Trotz Drohungen der USA: Israel setzt Kämpfe in Rafah fort

Israel zeigt sich von Drohungen der USA mit Waffenbeschränkungen unbeirrt. Derweil sind die Verhandlungen über eine Feuerpause unterbrochen, sollen aber weitergehen. Die News im Überblick.
Vertriebene Palästinenser kommen im Zentrum des Gazastreifens an, nachdem sie aus Rafah geflohen sind.
Vertriebene Palästinenser kommen im Zentrum des Gazastreifens an, nachdem sie aus Rafah geflohen sind.Foto: Abdel Kareem Hana/AP/dpa
Epoch Times10. Mai 2024

Israel will sich auch durch wachsenden Druck seines engsten Verbündeten USA nicht von seinem Kriegskurs im Gazastreifen abbringen lassen. „Wenn wir für uns alleine stehen müssen, dann werden wir für uns alleine stehen“, sagte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in einer Videobotschaft. Sein Armeesprecher Daniel Hagari sagte, man verfüge über genügend Waffen und Munition, um den Einsatz in der Stadt Rafah fortzusetzen.

Die US-Regierung hatte gedroht, Waffenlieferungen im Falle einer großangelegten Invasion in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt einzuschränken. Nun appellierte sie erneut an Israel, von einer umfassenden Bodenoffensive in der an Ägypten grenzenden Stadt im Süden Gazas abzusehen und so auch eine Beschränkung amerikanischer Waffenlieferungen abzuwenden.

Palästinenser wollen Rückhalt für UN-Mitgliedschaft

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen soll unterdessen heute über eine Stärkung der Rechte der Palästinenser innerhalb des größten UN-Gremiums abstimmen. Der Resolutionsentwurf räumt dem bisherigen Beobachterstaat Palästina eine aktive Teilnahme an den Sitzungen der Vollversammlung ein, gibt ihm aber kein reguläres Stimmrecht. Die Palästinenser wollen sich mit der Beschlussvorlage gleichzeitig weltweiten Rückhalt für eine UN-Vollmitgliedschaft sichern.

Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges handelt es sich bei dem Vorstoß in der UN-Vollversammlung mit ihren 193 Mitgliedstaaten in New York auch um ein internationales Stimmungsbild zum Nahostkonflikt. Diplomatinnen und Diplomaten gehen davon aus, dass die Resolution die notwendige Mehrheit von zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen locker erreicht – und das Ergebnis auch internationale Rückendeckung für die Palästinenser angesichts der jüngsten Eskalation im Nahostkonflikt widerspiegeln dürfte.

Israels Armee fliegt nach Beschuss Luftangriffe im Libanon

Derweil hat das israelische Militär nach wiederholten Drohnenangriffen auf den Norden Israels nach eigenen Angaben Stellungen der proiranischen Hisbollah-Miliz im Süden des Libanons attackiert. Wie die israelische Armee in der Nacht mitteilte, griffen Kampfflugzeuge dort militärische Gebäude und „terroristische Infrastruktur“ an. Die Angaben der Armee konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Seit Beginn des Gaza-Krieges kommt es in dem Grenzgebiet täglich zu militärischen Konfrontationen mit der Hisbollah und anderen Gruppierungen. Todesopfer gab es auf beiden Seiten. In Ortschaften beidseits der Grenze hat der gegenseitige Beschuss schwere Zerstörungen angerichtet. Rund 150.000 Menschen wurden evakuiert oder verließen die Kampfzone.

UN: Bereits rund 110.000 Menschen aus Rafah geflohen

Rund 110.000 Menschen sind nach UN-Angaben seit dem Vorrücken der israelischen Armee in Rafah im südlichen Gazastreifen aus der mit Flüchtlingen überfüllten Küstenstadt geflohen. Sie seien auf der Suche nach Sicherheit, schrieb das UN-Hilfswerk für Palästinenser UNRWA am Morgen auf X. Die Lebensbedingungen seien grausam. Die einzige Hoffnung sei eine sofortige Waffenruhe, hieß es. Der Rafah-Grenzübergang nach Ägypten blieb weiter für humanitäre Hilfslieferungen gesperrt, wie die palästinensische Grenzbehörde mitteilte.

