„Wir werden alles tun, um als Bundesrepublik unseren Einfluss geltend zu machen“

Kernkraft als nachhaltige Energiequelle? Die Bundesregierung sieht wenig Chancen, die Pläne der EU-Kommission, Atomkraftanlagen als förderwürdig einzustufen, auf dem Klageweg zu stoppen.
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Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).Foto: Kay Nietfeld/dpa/dpa
Epoch Times3. Januar 2022

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will sich dafür einsetzen, dass die EU-Vorschläge zur Einstufung von Atomkraft als nachhaltig noch geändert werden. „Wir werden alles tun, um als Bundesrepublik unseren Einfluss geltend zu machen“, sagte er am Montag im TV-Sender Welt.

„Und dass die Grünen sich natürlich wünschen, dass Atom- oder Kernenergie kein grünes Label bekommt, das kann ich auch nachvollziehen – das ist ja für viele in Deutschland auch kontraintuitiv.“

Grundsätzlich stehe auch die FDP zum gemeinsam im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziel, aus der Atomkraft auszusteigen und moderne Gaskraftwerke für eine Übergangszeit zu nutzen, so Buschmann:

„Auch im Koalitionsvertrag haben wir festgeschrieben, dass wir moderne Gaskraftwerke – insbesondere, wenn da später auch mit Wasserstoff gearbeitet werden kann – dass wir das fördern wollen. Also, da sind wir uns in der Koalition einig.“

Und dass man in Deutschland natürlich einen besonders kritischen Blick auf die Kernenergie habe, sei auch jedem klar gewesen.

Bundesregierung sieht wenig Chancen für Klageweg

Die Bundesregierung sieht indes wenig Chancen, die Pläne der EU-Kommission zur Einstufung der Atomkraft als förderwürdig auf dem Klageweg zu stoppen. Eine Klage wäre nur möglich, wenn die EU-Kommission mit der Regelung ihren Kompetenzbereich überschritten hätte – nicht aber gegen den Inhalt der Regelung, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. „Da scheint die Europäische Kommission rechtlich auf sicherem Terrain.“

Im Namen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte Hebestreit Kritik an den Plänen der EU-Kommission. „Die Einschätzung zu Atomkraft lehnen wir ausdrücklich ab“, sagte er. Deutschland halte weiter an dem geplanten Atomausstieg fest.

Die geplante Einstufung von Gaskraftwerken als förderwürdig hingegen stehe durchaus „im Einklang“ mit der Haltung der Bundesregierung, weil solche Kraftwerke als Brückentechnologie bei der Umstellung auf erneuerbare Energie benötigt würden, sagte Hebestreit. Allerdings hätte es eine solche Einstufung aus Sicht von Scholz und seiner Regierung „nicht gebraucht“, fügte er hinzu.

Die Bundesregierung werde die Vorschläge der EU-Kommission nun „intensiv“ prüfen und dann zu einer „abgestimmten Haltung“ kommen, sagte der Sprecher.

Dagegen lobte AfD-Chef Jörg Meuthen die geplante Einstufung der Atomenergie als nachhaltig. Der Vorstoß der EU-Kommission sei „die völlig richtige Anerkennung einer unumstößlichen Tatsache“, erklärte der Europaabgeordnete.

„Meint man es ernst mit der Reduktion von CO2-Emissionen, ohne dabei Deindustrialisierung der Wirtschaft, Verarmung der Massen, Bevormundung der Bürger und eine Energiekrise in Kauf zu nehmen, kommt man an der Atomkraft definitiv nicht vorbei.“

Die EU-Kommission hatte in der Neujahrsnacht ihren Verordnungsentwurf zur sogenannten Taxonomie an die Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten geschickt.

