FDP und Union setzen Gesetzentwurf mit AfD-Stimmen durch

CDU und FDP in Thüringen haben am Freitag einen Antrag zum Aus für Windenergie-Anlagen im Wald mit den Stimmen der AfD beschlossen. Der Ausbau von Windkraft könnte so unmöglich werden. Das Bundesverfassungsgericht könnte jedoch dazwischengrätschen.
Abgeordnete der AfD und der CDU nehmen im Plenarsaal des Thüringer Landtags an einer Abstimmung teil.
Abgeordnete der AfD und der CDU nehmen im Plenarsaal des Thüringer Landtags an einer Abstimmung teil. Am Freitag stimmten beide Parteien für einen FDP-Antrag, der den Ausbau von Windenergie erschwert.Foto: Martin Schutt/dpa
Von 9. Dezember 2023

Bereits zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten haben CDU und FDP die rot-rot-grüne Minderheitsregierung in Thüringen mithilfe der AfD überstimmt. Nach der Senkung der Grunderwerbsteuer im September ging es am Freitag, 8. Dezember, um eine Änderung im Waldgesetz. Diese soll die Errichtung von Windkraftanlagen in Wäldern unterbinden – und könnte zumindest vorerst den Ausbau der Windenergie im Freistaat weitgehend stoppen.

Bundesverfassungsgericht hob von CDU durchgesetzte Bestimmung im Waldgesetz auf

Eigentlich, so erläutert der MDR, hatte die CDU ein Aus für Windenergie in Waldgebieten bereits 2020 in Thüringen durchgesetzt – mithilfe von Linkspartei, SPD und Grünen. Für die Christdemokraten war dies einer der Preise, die sie von Rot-Rot-Grün für ihre Zustimmung zum Haushalt verlangt hatten.

Damals hieß es im Gesetz lapidar, eine Änderung der Nutzungsart zur Errichtung von Windenergieanlagen sei grundsätzlich nicht zulässig. Vor etwas mehr als einem Jahr hob das Bundesverfassungsgericht diese Regelung jedoch wieder auf.

Die Begründung: Mit dieser Bestimmung habe der Gesetzgeber im Freistaat Thüringen die im Grundgesetz verankerte Kompetenz des Bundes für Bodenrecht missachtet. Private Waldbesitzer, die sich durch die Windräder ein einträgliches Geschäft versprachen, hatten zuvor Verfassungsbeschwerde eingelegt.

FDP-Entwurf schraubt Vorgaben für Windenergie im Wald empfindlich höher

Nun hat die FDP einen neuen Anlauf zum Schutz der Wälder in Thüringen vor Abholzung zugunsten der Windenergie unternommen. Der Ansatz ist abgewogener – und für Windkraft-Ambitionen möglicherweise noch folgenschwerer.

Nach der neuen Regelung ist die Erteilung von Genehmigungen für Windräder in Waldgebieten grundsätzlich zulässig. Allerdings wäre eine Nutzung von Wald zu diesem Zweck – wie auch zu anderen – mit einer Verpflichtung zur Ausgleichsaufforstung verbunden. Geschädigte Flächen sollen demzufolge innerhalb von zwei Jahren durch Neuanpflanzungen ausgeglichen werden.

Was das Ganze zusätzlich erschweren würde: Die FDP hat auch für die Neuanpflanzung eine Bedingung durchgesetzt. Demnach heißt es im Gesetz:

Die Ausgleichsaufforstung soll nicht auf für den landwirtschaftlichen Betrieb bestimmten Flächen vorgenommen werden.“

Auf diese Weise will man sicherstellen, dass auch die landwirtschaftliche Produktion nicht indirekt zum Opfer der „Energiewende“ wird.

Bis 2032 müssen 2,2 Prozent der Fläche in Thüringen für Windenergie bereitstehen

Da Ackerland und Grünland entsprechend nicht für die Aufforstung in Betracht kämen, wird es möglicherweise schwierig, noch geeignete Flächen zu finden, auf denen diese stattfinden könnte. Wald müsste an anderer Stelle neu entstehen – allerdings könnten im ländlich strukturierten und waldreichen Thüringen dafür zu wenige zur Verfügung stehen.

Zu allem Überfluss gilt die bundespolitische Vorgabe, dass der Freistaat bis 2032 insgesamt 2,2 Prozent seiner Landesfläche für die Gewinnung erneuerbarer Energien ausweisen muss – insbesondere Windenergie. Derzeit sind es den Angaben der Staatsregierung zufolge 0,4 Prozent.

Im Ergebnis würde das neue Gesetz möglicherweise wieder einem Komplettverbot der Errichtung von Windrädern im Wald gleichkommen. Bis dato trage Windenergie mit 50 Prozent zur erneuerbaren Energiegewinnung im Freistaat bei. Allerdings liege die Importquote beim Strom insgesamt bei etwa 40 Prozent. Dies entspreche einer Größenordnung von zwei Milliarden Euro.

FDP hält ihren Entwurf zum Waldgesetz für rechtssicher

Am Freitag haben Union und FDP nun mit den Stimmen der in Thüringen als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD dem Entwurf in zweiter Lesung zugestimmt. Zuvor war ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Landtages nicht rechtzeitig vorgelegt worden. Dieses hatte der Ältestenrat am 24. Oktober in Auftrag gegeben.

Auch Landtagsdirektor Jörg Hopfe hatte am Donnerstag noch einmal ein Rundschreiben versandt. In diesem machte er Bedenken bezüglich einer möglichen erneuten Verfassungswidrigkeit des Gesetzes geltend. Die FDP hingegen beharrte darauf, den Entwurf mit Experten mehrerer juristischer Fakultäten erörtert zu haben.

Kritik an dem Gesetz kam von Forstministerin Susanna Karawanskij (Linkspartei). Sie sprach von einer Gefahr für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen für strukturschwache Gebiete. Auch Udo Hollbach von der Köhler-Gruppe am Standort Greiz zeigte sich besorgt. Der Hersteller von Recyclingpapier habe ein Konzept entwickelt, günstigen grünen Strom selbst zu erzeugen. Dies würde dem Standortnachteil hoher Energiepreise entgegenwirken. Allerdings stehe dieses nun infrage.

Ob das Bundesverfassungsgericht das neue De-facto-Verbot von Anlagen zur Gewinnung von Windenergie in Wäldern erneut aufheben wird, ist unklar. Wenn, dann dürfte mit einem entsprechenden Urteil vor dem Wahltermin am 1. September 2024 kaum zu rechnen sein.



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