Anlasslose PCR-Tests für alle? – Expertenanhörung wirft Fragen auf

Falsch berechnete Inzidenzen, giftige Substanzen in Teststäbchen, Logistikprobleme, hohe Kosten. Bei einer Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss zu einem von den Linken eingebrachten Antrag kamen Probleme auf den Tisch, auf welche die Politik nun reagieren sollte.
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Ein Reisender wird einem Corona-Test unterzogen.Foto: Leon Neal/Getty Images
Von 21. Mai 2022

Pflegeheime, Schulen, Kindergärten, Betriebe. Die Linken haben einen Antrag in den Bundestag eingebracht, wonach es „kostenlose und anlasslose PCR-Bürgertests für alle“ geben soll. Für den bevorstehenden Herbst sei ein Strategiewechsel notwendig: Massenhafte PCR-Selbsttests würden ein umfassendes Screening erlauben. Sie würden einen „wichtigen Baustein der Pandemiebekämpfung“ bilden, so die Linken. Das Testergebnis soll binnen 24 Stunden vorliegen.

Heftige Kritik an diesem Antrag gab es von Professor Dr. Werner Bergholz, Fachmann in der internationalen Normung mit über 20 Jahren Berufserfahrung. Mehrfach hatte er sich schon in der Vergangenheit über die manipulierbaren und falsch ermittelten Inzidenzen geäußert. Bezüglich der von den Linken angeschobenen Diskussion um anlasslose PCR-Bürgertests wurde der Experte nun vom Gesundheitsausschuss des Bundestages um seine Stellungnahme gebeten. Die Anhörung fand am 11. Mai statt.

Dass asymptomatische Personen jetzt noch häufiger getestet werden sollten, dafür hat Bergholz kein Verständnis. Seinen Einwand untermauerte er mit einer vorliegenden Studie an etwa zehn Millionen Getesteten aus Wuhan, dem Ursprung der Pandemie. Die Studie habe gezeigt, „dass asymptomatische positiv getestete Personen ein absolut vernachlässigbares Risiko darstellen, Kontaktpersonen zu infizieren“, so Bergholz.

Nach seiner Expertise sollen Corona-Tests ausschließlich an Erkrankten, also Personen mit Symptomen, erfolgen – und zwar nach geregelten Standards. „Damit wird die Anzahl der nötigen PCR-Tests so weit reduziert, dass das sehr erstrebenswerte Ziel, innerhalb von 24 Stunden das Ergebnis bereitzustellen, erreicht werden kann. Auch wäre in diesem Fall eine WHO-Anforderung erfüllt, dass die Diagnose COVID-19 durch einen behandelnden Arzt gestellt wird, was bisher nicht der Fall ist“, äußerte er in seiner Stellungnahme.

Giftige Substanz in Teststäbchen

Bergholz wies zudem auf die gesundheitsschädlichen Aspekte der Corona-Tests hin. Die Getesteten, vor allem Kinder, sind einem hohen Risiko ausgesetzt: Ethylenoxid in den Teststäbchen. „Da diese Substanz extrem krebserregend ist, ist sie in Lebensmitteln verboten, es gibt wegen des hohen Risikopotenzials keinen Grenzwert. Da von den Abstrichstäbchen Material in der Nase und/oder im Rachen zurückbleibt, bedeutet jeder Test einen Eintrag dieser giftigen Substanz“, so Bergholz.

„Um das Gesundheitsrisiko, das mit auf den Abstrichstäbchen einhergeht, zu vermeiden, sollten auf jeden Fall nur Abstrichstäbchen mit „R“ auf der Verpackung zum Einsatz kommen, diese Stäbchen wurden mit Gammastrahlung sterilisiert und sind nicht mit EO kontaminiert“, erklärte der Fachmann.

Zusätzlich kritisierte Bergholz einmal mehr die seit Beginn der Coronakrise falsch berechneten Inzidenzen. „Die Inzidenz im medizinischen Sinne ist anders definiert, als das RKI es jetzt täglich bekannt gibt“, sagt Bergholz. Eine korrekte Kennziffer wäre der Prozentsatz der positiven Tests in Bezug zur Anzahl der insgesamt durchgeführten Tests. Dazu gebe es aber keine Zahlen.

Aus einer Nachfrage bei seinem örtlichen Gesundheitsamt ist Bergholz bekannt: „Sie wissen nicht die Anzahl der Testungen und haben auch keine Ahnung, wie hoch die Falsch-positiv- und die Falsch-negativ-Rate in den Laboren ist, die sie überwiegend nutzen. Das ist ein ziemlicher Blindflug in puncto Messunsicherheit.“

Es mangele weiterhin an einer Normung der Testungen. Jedes Labor mache es anders. Für Bergholz ist klar: „Je mehr ich teste, desto mehr finde ich.“

Keine Evidenz für anlasslose Massentests

Nicht nur Bergholz, auch Verbände sehen den Ansatz im Antrag der Linken kritisch. Dr. Michael Müller, Vorstand der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM), wies auf den erheblichen finanziellen Aufwand hin, der mit anlasslosen Massen-PCR-Tests verbunden wäre. Es gebe auch keine Evidenz, die diesen Aufwand rechtfertigen würde.

