Proteste gegen Windkraftprojekt im Waldviertel mit den größten Anlagen der Welt

Das niederösterreichische Waldviertel ist bis dato eine der größten Windkraftregionen in Österreich. Nun regt sich Widerstand gegen mehrere Projekte mit Anlagen bis zu 285 Metern Höhe. Auch in der SPÖ steigt die Skepsis.
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Umstrittene neue Windparks könnten Niederösterreichs Landschaftsbild bald verändern. Symbolbild.Foto: TT/iStock
Von 2. Oktober 2023

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Niederösterreich (NÖ) ist derzeit die Windkrafthochburg in Österreich schlechthin. Mit 735 Windrädern steht fast die Hälfte aller Anlagen des Landes in dessen größtem Bundesland – und decken dort 92 Prozent der erneuerbaren Energieerzeugung ab. Nun regt sich jedoch Widerstand: Fünf weitere Windparks mit insgesamt 40 Anlagen stehen im Waldviertel zur Debatte. Dabei sollen auch Windräder mit einer Höhe von 285 Metern zum Einsatz kommen. Das wären zum gegebenen Zeitpunkt die größten der Welt.

Betreiber: Windkraft soll das Waldviertel „klimafit“ machen

Mit 15 Windkraftanlagen soll auf dem Sieghartsberg das größte der angedachten Projekte entstehen, jeweils zehn Windräder sollen auf die Vorhaben „Hartwald“ und „Die Wild“ entfallen. Dazu kämen sieben Anlagen im Radlbachwald und sechs am Predigtstuhl.

Gegen alle Projekte hat die „IG Waldviertel“ bis zum Ende der Einspruchsfrist am 30. September mittels einer Petition Unterschriften gesammelt. Noch im Verlauf der Woche will man diese an die niederösterreichische Landesregierung übergeben.

Für den führenden Windkraftanbieter der Region Waidhofen an der Thaya, die WEB Windenergie AG in Pfaffenschlag, bedeuten die Projekte einen weiteren Beitrag, um den Bezirk „klimafit“ zu machen. Rückenwind erhofft man sich durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das diesen bis 2030 deutlich beschleunigen soll.

Landesregierung winkte bereits 2014 ab

WEB-Sprecherin Beate Zöchmeister weist jedoch darauf hin, dass es noch an drei Voraussetzungen für die Umsetzung der Vorhaben fehle. Die Landesregierung müsste die entsprechenden Zonen für die Windkraft ausweisen, zudem wären ein ausgebautes Stromnetz und effiziente Genehmigungsverfahren nötig.

Bereits die Zonenausweisung will die IG Waldviertel verhindern. Aktuell befindet sich ein neuer Windkraftzonenplan in NÖ in seiner Erstellungsphase. Findet eine Zonierung nicht statt, ist das betroffene Projekt bis auf Weiteres hinfällig. Obmann Jimmy Moser macht sich für einen generellen Ausbaustopp für die Windkraft im Waldviertel stark. In mehreren Gemeinden hat seine Initiative zuletzt auch Informationsveranstaltungen durchgeführt, um die Bevölkerung zu sensibilisieren.

In einem Gespräch mit den „Niederösterreichischen Nachrichten“ (NÖN) weist Moser darauf hin, dass die Landesregierung bereits 2014 das Projekt Sieghartsberg ad acta gelegt habe. Sie habe es aufgrund der Unvereinbarkeit mit dem niederösterreichischen Naturschutzgesetz aus der Zonierung genommen. Es gebe keinen Grund, es nun ins sektorale Raumordnungsprogramm Windkraft aufzunehmen.

Zudem würde es den Vertrauensschutz von Menschen beeinträchtigen, die beispielsweise Häuser gekauft hätten unter der Annahme, es werde dort keinen Windpark geben. Dies wäre verfassungsrechtlich unzulässig. Neben der Immobilienwirtschaft würde eine Umsetzung der Projekte auch dem Tourismus schaden.

„Waldviertel eignet sich für andere Erneuerbare besser als für Windkraft“

Moser weist darauf hin, dass sich alle nun in Rede stehenden neuen Windkraftzonen vorwiegend in Waldgebieten befänden – die wichtige CO2-Speicher darstellten. Bereits für eine Anlage müsste Experten zufolge ein Hektar gerodet werden. Die IG Waldviertel weist darauf hin, dass ein Ausbau der Versorgung mit Windenergie auch ohne Zerstörung von Wald machbar wäre. Es reiche aus, in zeitlich abgestimmter Weise bestehende Anlagen durch modernere zu ersetzen.

Generell, so der IG-Waldviertel-Obmann, sei es nicht vertretbar, alles auf einen Energieträger zu setzen. Dies gelte umso mehr, als Windstrom am ehesten von allen Erneuerbaren „Zufallsenergie“ generiere. Stattdessen solle Österreich auf andere erneuerbare Träger bauen:

Betreffend Produktionskapazitäten gibt es in Österreich einen abgestimmten Plan, der auch den Ausbau von Photovoltaik, Wasserkraft und Biomasse vorsieht. In NÖ erzeugen wir bereits seit 2015 mehr als 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen. Wir sind Spitzenreiter in Österreich und brauchen uns nicht selbst zu überholen.“

Moser kritisierte auch, dass man die Bevölkerung nicht über die Dimension der in Rede stehenden Vorhaben in Kenntnis gesetzt habe. Dazu komme, dass Windkraft in Österreich nur zu 1,9 Prozent an der Bruttoenergieerzeugung teilhabe. Gerade das Waldviertel eigne sich eher als Region für Biomasse und Photovoltaik. Kritiker entgegnen, dass die Stromerzeugung aus Biomasse im Waldviertel deutlich kostspieliger sein könnte.

SPÖ sieht sich bezüglich der Dimensionen überrumpelt

Rückenwind bekommt die IG Waldviertel nun von der SPÖ. Zwar hatte sich die Bevölkerung der Gemeinde Groß Siegharts 2014 mit 56 Prozent grundsätzlich für Windkraftanlagen im Gemeindegebiet ausgesprochen. Auch die Sozialdemokraten hatten im Gemeinderat ihre grundsätzliche Zustimmung gegeben. Damals hatte sich jedoch das Land Niederösterreich gegen den Standort ausgesprochen.

Jetzt hat die SPÖ jedoch eine Kehrtwende vollzogen. Bezirksparteichef Christian Kopecek erklärt gegenüber „Mein Bezirk“, die Verhältnisse hätten sich geändert. Zudem sei damals noch nicht die Rede von einem Projekt dieser Dimension gewesen. Kopecek erklärt, in der Gemeinde gebe es Bestrebungen, dem Vorhaben aus finanziellen Gründen zuzustimmen:

Für die neuen Windkraftanlagen (7,2 Megawatt) bekommt eine Gemeinde rund 30.000 bis 50.000 Euro pro Jahr und Anlage. Darum will man am Sieghartsberg gleich 15 Anlagen bauen, um das Budget aufzufetten.“

Allerdings gehe es nun um 285 Meter hohe Windräder. Zudem habe 2014 die gesamte Kleinregion beschlossen, dass am Sieghartsberg keine Windräder umgesetzt werden sollen. Alle Bürgermeister hätten dem vollinhaltlich zugestimmt. Die SPÖ sei nicht gegen die Windkraft allgemein – aber der Standort Sieghartsberg sei „ein absolutes No-Go“.



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