Als der Diesel binnen zehn Tagen um 59 Cent teurer wurde

Autofahrer erlebten 2022 ein heftiges Auf und Ab an den Tankstellen. Doch wie entstanden die großen Preisschwankungen bei Benzin und Diesel? Haben die Menschen während des Tankrabatts mehr getankt? Antworten darauf geben der ADAC und der Lobbyverband der Mineralölindustrie „en2x“.
Im Jahr 2022 gab es an den Tankstellen neue Preisrekorde für Kraftstoffe. Foto: iStock
Im Jahr 2022 gab es an den Tankstellen neue Preisrekorde für Kraftstoffe.Foto: iStock
Von 8. Januar 2023

Im vergangenen Jahr fielen an den Tankstellen neue Preisrekorde. Die Spritpreise stiegen weit über zwei Euro. Es kam zu zweistelligen Preisanstiegen von einem auf den anderen Tag.

Im Jahresschnitt kostete ein Liter Superbenzin der Sorte E10 rund 1,86 Euro und Diesel 1,95 Euro, berechnete der ADAC. Rund 27 beziehungsweise 47 Cent mehr als im bisher teuersten Tankjahr 2012.

Zwischenbericht vom Kartellamt

Dass der Ölpreis nicht allein schuld an der Verteuerung war, ist neu. Früher folgten die Spritpreise fast immer den Notierungen des Rohöls.

Beim Preisanstieg kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges stiegen sie jedoch noch weit darüber. Beteiligt daran waren Spekulanten, die den Preis hochtrieben, Panikkäufe beim Heizöl und eine tatsächliche Dieselverknappung im Norden durch die Sanktionen gegen Russland. Zudem wurde die Situation anscheinend auch von Unternehmen zur Gewinnsteigerung ausgenutzt.

Das Bundeskartellamt stellte in einer Untersuchung dazu in einem Zwischenbericht eine „nachhaltige Entkopplung“ zwischen den Notierungen und den Preisen fest. Es betonte, dass die Ölkonzerne mit ihren Raffinerien „sehr große Gewinne“ erwirtschaftet hätten. Auch Jürgen Albrecht, Kraftstoffmarktexperte des ADAC, verweist auf die Raffinerien. Deren Renditen hätten sich vervielfacht.

Das deckt sich mit Zahlen, die das Kartellamt erhoben hat. Kamen die durchschnittlichen Nettomargen 2021 nie über 3 Cent pro Liter Benzin oder Diesel hinaus und lagen teilweise im negativen Bereich, zogen sie ab März 2022 stark an. Im Mai waren es bei Benzin bereits gut 15 Cent, bei Diesel um die 13 Cent. Einzelne Raffinerien strichen auch mehr als 25 Cent Gewinnspanne pro Liter ein.

Spätere Werte finden sich im Zwischenbericht des Kartellamts nicht. Albrecht zufolge blieben die Margen in den darauffolgenden Monaten hoch und stiegen sogar. Auch auf anderen Ebenen sei gut verdient worden.

Industrie sucht nach Gasersatz

Hinzu kommen andere Faktoren: In der ersten Phase des Krieges spielten Unsicherheit und wackelnde Lieferketten eine Rolle. Bei Diesel kommt laut Albrecht hinzu, dass dieser Kraftstoff auch als Fertigprodukt in großen Mengen aus Russland importiert wurde und dass die Industrie ihn inzwischen vermehrt kauft, um Gas zu ersetzen.

Den Unterschied zwischen einem teuren und einem extremen Tankjahr machten wenige Wochen rund um den Beginn des Ukraine-Krieges aus, in denen sich die Spritpreise erhöhten: Allein in den ersten zehn Tagen des März verteuerte sich E10 um gut 38 Cent und Diesel um gut 58 Cent.

„So etwas gab es noch nie“, sagt Albrecht. „Das war richtig teuer für die Betroffenen.“ Der Dieselpreis überholte den für Benzin und erreichte in der Spitze mehr als 2,32 Euro, E10 mehr als 2,20 Euro – im bundesweiten Tagesdurchschnitt.

Das wirkte sich anscheinend sowohl beim Benzin als auch beim Diesel auf den Verbrauch aus. Obwohl im Frühjahr die Corona-Beschränkungen weitestgehend wegfielen, blieb der Verbrauch insgesamt gesehen, insbesondere bei Benzin, laut den amtlichen Mineralöldaten deutlich unter dem der Vor-Corona-Zeit.

Im Sommer wurde bei Benzin zwar das Vor-Corona-Niveau erreicht, in dieser Zeit galt allerdings die milliardenteure Steuersenkung auf Sprit, die die Verbraucher entlasten sollte. Im September, nach dem Ende der Steuersenkung, sackten die Auslieferungen ab.

Benzinabsatz während Tankrabatt über Vorjahreswert

Ein ähnliches Bild zeigt sich dem Lobbyverband der deutschen Mineralölindustrie „en2x“.

Er sieht zwischen der Energiesteuersenkung („Tankrabatt“) von Juni bis August und dem Tankverhalten besonders beim Benzinabsatz, „der mehr vom privaten Verbrauch geprägt ist“, einen klaren Zusammenhang. „Im Mai 2022 ging die Benzinnachfrage in Deutschland gegenüber dem Vormonat um drei Prozent zurück“, teilt er Epoch Times mit.

