„Belastungsgrenze“ erreicht: Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen bekommt deutliche Kratzer

Trotz der Rekordzuwanderung von Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016 präsentiert sich Deutschland laut einer Studie als offene Gesellschaft. Doch die Willkommenskultur bekommt deutliche Kratzer. "Die Stimmung der Bevölkerung gegenüber weiterer Zuwanderung verändert sich."
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Ein Bild aus Stockholm, September 2015.Foto: JONATHAN NACKSTRAND/AFP/Getty Images
Epoch Times7. April 2017

Die Willkommenskultur bekommt Kratzer: Eine knappe Mehrheit von 54 Prozent der Bundesbürger sieht Deutschland einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung zufolge bei der Aufnahme weiterer Flüchtlinge an der „Belastungsgrenze“ angekommen. Vor zwei Jahren hätten nur 40 Prozent der Deutschen diese Auffassung geteilt, berichtete die Stiftung am Freitag in Gütersloh.

Insbesondere in Ostdeutschland scheint die Skepsis gegen den Zuzug von Flüchtlingen und Einwanderung demnach allgemein zuzunehmen. Dort sind der Umfrage zufolge nur noch 33 Prozent der Bürger nach eigenen Angaben davon überzeugt, dass die Gesellschaft Flüchtlinge insgesamt „offen“ aufnehme.

Im Westen sind mit 65 Prozent etwa doppelt so viele Befragte dieser Meinung. Auch was die Einschätzung der Aufnahmebereitschaft für sämtliche Einwanderergruppen angeht, sieht die Stiftung ein klares Ost-West-Gefälle. Im Osten sind 53 Prozent der Meinung, die Gesellschaft heiße Einwanderer willkommen. Im Westen sind es 74 Prozent.

Zusätzliche Belastungen erwartet

Generell präge das alles überlagernde Flüchtlingsthema inzwischen stark die Meinung der Bürger zur Einwanderung insgesamt, erklärten die Gütersloher Experten. Wie vor zwei Jahren gelte die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte noch immer jedem Dritten als wichtiges Instrument gegen den Fachkräftemangel.

Allerdings schrieben die Deutschen Zuwanderung längst nicht mehr so positive Effekte zu wie in der Vorgängerstudie 2015.

So stieg der Anteil derer, die zusätzliche Belastungen für den Sozialstaat erwarten, in der aktuellen Befragung deutlich auf 79 Prozent. Vor zwei Jahren waren es nur 64 Prozent der Befragten.

Zugleich erwarteten jetzt 72 statt ebenfalls etwa 64 Prozent Konflikte zwischen Einheimischen und Zuwanderern. 65 Prozent waren zudem der Meinung, Einwanderung verschärfe die Wohnungsnot in Ballungszentren. 2015 waren es 52 Prozent.

Stimmung verändert sich

„Die Stimmung der Bevölkerung gegenüber weiterer Zuwanderung verändert sich“, erklärte Stiftungsvorstand Jörg Dräger. Es komme nun unter anderem darauf an, die Kommunen stärker bei der Integration von bleibeberechtigten Flüchtlingen zu unterstützen.

Wichtig seien etwa neue Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. „Konkurrenzsituationen zwischen Einheimischen und Einwanderern sind zu vermeiden.“

Dräger verwies zudem auf die laut Umfrage unter den Deutschen ebenfalls weit verbreitete Meinung, dass innerhalb der EU nun eine faire Verteilung von Flüchtlingen nach Kriterien wie Wirtschaftskraft und Bevölkerungszahl angesagt sei.

„Die Menschen in Deutschland blicken selbstbewusst darauf zurück, so viele Flüchtlinge so freundlich empfangen zu haben. Sie sagen aber auch: Jetzt sind andere Länder ebenfalls an der Reihe.“

Mit der Befragung beauftragt war das Meinungsforschungsinstitut Kantar Emnid. Es befragte im Januar 2014 Menschen im Alter ab 14 Jahren. Bereits 2015 und 2012 hatte die Bertelsmann-Stiftung vergleichbare Studien zum Thema Willkommenskultur vorgestellt. (afp)



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