Dr. Bernhard Egger vom GKV-Spitzenverband äußerte, dass die Kosten für die massenhaften PCR-Tests derzeit gar nicht beziffert werden können. Unklar sei, ob neue Infrastrukturen aufgebaut werden müssen und für wen dieses Testangebot überhaupt gelten solle.

„Wir sprechen aber doch über erhebliche Summen, jetzt nicht zulasten der GKV, sondern zulasten der öffentlichen Hand.“ Diese habe die Kosten dieser Testungen zu tragen.

Im letzten Jahr wurden 1,75 Millionen PCR-Tests und 33 Millionen Antigentests monatlich durchgeführt. Das seien aber nur Durchschnittswerte; im Dezember habe es beispielsweise 80 Millionen Antigentests gegeben, die dann zukünftig als PCR-Tests anfallen würden. In Wellen mit hohen Infektionszahlen würden nach seiner Prognose die Kosten „deutlich höher liegen würden als das, was die öffentliche Hand derzeit für die Testungen ausgibt“.

Patientenschutz fordert Kombi-Tests für COVID und Influenza

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, äußerte: „Man muss wissen, dass es eine politische Entscheidung war, die Antigentests zu platzieren. Letztendlich ist es Herrn Spahn nicht mehr gelungen, auf die Bremse zu treten.“ Nun aber habe man eine neue Koalition und der Herbst stehe bevor.

Auf die ihm gestellte Frage zu den Kosten der Testungen konnte Brysch nicht näher eingehen. „Warum wir diese Preise zahlen, müssen Sie den Minister fragen“, antwortete er. Dort würden die Preise verhandelt. „Sonst wird alles ziemlich spitz abgerechnet. Warum wir hier so großzügig sind bei einem Markt, der letztlich vorhanden ist, weiß ich nicht. Ich bin aber Patientenvertreter und nicht der Vertreter der Laborärzte oder KV [Kassenärztlichen Vereinigung].“

Vielleicht sollte man aber auch einmal über Multiplex-Influenza-Tests diskutieren, so Brysch. „Ich befürchte nämlich, dass wir auf diese Frage im Herbst gar nicht vorbereitet sind.“ Es müsse darüber gesprochen werden, wie man einer Kombination aus COVID und Influenza – „die seit zwei Jahren regelrecht ausgefallen ist“ – begegnet.

Dazu äußerte der ALM-Vorstand Dr. Michael Müller: „Wir können seit März 2020 Influenza und COVID-19 parallel testen, also seit Beginn der Pandemie.“ Man sei darauf vorbereitet, eine Paralleltestung zu machen.

Nach Müllers Aussagen liegt die Laborvergütung für PCR-Tests im europäischen Vergleich „am unteren Rand“. Ob nur eine einzelne Person oder mehrere Personen gleichzeitig im sogenannten Pool-Verfahren getestet würden, mache bei den Kosten keinen Unterschied. Bei einem Pool-Test für zehn Personen entstünden etwa 3,50 Euro je Getesteten, insgesamt gesamt also 35 Euro.

Ein Problem der Logistik

Dr. Martin Walger vom Verband der Diagnostica-Industrie wies auf ein weiteres Problem hin. Für die PCR-Tests seien Hunderte Komponenten nötig, darunter Reagenzien, Chemikalien, um die Proben zu stabilisieren, DNA-Bausteine, Enzyme. „Sie brauchen Nanopartikel, um dann die Virus-DNA von der menschlichen DNA zu trennen.“ Zudem brauche man noch entsprechende technische Analysegeräte; zusammenfassend: „Ganz viel Elektronik, ganz viel Plastik, ganz viel Chemie und ganz viel Biologie“.

Zwar gebe es keine Knappheit bei diesen Materialien, aber die einzelnen Komponenten würden „über den ganzen Erdball verstreut“ produziert werden, und zwar sowohl in Deutschland als auch in der EU, in Großbritannien, Nordamerika und „umfangreich auch in Asien und Fernost“. Die Herausforderung bestünde nicht in den Testkapazitäten, sondern in der Logistik.

„Die Logistikkosten haben sich schon vor dem Russlandkrieg verzehnfacht. Wir haben tatsächlich einen Kampf um freie Paletten und Containerplätze. Jedes Mal, wenn in China und Fernost wieder ein harter Lockdown passiert, beeinflusst das diese Logistikmöglichkeiten drastisch.“

Wenn nun im Herbst mit einer weiteren Corona-Welle gerechnet werde, werde sie nicht nur durch Deutschland laufen, sondern überall dort, wo es kalt werde, sprich in ganz Europa und Nordeuropa. Um die Materialien dann innerhalb Deutschlands in die Labore zu liefern, brauche man laut Walger sechs bis acht Wochen. Das müsse man beachten, wenn sich „der politisch definierte Testbedarf erhöhen soll“.

Wann über den Linken-Antrag im Bundestag abschließend abgestimmt werden soll, war zum Redaktionsschluss noch nicht bekannt.



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