Die israelische Armee teilte mit, die Truppen seien weiterhin im Osten der Stadt Rafah sowie in Al-Saitun im mittleren Abschnitt des Gazastreifens im Einsatz. In Rafah habe die Armee mehrere Tunneleingänge aufgespürt. Bei Gefechten auf der palästinensischen Seite des Rafah-Übergangs nach Ägypten seien „mehrere Terrorzellen ausgeschaltet“ worden. Die israelische Luftwaffe habe außerdem mehrere Gebiete im Bereich von Rafah angegriffen, von denen aus in den vergangenen Tagen Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert worden seien. Ziel war dabei auch der Grenzübergang Kerem Schalom, der als wichtiger Übergang für humanitäre Hilfsgüter in den blockierten Küstenstreifen dient. In Al-Saitun habe die Armee „mehrere Terroristen ausgeschaltet und Terror-Infrastruktur zerstört“, hieß es zudem. Die Luftwaffe habe binnen 24 Stunden rund 40 Ziele im Gazastreifen angegriffen.

Verhandlungen über Waffenruhe sollen weitergehen

Die in Kairo laufenden indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und eine Freilassung von Geiseln wurden unterbrochen. Die Zeitung „New York Times“ sprach von einem Rückschlag, nachdem es zuletzt Anzeichen für eine mögliche baldige Einigung gegeben habe. Nach Aussagen eines Beamten soll es unter Teilnehmern der Gespräche wütende Reaktionen auf den Vorstoß der israelischen Armee in Rafah gegeben haben.

Gleichwohl gingen die Unterhändler davon aus, dass weder die islamistische Hamas noch Israel die über die Vermittler Ägypten, Katar und die USA laufenden Verhandlungen abbrechen werden. Auch nach Angaben der US-Regierung gehen die Gespräche weiter. Der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, sei zwar abgereist. Das sei jedoch so geplant gewesen. Auch das Team der Hamas verließ Kairo nach eigenen Angaben Richtung Katar.

Temporärer Hafen vor Gaza-Küste fast fertig

Unterdessen hat das US-Militär den Bau eines temporären Hafens zur Lieferung von Hilfsgütern vor der Küste des Gazastreifens nach eigenen Angaben fast abgeschlossen. Eine schwimmende Anlegestelle und ein weiterer Damm seien fertiggestellt worden, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder. Beide Teile würden „in naher Zukunft“ in Stellung gebracht, sofern die Sicherheitslage und das Wetter es zuließen. Ein US-Frachter mit Hunderten Tonnen Hilfsgütern war zuvor aus dem Hafen von Larnaka auf Zypern ausgelaufen. Laut Ryder soll die Fracht nahe der israelischen Hafenstadt Aschdod auf ein anderes Schiff verladen und mit diesem zum schwimmenden Pier gebracht werden, sobald der in Betrieb sei.

UN-Palästinenserhilfswerk schließt Sitz in Jerusalem

Derweil sollen israelische Bewohner von Ost-Jerusalem nach UN-Angaben zweimal Feuer auf dem Gelände des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) gelegt haben. „Angesichts dieses zweiten entsetzlichen Vorfalls in weniger als einer Woche habe ich beschlossen, unser Gelände zu schließen, bis die Sicherheit wiederhergestellt ist“, schrieb der Chef des UN-Hilfswerks, Philippe Lazzarini, auf der Plattform X.

Es sei niemand verletzt worden, das Feuer habe aber erhebliche Schäden im Außenbereich verursacht. Es habe eine Weile gedauert, bis die israelische Feuerwehr eingetroffen sei. Lazzarini bezeichnete den Vorfall als „ungeheuerliche Entwicklung“. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Die israelische Regierung kritisiert das UN-Palästinenserhilfswerk seit geraumer Zeit scharf und wirft ihm vor, im Gazastreifen von der Hamas unterwandert zu sein. Im Januar geriet UNRWA in die Schlagzeilen, weil Israel behauptete, dass zwölf Mitarbeiter in die verheerenden Terrorakte der Hamas vom 7. Oktober verwickelt gewesen seien. Ein Untersuchungsbericht unabhängiger Experten kam kürzlich zum Schluss, das Hilfswerk habe eine Reihe „robuster“ Mechanismen etabliert, um die Wahrung des Neutralitätsgrundsatzes zu gewährleisten. Allerdings gebe es Verbesserungsbedarf. (dpa)



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