Studie aus Kanada: Kosten von Corona-Lockdowns betragen Zehnfache des Nutzens

Der bekannte Kinderarzt und Forscher Ari R. Joffe aus Edmonton, Kanada, war zu Beginn Befürworter von Einschränkungen des öffentlichen Lebens infolge der Bedrohung durch Corona. Mittlerweile ist er sich sicher: Die Kosten von Lockdowns übersteigen den Nutzen deutlich.
Von 27. Dezember 2020

In einem jüngst veröffentlichten Thesenpapier hat der in Edmonton, Alberta (Kanada) am Stollery Children’s Hospital als Forscher tätige Ari R. Joffe ein Ende der Lockdown-Politik in der Corona-Krise gefordert.

Joffe bekannte zu Beginn der Krise selbst, die umfassenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens für zielführend gehalten zu haben. Mittlerweile sei er jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass die Kosten der Maßnahmen den potenziellen Nutzen deutlich überstiegen – und er präsentiert Zahlen dazu.

Lockdowns haben die Welt von ihren Nachhaltigkeitszielen entfernt

In seiner Analyse ruft er die Situation tiefgreifender Unsicherheit zu Beginn der weltweiten Ausbreitung der Seuche in Erinnerung. Aufgrund von Schätzungen, die im März 510.000 Tote in Großbritannien und 2,2 Millionen Tote in den USA sowie eine 30-fache Überbeanspruchung der Intensivkapazitäten in Aussicht stellten, hatten 80 Prozent der OECD-Staaten binnen zwei Wochen weitreichende Stilllegungen des öffentlichen Lebens veranlasst.

Die Erfolge waren in den meisten Ländern nicht von Dauer, nach einem verhältnismäßig ruhigen Sommer stiegen die Zahlen der Infizierten zum Teil wieder deutlich an. Joffe weist zudem darauf hin, dass mit Fortdauer der Maßnahmen auch die damit verbundenen Kollateralschäden erkennbar würden. Sein Fazit:

Die Lockdowns haben viele nachhaltige Entwicklungsziele außerhalb der Reichweite gebracht. In vielen Teilen der Welt hat es Rückschläge beim Impfschutz in der Kindheit, bei der Bildung, bei der Entdeckung und Behandlung von Infektionskrankheiten (etwa Tuberkulose, Malaria und HIV) und der Bekämpfung von Mütter- und Kindersterblichkeit gegeben, und das könnte in den kommenden Jahren viele Millionen Menschen das Leben kosten.“

Übersterblichkeit oft deutlich gestiegen – abseits von Corona

Auch habe die Unterbrechung der Wirtschaftstätigkeit und der Versorgungsketten zur Nahrungsmittelknappheit für 83 Millionen Menschen geführt und 70 Millionen seien in extreme Armut zurückgerutscht – also eine Situation, in der man weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag zur Verfügung habe.

Praktiken, die mit steigendem Wohlstand zurückgegangen waren, wie Gewalt gegen Frauen und in der Partnerschaft, Genitalverstümmelung oder Kinderehen, befänden sich wieder auf dem Vormarsch. In den reichen Ländern verschlechtere sich die Gesundheitsversorgung, weil Vorsorgeuntersuchungen in Richtung von Schlaganfällen, Herzkrankheiten oder Krebs unterblieben.

Gebotene Operationen würden verschoben und bereits jetzt sei es zu Übersterblichkeiten in bestimmten Bereichen gekommen, die zu 20 bis 50 Prozent keinen Zusammenhang mit COVID-19 gehabt hätten – sondern mit den unterbliebenen Vorsorgeterminen.

„Allein in Kanada Millionen an verlorenen Lebensjahren“

Joffe führt auch einen unerklärlichen Anstieg von Todesfällen bei Menschen, die von Demenz betroffen waren, auf Verschlechterungen des Gesundheitszustandes zurück, die im Zusammenhang mit Einsamkeit stehen. Es seien aber auch in anderen Bereichen nachteilige Entwicklungen zu befürchten:

Über die kommenden Jahre wird es mehr Selbstmorde, Depressionen, Alkoholismus, Kindheitstraumata infolge häuslicher Gewalt, Scheidungen und soziale Isolation geben, was allein in Kanada Millionen an verlorenen Lebensjahren nach sich ziehen wird.“

Der alleinige Fokus auf derzeitige Infektionen und Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19 habe die Perspektiven verrutschen lassen. In den ersten sechs Monaten der Pandemie hätten dort 5,96 Prozent aller Todesfälle einen Bezug zu Corona gehabt, was im Gegenzug bedeutete, dass die Ursachen der 94 Prozent anderer Todesfälle weniger Aufmerksamkeit erlangt hätten.

QALY-Analyse mit eindeutigem Ergebnis

Joffe hat auf der Grundlage des Qualitätskorrigiertes Lebensjahrs (QALY), also eines Maßes, das Lebensjahre qualitativ in Relation zur Gesundheit bewertet, Berechnungen über Kosten und Nutzen der Lockdown-Maßnahmen angestellt.

Sein Fazit: Global gesehen hätten die Einschränkungen des öffentlichen Lebens zwar 25,12 Millionen QALY geschaffen – basierend auf den Annahmen, dass vor Erreichen der Herdenimmunität bis zu 40 Prozent einer Bevölkerung infiziert sein würden, die Todesrate bei 0,23 Prozent der Infizierten liegt, Lockdowns 70 Prozent der Todesfälle verhindern könnten und jeder COVID-Tote mit einem Verlust von 5 QALY veranschlagt würde. Mit Blick auf die Hauptrisikogruppen sei dies eine realistische Kalkulationsgrundlage.

Demgegenüber stünden jedoch Mindestkosten von 250 Millionen QALY. Dies errechne sich aus der Annahme, dass allein in diesem Jahr das globale BIP um sechs Prozent sinke, es fünf bis zehn Jahre dauern werde, bis das Niveau von vor der Krise erreicht werden würde, weltweit mindestens 50 Billionen an US-Dollar an Wohlstandsverlusten eintreten würde und die öffentlichen Ausgaben auf 40 Prozent des BIP ansteigen würden.

Selbst unter Vernachlässigung der Kosten, die durch Verringerung der Lebensqualität in Form von Einsamkeit, Isolation und Vernachlässigung der Gesundheitsvorsorge entstünden, würde der Schaden aus dem Lockdown das Zehnfache des Nutzens betragen.

Schulen offenlassen, Risikogruppen gezielt schützen

Als Konsequenz aus seinen Berechnungen empfiehlt Joffe, Bevölkerung und Politiker über dieses Missverhältnis aufzuklären und auf Information statt irrationale Angst zu setzen. Nicht mehr allein die COVID-19-Zahlen, sondern auch die Folgen von Lockdowns sollten in Kosten-Nutzen-Analysen einbezogen werden.

Es solle gezielte Schutzmaßnahmen für Hochrisikogruppen geben, beispielsweise eine generelle Maskenpflicht in Alten- und Pflegeheimen, an Orten mit großen Menschenansammlungen und überall, wo sich vermehrt Personen über 70 Jahren aufhalten. Die Maßnahmen sollten auf das individuelle Risiko abgestimmt sein.

Schulen sollten infolge des geringen Risikos, das für Kinder besteht und von ihnen ausgeht, geöffnet bleiben – zudem soll es mehr an Echtzeitdaten-Analyse im Gesundheitswesen geben. Die bisherigen Prognosemodelle hätten sich als unzulänglich erwiesen, so Joffe.



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