene minderjährige Flüchtlinge in den meisten Fällen weitergereist

Die EU-Kommission warnt jedoch auch vor Menschenhändlern, die versuchten, die Fluchtbewegungen für ihre Zwecke auszunutzen. Etwa die Hälfte der 3,3 Millionen seit Kriegsbeginn im Februar aus der Ukraine Geflüchteten seien Kinder.

Bereits im Vorjahr hatten allein Österreichs Behörden 66 Fälle von Menschenhandel im Zusammenhang mit Flüchtlingen aufgedeckt – in zehn Fällen waren Minderjährige davon betroffen.

Allerdings gäbe es in den meisten Fällen einen recht simplen Grund dafür, dass minderjährige Schutzsuchende nicht mehr aufgetaucht wären, betont Innenminister Gerhard Karner in einer Anfragebeantwortung: Die Betroffenen seien weitergereist.

So seien mit Stichtag 30. September im Jahr 2021 in rund 84 Prozent der Fälle verschwundener Fluchtwaisen Anfragen anderer EU-Mitgliedstaaten an Österreich gestellt worden – meist im Rahmen des Dublin-Konsultationsverfahren oder als Informationsersuchen.



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