Strom aus dem Osten für Ungarn: Aserbaidschan bietet genug Energie für 100 Jahre

Die Energiekrise hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich breiter aufzustellen und nicht nur auf ein Land zu setzen. Seit Jahren folgt die ungarische Regierung der Politik „Öffnen nach Osten“. Nun gibt es erste Ergebnisse, auch die EU könnte davon profitieren.
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Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev (l) und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán (r) unterzeichnen nach ihrem Treffen am 30. Januar 2023 in Budapest eine wichtige Erklärung zur strategischen Partnerschaft.Foto: MTI/Pressestelle des Ministerpräsidenten/Benko Vivien Cher
Von 7. Februar 2023

Ungarn begann vor zehn bis zwölf Jahren, sich nach Osten zu öffnen. Als 2022 die Energieversorgung in der EU wegen der Sanktionen gegen Russland schwieriger wurde, zahlte sich diese Strategie aus. Die „Freunde“ im Osten wurden plötzlich noch wertvoller.

Von vielen in der EU wurde Orbán wegen seiner stärkeren Bindung an den Osten nicht wohlwollend betrachtet. Nun scheint sich die Situation etwas zu wenden. Aserbaidschan – eines der Länder, mit denen der ungarische Ministerpräsident Kontakte pflegte – könnte in naher Zukunft eine Schlüsselrolle für die Energieversorgung ganz Europas spielen.

Anfang Januar gab die Regierung von Aserbaidschan bekannt, dass im Jahr 2023 circa 12 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa exportiert werden sollen. In den vergangenen Jahren kaufte Europa rund 8,1 Milliarden Kubikmeter Gas aus Aserbaidschan, berichtet das ungarische Wirtschaftsanalyseportal „VG“ in seinem aktuellen Bericht. Neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit wächst auch die Kritik an der Führung unter Ilham Aliyev und der Unterdrückung der armenischen Minderheit im Land.

Aserbaidschan bietet genug Energie für 100 Jahre

Der ungarische Ministerpräsident traf Ende Januar in Budapest mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev zusammen. Auf der Pressekonferenz nach der Unterzeichnung des strategischen Abkommens sagte der Premierminister, dass „sowohl Erdgas als auch Strom aus Aserbaidschan durch Ungarn fließen werden“.

Orbán betonte die Rolle und die Unterstützung der EU: „Von nun an ist die Zusammenarbeit im Energiebereich zwischen den Bulgaren, Rumänen, Ungarn oder Slowaken keine regionale, sondern eine gesamteuropäische Angelegenheit, da sie ganz Europa über diese Länder versorgen können. Wir erwarten von der Europäischen Kommission, dass sie die notwendigen Projekte entsprechend unterstützt.“

Die Staatsoberhäupter schlossen außerdem sieben spezifische Abkommen ab – über die Zusammenarbeit in den Bereichen Erdgas, Landwirtschaft, Raumfahrt, Migration und schließlich eine Erklärung über eine strategische Partnerschaft.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev versicherte dem ungarischen Premierminister, dass sein Land über viel Energie verfüge: „Was wir haben ist genug, um den europäischen Bedarf als zuverlässiger Lieferant für die nächsten Hundert Jahre zu decken.“

Ministerpräsident Viktor Orbán (r) und der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev (l). Foto: MTI/Pressestelle des Ministerpräsidenten/Benko Vivien Cher

Politischer Analyst: Diversifizierung ist wichtiger denn je

Es war bereits bekannt, dass die beiden Länder in enger Zusammenarbeit an einem neuen Energieversorgungsprojekt arbeiten. Krisztián Talabér vom ungarischen Institut für politische Analyse „Nézőpont“ verdeutlichte, dass die Ankündigung Orbáns eine Vereinbarung über die Verdoppelung der aus Aserbaidschan nach Europa gelieferten Erdgasmenge bis 2027 enthält.

Ungarn sei in einer guten Position, weil es einerseits neue Partner im Energiebereich gewinnt und andererseits die alten behält. Dank der Ausnahmeregelungen, die das Land in der EU erhalten hat, wird Ungarn auch weiterhin mit Russland Handel treiben. Ursula von der Leyen habe die Offenheit der EU gegenüber dem Osten bewiesen, als sie letztes Jahr persönlich nach Baku, Aserbaidschan, gereist sei. Dort habe sie ein Partnerschaftsabkommen unterzeichnet, erinnert Talabér.

Ziel sei, so viele Partner wie möglich zu haben, damit im Falle des Ausscheidens eines Staates – zum Beispiel aus politischen Gründen – immer noch jemand da sei, an den man sich wenden könnte. In Ungarn habe diese Politik der Einbindung östlicher Partner schon vor einiger Zeit begonnen, „jetzt sehen wir, welche Auswirkungen sie in kritischen Zeiten haben kann“, betonte der Analyst.

Ursula von der Leyen und Viktor Orbán im Dezember 2022 in Bukarest, bevor sie den Vertrag über das Stromnetz unterzeichneten. Dieses soll Strom von Aserbaidschan über Georgien und Rumänien nach Ungarn leiten. Foto: MTI/Pressebüro des Premierministers/Fischer Zoltán

EU-Unterstützung ist entscheidend

Damit Erdgas und Strom aus Aserbaidschan nach Ungarn und damit in die EU gelangen können, sind groß angelegte Investitionen erforderlich. Es muss die richtige Infrastruktur geschaffen werden. Dies ist eine Investition in einer Größenordnung, die ohne EU-Unterstützung für Ungarn nicht möglich ist.

Ungarns Außenminister Péter Szijjártó führte im Januar auch Gespräche mit dem aserbaidschanischen Wirtschaftsminister. Demnach sollen neue Verbindungsleitungen gebaut und die Transportkapazitäten erhöht werden. Daraufhin appellierte Ungarn gemeinsam mit Bulgarien, Rumänien und der Slowakei an die Europäische Kommission, dem Thema Priorität einzuräumen. Zudem baten die Staaten Brüssel, die zur Gewährleistung der Energiesicherheit in der Region erforderlichen Entwicklungen zu unterstützen.

Die EU plant, wie Krisztián Talabér bestätigte, bis zum nächsten Jahr 60 Millionen Euro in den Ausbau des Handels mit Aserbaidschan zu investieren.

Im Zusammenhang mit der Strategie „Öffnen nach Osten“ wird oft davon gesprochen, dass die Führer bestimmter Länder wie Aserbaidschan diktatorisch regieren. Das widerspreche dem europäischen Geist, wie Daniel Freund, ein linker Europaabgeordneter, äußerte. Der „aserbaidschanische Diktator Alijew übertrifft Viktor Orbán in Sachen Autoritarismus und Korruption“, schrieb der Abgeordnete auf Twitter.

Kritiker verweisen auch auf die Tatsache, dass Ilham Alijew über Energiegeschäfte verhandelt, während die christliche armenische Gemeinschaft in seinem Land stark unterdrückt wird.



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