Ungarn in Aufruhr: Demonstrationen folgen auf Pädophilie-Skandal in der Politik

Im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament ist ein Skandal das Letzte, was die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán braucht. Es scheint aber, als würde der Missbrauchsskandal nicht so bald enden.
Menschen nehmen an einer Demonstration auf dem Heldenplatz in Budapest teil. Die Demonstrierenden fordern einen Wandel in der politischen Kultur des Landes, nachdem Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novak auf Druck von Opposition und Regierung zurückgetreten ist.
Menschen nehmen an einer Demonstration auf dem Heldenplatz in Budapest teil. Die Protestler fordern einen Wandel in der politischen Kultur des Landes, nachdem Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novák auf Druck von Opposition und Regierung zurückgetreten war.Foto: Denes Erdos/AP/dpa
Von 19. Februar 2024

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat als Reaktion auf den Skandal um sexuellen Kindesmissbrauch, der die Nation schockierte, ein neues Gesetzespaket versprochen. Er sagte am Samstag, 17. Februar, dass es in Fällen von Kindesmissbrauch keine Begnadigung geben sollte. Mit seiner Rede versuchte der Regierungschef, einen Schlussstrich unter einen Skandal zu ziehen.

Mehrere Demonstrationen wurden Ende letzter Woche in Budapest gegen Ungarns Regierung organisiert. Teile der Opposition forderten dabei den Rücktritt von Orbán und seinem Kabinettschef Antal Rogán. Den Politikern wird vorgeworfen, ihrer politischen Verantwortung nicht gerecht zu werden.

Die Proteste stehen im Zusammenhang mit dem Pädophilie-Skandal um die mittlerweile zurückgetretene Staatspräsidentin Katalin Novák. Sie hatte einen Mann begnadigt, der wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen rechtskräftig verurteilt worden war.

Der Skandal droht die Unterstützung für Orbáns Fidesz-Partei bei den Kommunal- und Europawahlen in vier Monaten zu verringern.

Nach Novák trat auch Judit Varga, Fidesz’ Spitzenkandidatin für das EU-Parlament, aufgrund ihrer Verwicklung in den Skandal zurück. Varga, die damals Justizministerin war, übernahm die Verantwortung für den Fall.

Ex-Ehemann wirft Orbán-Regierung Korruption vor

Die Proteste folgten auf ein Interview mit dem Ex-Ehemann von Varga auf dem linksgerichteten YouTube-Kanal „Partizán“, das in Ungarns Medienlandschaft für Aufsehen sorgte. Das Video wurde in einem Land mit weniger als zehn Millionen Einwohnern über zwei Millionen Mal angeschaut.

Darin erhob Péter Magyar starke Anschuldigungen gegen die Orbán-Regierung. Laut Magyar könnten die aktuellen Rücktritte auf andere wirkliche Schuldige zurückzuführen sein. Er konnte jedoch keine genaueren Angaben zu dem Fall machen.

Magyar sagte auch, dass viele Mitglieder von Fidesz und der Regierung ihrem Land dienen wollen und aufopferungsvolle Menschen sind. Er sagte aber auch, dass es viele Fälle von internen Spannungen gebe aufgrund einiger Politiker, die ihre eigenen Interessen über die Interessen des Landes stellen würden.

Die Regierung hat sich vollständig von Magyars Aussagen distanziert sowie seinen Anschuldigungen von Korruption und Einschüchterungen in der Regierung. „Die verzweifelten Versuche von Menschen in einer ausweglosen Situation werden von der Regierung nicht aufgegriffen“, kommentierte Regierungssprecher Bertalan Havasi das Interview.

Regierung verteidigt ihr Vorgehen

Die Regierung verteidigte ihr Vorgehen vergangene Woche gegenüber der Presse. Der Fraktionsvorsitzende der Regierungspartei, Máté Kocsis, teilte dem Radiosender „Kossuth“ mit:

Auf der rechten Seite gibt es Konsequenzen für Fehler, während auf der linken Seite sogar Verbrechen keine Konsequenzen haben.“

Kanzleramtsminister Gergely Gulyás sagte auf einer Regierungspressekonferenz am Freitag, 16. Februar, dass die Regierung den Schutz von Kindern immer als Priorität betrachtet habe. Staatspräsidentin Novák und Justizministerin Varga spielten ebenfalls eine wichtige Rolle bei den Maßnahmen zum Schutz der Familien. Diese Regierungspolitik werde sich auch in Zukunft nicht ändern.

Die Regierung sei fassungslos über den Begnadigungsfall gewesen, aber die Verantwortung hätten Novák und Varga übernommen. Die Regierung sollte nun in die Zukunft blicken und eine Verfassungsänderung vorlegen, die strengere Kriterien für Entscheidungen in allen Fällen, in denen Kinder involviert sind, vorsieht, hieß es in seiner Presseerklärung.

Weitere Demonstrationen

Die Proteste gegen die Regierung hielten jedoch auch nach den Rücktritten an. Der erste Protest wurde am 15. Februar von der liberalen Partei Momentum-Bewegung gegen Orbán organisiert.

Der zweite große Protest letzter Woche war am Freitagabend. Statt von einer politischen Partei wurde er von mehreren bekannten Influencern organisiert. Die Demonstration sei für die Opfer von Pädophiliefällen, für Kinder und für eine gesunde Gesellschaft, berichtete das Portal „444.hu“.

Was geschehen ist, geht über die ehemalige Präsidentin und die ehemalige Justizministerin hinaus, schreiben die Organisatoren in ihrem Aufruf.

Es wird geschätzt, dass bis zu 50.000 Menschen teilgenommen haben. Die Rede einer Mutter, Edina Pottyondy, fand viel Anklang. Sie sagte, der ungarische Staat habe nicht nur versagt, als er einen Pädophilen begnadigte, sondern auch, als es keine Berichte über eine umfassende und unabhängige Untersuchung gab, wurde sie von „euronews“ zitiert.

(Mit Material von afp)



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