Schweiz: Heizen über 19 Grad als Offizialdelikt – Haftstrafe bis zu drei Jahren

In der Schweiz hat das Wirtschaftsdepartement eine Verordnung zum Landesversorgungsgesetz vorgelegt. Diese sieht im Fall eines Erdgas-Versorgungsmangels weitreichende Sparmaßnahmen vor. Verstöße gelten dabei nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftatbestand.
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Eine Frau dreht an einem Heizungsthermostat. Symbolbild.Foto: iStock
Von 7. September 2022

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Muss ein Hausbesitzer, der seinen Thermostat auf 20 einstellt, künftig in der Schweiz mit einer Haftstrafe und einem Eintrag in das polizeiliche Führungszeugnis rechnen? Eine vom Wirtschaftsdepartement (WBF) der Eidgenossenschaft vorgelegte Verordnung will jedenfalls „Gfrörlis“ (schweizerdeutscher Ausdruck für „Frostbeulen“) den Kampf ansagen und das Heizen in mit Gas versorgten Gebäuden auf 19 Grad begrenzen. Das berichtet der „Blick“.

Wenn „falsches“ Heizen einen Eintrag ins Führungszeugnis bringt

Der Verordnungsentwurf, der sich auf das Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung stützt, sieht zudem für den Fall einer Gaskrise im Winter eine 60-Grad-Obergrenze bei der Beheizung von Warmwasser vor. Die Verwendung von elektrischen Heizstrahlern und Warmluftzelten sowie die Nutzung von Saunen und Pools wären ebenfalls verboten.

Was in diesem Zusammenhang für besonderes Befremden sorgt: Verstöße gegen die vorgesehenen Vorschriften wären nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, die ein Bußgeld nach sich ziehen würde. Es handele sich vielmehr um Offizialdelikte, also Straftaten, die von Amts wegen zu verfolgen sind, sobald die zuständige Behörde Kenntnis von ihr verlangt, und die, so sie zu gerichtlichen Verurteilungen führen, Vorstrafeneinträge im polizeilichen Führungszeugnis begründen können.

Dies bestätigt auch WBF-Sprecher Markus Spörndli, der im „Blick“ äußert: „Verstöße gegen das Landesversorgungsgesetz sind stets Vergehen oder punktuell sogar Verbrechen und sind von Amtes wegen durch die Kantone zu verfolgen.“ Das Gesetz biete demnach „keine Basis für Ordnungsbußen“.

Schweizer Kantone können Bedenken und Änderungsvorschläge äußern

Bis zum 22. September haben die Kantone Zeit, Bedenken zu äußern und Abänderungsvorschläge zu bringen. Tritt der Verordnungsentwurf hingegen in seiner derzeitigen Form in Kraft, würde ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Sparvorgaben mit einer Haftstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet – wobei die 19-Grad-Obergrenze selbstredend auch für das Beheizen von Justizvollzugsanstalten gilt.

Selbst fahrlässige Verstöße müssten von der Staatsanwaltschaft verfolgt und im Fall einer Anklage vor Gericht verhandelt werden. In diesem Fall müsste der Delinquent mit einer Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen rechnen.

Die Anzahl der Tagessätze würde sich nach dem Grad des Verschuldens bestimmen und deren Höhe nach den wirtschaftlichen Verhältnissen – Spörndli verweist auf Erfahrungswerte, wonach diese bei mindestens 30 und maximal 3.000 Franken lägen.

Neben der geplanten Verordnung nach dem Landesversorgungsgesetz würde insbesondere für Unternehmen zusätzlich auch die Kontingentierungsverordnung gelten, die den gleichen Strafbestimmungen unterliegt.

Polizeidirektor will Verordnung „mit Augenmaß umsetzen“

Wirtschaftsminister Guy Parmelin versuchte bereits in der Vorwoche während einer Pressekonferenz, die Gemüter zu beruhigen. Die Schweiz sei „kein Polizeistaat“, und es gebe auch in anderen Bereichen Vorgaben, die „nicht ständig kontrolliert“ würden. Man gehe davon aus, dass sich die Bevölkerung von sich aus an die Vorgaben halten würde.

Jedoch seien „punktuelle“ Kontrollen durchaus denkbar, und die Polizeibehörden vor Ort seien etwa dort, wo übermotivierte Nachbarn oder notorische Denunzianten meinen, diese auf vermeintliche Verstöße hinweisen zu müssen, verpflichtet, diesen auch nachzugehen.

„Wenn eine entsprechende Anzeige eingeht, dann muss die Polizei handeln“, macht auch der Sicherheitsdirektor des Kantons St. Gallen, Fredy Fässler, deutlich. Er sehe „noch einige offene Fragen, die geklärt werden müssen“. Er wolle „die Verordnung mit Augenmaß umsetzen“, äußert er gegenüber dem „Blick“. Es solle keinesfalls dazu kommen, dass „die Energiepolizei von Tür zu Tür schreitet“.



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