Politisches Erdbeben: McCarthy von Chefposten des US-Repräsentantenhauses abgewählt

Einige republikanische Parteikollegen haben den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, aus dem Amt getrieben. Das hat gravierende Folgen, nicht nur für die USA.
Kevin McCarthy wurde als Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses per Votum abgesetzt.
Kevin McCarthy wurde als Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses per Votum abgesetzt.Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa
Epoch Times4. Oktober 2023

Eine Mehrheit der Kongresskammer stimmte dafür, McCarthy von seinem mächtigen Sprecherposten abzusetzen. Hintergrund ist eine interne Revolte bei den Republikanern. Es ist das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein Vorsitzender des Repräsentantenhauses auf diesem Weg seinen Job verliert. Das Drama bringt den US-Kongress bis auf Weiteres zum Stillstand, dürfte den Republikanern politisch schaden und hat Auswirkungen weit über die USA hinaus.

Die Revolte

Der republikanische Hardliner Matt Gaetz und sieben weitere Republikaner vom rechten Rand der Partei stimmten dafür, McCarthy zu entmachten. Die Demokraten im Repräsentantenhaus wiederum verzichteten darauf, McCarthy zu Hilfe zu kommen und votierten ebenso gegen ihn. Die Republikaner haben eigentlich das Sagen in der Kammer, aber nur mit knappem Vorsprung. Eine überwältigende Mehrheit der republikanischen Fraktion stellte sich hinter McCarthy, doch durch die acht Rebellen kam eine knappe Mehrheit gegen McCarthy zustande.

Gaetz und seine Mitstreiter warfen McCarthy vor, er habe gegen fraktionsinterne Absprachen verstoßen und mache lieber mit US-Präsident Joe Biden und dessen Demokraten gemeinsame Sache, anstatt die Interessen seiner Fraktion zu vertreten. Gaetz störte sich unter anderem daran, dass McCarthy am vergangenen Wochenende mit den Stimmen von Demokraten einen drohenden Stillstand der Regierung im letzten Moment abgewendet hatte. Gaetz sagte, McCarthy sei Teil des „Sumpfes“ von Washington – ihm sei nicht zu trauen.

Gaetz gehört seit geraumer Zeit zu den erbittertsten Gegnern McCarthys. Der 41-Jährige vertritt konservativen Positionen. Er sagte mit Blick auf die Revolte, er betreibe lediglich „Hausputz“ für die Zeit, wenn Trump an die Spitze der Regierung zurückkehre.

Der Verlierer

McCarthy gab nach seiner dramatischen Abwahl eine längere Pressekonferenz. In einem teils emotionalen, teils angriffslustigen Auftritt teilte der 58-Jährige gegen seine Gegner aus – insbesondere gegen Gaetz. Diesem sei es nie um Inhalte gegangen, sondern allein um Persönliches und darum, Medienaufmerksamkeit zu bekommen.

McCarthy beklagte sich auch bitterlich, dass ein Vorsitzender die überwältigende Mehrheit seiner Fraktion hinter sich habe und trotzdem von acht Abgeordneten gemeinsam mit der anderen Partei aus dem Amt entfernt werde. Das Parlament als Institution habe versagt. Mit einem bemühten Lächeln auf dem Gesicht verkündete McCarthy, er sei mit sich im Reinen und würde im Rückblick rein gar nichts anders machen.

Die Nachfolge

Wer nachrücken könnte, ist völlig unklar. McCarthy jedenfalls will nicht noch mal antreten – das machte er nach dem Votum klar. Auch Gaetz versicherte, er habe keine Ambitionen, selbst zu kandidieren – er wäre auch nicht mehrheitsfähig.

Mehrere Namen gehen um: darunter die bisherige republikanische Nummer zwei in der Kammer, Steve Scalise. Klar ist vorerst nur, dass eine Woche lang gar nichts passiert: So viel Zeit wollen sich die Republikaner nehmen, um sich zu sortieren und Personalien auszuloten. Frühestens Mitte kommender Woche könnte es eine Wahl geben. Wie viele Wahlgänge nötig sein werden, ist offen.

Die Folgen

Bis ein neuer Vorsitzender gewählt ist, geht nichts mehr im Repräsentantenhaus: Alle gesetzgeberische Arbeit liegt vorerst auf Eis. Und das in Zeiten, in denen der Kongress unter anderem die Verabschiedung eines Bundeshaushalts vor sich hat. Ein beschlossener Übergangshaushalt läuft Mitte November aus. Ist bis dahin kein neues Budget verabschiedet, steuern die USA einmal mehr auf einen Stillstand der Regierungsgeschäfte zu – einen „Shutdown“.

Das Parlament muss auch über neue Hilfen für die Ukraine entscheiden. Im Übergangshaushalt sind keine weiteren Hilfen für das von Russland angegriffene Land vorgesehen. Das heißt nicht, dass die USA Kiew von jetzt auf gleich nicht mehr unterstützen. Allerdings geht das bisher genehmigte Geld zur Neige, neue Mittel müssen her.

Noch dazu ist ein verfassungsrechtlich wichtiger Posten unbesetzt. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses kommt in der staatlichen Rangfolge an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize. Der Republikaner Patrick McHenry übernimmt zwar als Interims-Vorsitzender formale Aufgaben, füllt die Rolle aber nicht politisch aus.

McCarthy war im Januar erst im 15. Wahlgang ins Vorsitzenden-Amt gehievt worden. Schon das war eine Demütigung historischer Dimension. McCarthy galt dadurch von Anfang an als angezählt. Unter anderem hatten die Hardliner in der Fraktion damals durchgesetzt, dass ein einzelner Abgeordneter einen Antrag auf Absetzung des Vorsitzenden stellen kann – was Gaetz nun tat. (dpa/yz)



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