Im Juni sei dann die Nachfrage gegenüber Mai um 22 Prozent nach oben geschnellt, im Juli gegenüber Mai konstant hoch geblieben und habe im letzten Tankrabattmonat August nochmals um neun Prozent angezogen.

Insgesamt habe der Benzinabsatz über die drei Monate um knapp sieben Prozent über dem entsprechenden Vorjahreswert gelegen, so der Verband. „Bezogen aufs gesamte Jahr hingegen stieg der Benzinabsatz im Vorjahresvergleich nur um rund 4 Prozent.“

Beim Dieselabsatz hingegen lässt sich laut dem Lobbyverband ein solch starker Zusammenhang nicht ermitteln. „Auch während der Tankrabattmonate war insgesamt ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr zu erkennen.“ Die Nachfrage nach Dieselkraftstoff sei deutlich mehr von der gewerblichen Wirtschaft und damit von der wirtschaftlichen Entwicklung geprägt. „Und diese wird kaum durch den Tankrabatt beeinflusst.“ Im Vergleich zu 2021 sei der Dieselverkauf 2022 insgesamt um ein Prozent gesunken.

„Senkung der Energiesteuer wurde gut genutzt“

Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des „Wirtschaftsverbands Fuels und Energie“ erklärt dazu: „Zusammenfassend können wir feststellen, dass (…) Kunden, denen das möglich war, die befristete Senkung der Energiesteuer gut genutzt haben.“

Laut dem Verband hätten die Tankstellen den Tankrabatt, anders als die Kunden, nicht für sich in besonderer Weise genutzt, was den höheren Einkauf erklären würde. „Der Einkauf von Kraftstoffen durch die Tankstellen kann sich nur nach der Nachfrage beziehungsweise dem Tankverhalten der Kunden richten.“ Die Lagerkapazitäten an den Tankstellen seien zudem vergleichsweise klein.

Die Benzinversorgung erfolgt in Deutschland auch zu einem großen Anteil durch Raffinerien in der Bundesrepublik, erklärt „en2x“.  Beim Dieselkraftstoff wird auch ein „nicht unerheblicher Anteil“ importiert und somit auf dem Weltmarkt beschafft, heißt es weiter.

Bis Ende 2022 sei russisches Rohöl, das in deutschen Raffinerien verarbeitet worden wäre, vollständig durch Rohöle aus anderen Ländern ersetzt worden. „Und für den Import von Dieselkraftstoff gilt ab dem 5. Februar 2023 EU-weit ein Embargo für Kraftstoffe aus Russland.“

Wie entstehen die großen Preisschwankungen?

Doch Preisschwankungen an den Zapfsäulen gab es auch schon vor dem Krieg in der Ukraine. Die Belieferung der Tankstellen laufen über langfristige Verträge zu einem festen Preis. Epoch Times fragt nach: Warum schwanken die Preise an den Zapfsäulen manchmal stündlich? Und warum gibt es selbst bei Tankstellen derselben Marke, die nur wenige Kilometer entfernt liegen, unterschiedliche Verkaufspreise der Kraftstoffe?

Für den Geschäftsführer des „Wirtschaftsverbands Fuels und Energie“ hänge dies zum einen mit den ebenfalls stark schwankenden Weltmarktpreisen für Benzin und Diesel zusammen. Zum anderen herrsche an deutschen Tankstellenmarkt selbst freie, transparente und harte Konkurrenz.

„Die mehr als 14.000 Stationen kämpfen sieben Tage die Woche rund um die Uhr um jeden Tankkunden über permanente Preissenkungen, bis ein Punkt erreicht ist, an dem die Preise wieder angehoben werden müssen, damit die Tankstellen weiterhin am Markt bestehen können.“

Internet und Tank-Apps würden diesen Wettbewerb im Sinne der Kunden anheizen, erklärt er weiter. Für ihn sind die Preisschwankungen ein Beleg für einen funktionierenden Wettbewerb.

Preise fallen wieder

Nach Ende des Tankrabatts fielen die Spritpreise – mit einigen Schwankungen. Benzin hat sich „nach vielen Monaten der Übertreibung wieder in den Bereich des Normalen begeben“, wie Albrecht sagt. Bei Diesel wurde dies noch nicht erreicht – auch wegen der genannten zusätzlichen Faktoren.

Der Rückgang des Ölpreises ist vor allem auf die trüben Konjunkturaussichten zurückzuführen. Zeitweise gingen die Ölpreise so deutlich zurück, dass sich sogar der mächtige Ölverbund Opec+ – zu dem auch Russland gehört – zu einer Förderkürzung veranlasst sah.

Wie es mit den Spritpreisen weitergeht, hängt Albrecht zufolge unter anderem vom Krieg in der Ukraine, der weltweiten Konjunktur und dem Winter ab. So dürften die Dieselpreise im Frühjahr eher sinken, weil dann die Nachfrage nach dem ähnlichen Heizöl sinke.

Wie lange andere Sonderfaktoren wie der Bedarf der Industrie anhalten, sei dagegen nicht seriös vorherzusagen, betont Albrecht. „Ich gehe aber davon aus, dass es irgendwann auch beim Diesel wieder zu einer gewissen Normalisierung kommt.“

(Mit Material von dpa)



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