EU-Taxonomie als Richtschnur

Durch die geplante Einstufung von Atomkraft und fossilem Gas als „nachhaltig“ sei die EU-Taxonomie in Misskredit geraten. Dabei gehe es um die Ausgestaltung einer EU-Verordnung vom Juni 2020, die dazu führen soll, Investitionen stärker in Richtung Umwelt- und Klimaschutz zu lenken. Unternehmen müssen künftig offenlegen, inwieweit ihre Wirtschaftsweise den von der EU festgelegten Nachhaltigkeitskriterien entspricht.

Dabei werden insgesamt sechs Ziele genannt: Neben dem Klimaschutz sind dies die Anpassung an den Klimawandel, die nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, der Wandel hin zu einer Kreislaufwirtschaft, die Vermeidung von Verschmutzung sowie der Schutz von Ökosystemen und Biodiversität.

Als Taxonomie-konform gilt eine Wirtschaftsaktivität, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zu einem dieser Ziele leistet, ohne dabei anderen Umweltzielen zuwiderzulaufen, und wenn dabei zudem bestimmte Mindestanforderungen erfüllt werden.

„Best-in-class“-Ansatz

Im Fall des Klimaschutzes darf die Aktivität beispielsweise keine oder nur sehr wenige Treibhausgasemissionen hervorrufen. Sofern dies in einem Wirtschaftsbereich noch nicht möglich ist, wird übergangsweise auch anerkannt, wenn die Aktivität mit relativ niedrigen Emissionen einhergeht und so den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaftsweise unterstützt.

„Positiv“ bewertet wird auch, wenn eine Aktivität in einem anderen Bereich zur Senkung von Emissionen führt, zum Beispiel wenn durch die Produktion von Windrädern mehr grüner Strom erzeugt werden kann.

Im Rahmen der Mindestanforderungen kommen jeweils weitere Kriterien hinzu. Dabei soll ein „best-in-class“-Ansatz verfolgt, also jeweils die umweltfreundlichste Wirtschaftsweise in einer bestimmten Branche oder einem Produktionszweig unterstützt werden.

Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern werden mit einem ergänzenden EU-Rechtsakt verpflichtet, ab dem Berichtsjahr 2021 über die Nachhaltigkeit ihrer Wirtschaftsaktivitäten zu berichten.

Dies soll wiederum Finanzmarktteilnehmern die Entscheidung erleichtern, welche Investitionen als nachhaltig bewertet werden können. Ab 2023 soll die Wirkung der Taxonomie auf kleinere Unternehmen ausgeweitet werden.

„Greenwashing“ befürchtet

Die Idee dahinter sei, dass Investoren nachhaltiges Engagement bevorzugen. Zudem können Unternehmen ihre Produkte als hergestellt gemäß den EU-Nachhaltigkeitskriterien bewerben, um damit mehr Käufer zu erreichen.

Auch können sich sogenannte Green Bonds, also Fonds, die sich auf nachhaltiges Investment festlegen, an der EU-Taxonomie orientieren. Eine Verpflichtung dazu besteht aber nicht, auch müssen Investoren nicht die EU-Kriterien als Maßstab für ihre Entscheidungen übernehmen.

Welchen wirtschaftlichen Effekt die Taxonomie tatsächlich hat, ist insofern schwer zu beziffern. Kritikerinnen und Kritiker der Nachhaltigkeits-Einstufung von Atom und fossilem Gas – wenn auch unter Auflagen – befürchten, dass damit mehr Geld in Investitionen in diesen Bereichen fließt, das dann etwa für den Ausbau erneuerbarer Energien oder andere klimafreundliche Transformationen fehlt.

Zudem dürfte die Vergabe von Fördermitteln, beispielsweise der EU, an die Einhaltung der Nachhaltigkeitsregeln geknüpft werden, wovon dann bei entsprechender Einstufung auch die Atom- und Gaswirtschaft profitieren würden. Befürchtet wird insofern ein „Greenwashing“, also genau das, was eigentlich durch die Taxonomie verhindert werden soll. (afp/dts/dl)



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