Wie wichtig war Mohsen Fachrisadeh für das iranische Atomprogramm?

Nach dem gezielten Anschlag auf den „Vater der iranischen Atomforschung“ stellt sich die Frage, wie wichtig Mohsen Fachrisadeh für das iranische Atomprogramm tatsächlich war. Wer genau steckt hinter dem Attentat? Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif hat Israel für den Tot an dem Iraner zumindest schon mitverantwortlich gemacht.
Titelbild
Die Szene, in der Mohsen Fakhrizadeh am 27. November 2020 in Absard, einer kleinen Stadt östlich der Hauptstadt Teheran im Iran, getötet wurde.Foto: Fars Nachrichtenagentur über AP
Epoch Times30. November 2020

Genau weiß keiner, wie wichtig der bei einem Anschlag getötete Atomforscher Mohsen Fachrisadeh für den Iran gewesen ist. „Diejenigen, die seine genaue alltägliche Rolle bei den nuklearen Aktivitäten des Iran wirklich verstanden haben, reden nicht“, schrieb der Experte Karim Sadjadpour vom US-Institut Carnegie Endowment for International Peace auf Twitter. „Und diejenigen, die reden, wissen es nicht.“

Dem Iran war offenbar klar, dass der Mann, der von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einst als Vater des iranischen Atomprogramms bezeichnet wurde, eine Zielscheibe war. „Wir wussten, dass ihm bei mehreren Gelegenheiten ein Attentat angedroht worden war und dass er verfolgt wurde“, sagte Verteidigungsminister Amir Hatami.

Atomwissenschaftler Mohsen bei gezieltem Anschlag ums Leben gekommen

Nach offiziellen Angaben war der 59-jährige Atomwissenschaftler, der am Freitag bei einem gezielten – und technisch offenbar höchst ausgeklügelten – Anschlag nahe Teheran getötet wurde, Leiter der Forschungs- und Innovationsabteilung des iranischen Verteidigungsministeriums. Laut Hatami war der Forscher der ranghöchste Beamte, der „die Atomverteidigung leitete“. Er habe „eine bedeutende Rolle bei Innovationen im Verteidigungsbereich“ gespielt.

In Israel, dem Erzfeind Teherans, und den USA wird ein etwas anderes Bild von dem Wissenschaftler mit Brille gezeichnet: US-Medien bezeichnen ihn als „Kopf des iranischen Atomprogramms“, dessen Existenz Teheran vehement abstreitet. Für den Iran stecken Israel, die USA und die Exil-Oppostionsbewegung der Volksmudschahedin hinter dem Anschlag.

UN: „Mögliche militärische Dimension des Atomprogramms“

Bilder, die nach Fachrisadehs Tod veröffentlicht wurden, zeigen ihn 2019 bei einem Zusammentreffen mit dem obersten geistlichen Führer des Irans, Ayatollah Ali Chamenei – ein Indiz für seine mögliche Stellung im iranischen Machtgefüge. Es werde „wahrscheinlich Monate, wenn nicht Jahre dauern, um die volle Tragweite seines Todes zu ermessen“, schrieb Carnegie-Experte Sadjadpour weiter.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) verdächtigte Fachrisadeh, seit Anfang der 2000er Jahre „Aktivitäten zur Unterstützung einer möglichen militärischen Dimension des Atomprogramms“ zu leiten, die nach Angaben der UN-Organisation Ende der 1980er Jahre begonnen hatten.

Sanktionen gegen Personen im Iran

Im März 2007 wurde Fachrisadeh zusammen mit anderen „Personen, die an nuklearen oder ballistischen Raketenaktivitäten“ für den Iran beteiligt waren, vom UN-Sicherheitsrat mit Sanktionen belegt. In der Resolution 1747 des Sicherheitsrates wurde er als „leitender Wissenschaftler“ des Verteidigungsministeriums und „ehemaliger Leiter des Forschungszentrums für Physik“ bezeichnet. Eine Befragung des Forschers durch die IAEA lehnte der Iran ab.

Die Sanktionen gegen Fachrisadeh wurden im Zuge des internationalen Atomabkommens mit dem Iran 2015 aufgehoben. Unter US-Präsident Trump traten die USA jedoch 2018 einseitig aus dem Abkommen aus. Seither verhängte Washington zahlreiche neue Sanktionen gegen Teheran – auch gegen Fachrisadeh. Der Iran rückte danach schrittweise von dem Vertrag ab.

Freund: Mohsen hat „in allen Bereichen gearbeitet, um die atomaren Aktivitäten des Landes zu unterstützen“

Laut Irans Vizepräsident Ali Akbar Salehi, der auch die Atomorganisation des Irans (AEOI) leitet, promovierte Fachrisadeh in „Atomphysik und -technik“ und promovierte bei Fereidun Abbasi-Dawani, einem ehemaligen Leiter der AEOI, der selbst ein Attentat im Jahr 2010 überlebte. Abbasi-Dawani nannte den getöteten Wissenschaftler einen „engen Freund“, mit dem er „34 Jahre enger beruflicher Zusammenarbeit“ teilte. Beide hätten während des Iran-Irak-Krieges 1980 bis 1988 Seite an Seite an der Front gekämpft.

Im Gespräch mit den staatlichen Medien sagte Abbasi-Dawani, Fachrisadeh habe „in allen Bereichen gearbeitet, um die atomaren Aktivitäten des Landes zu unterstützen“, insbesondere die Urananreicherung. Er beschrieb ihn als „einen fähigen Manager und angesehenen Wissenschaftler, der auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technologie in den gleichen Rang wie der Märtyrer Soleimani erhoben werden kann“. Der iranische Spitzengeneral Kassem Soleimani war im Januar bei einem US-Drohnenangriff im Irak getötet worden. Die Tötung führte beide Länder an den Rand eines Krieges. (afp)



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