Berlin peitscht Unterbringung von Flüchtlingen mit Drohungen und demokratischem Zentralismus durch

Gleich zwei „modulare Unterkünfte für Flüchtlinge“ will der Berliner Senat im bürgerlichen Bezirk Steglitz-Zehlendorf errichten. Diese sollen Vorrang haben vor lokal geplanten Vorhaben wie einem Schulkomplex und einem Gesundheitszentrum.
Titelbild
Frauen und Kinder in einer Flüchtlingsunterkunft.Foto: Boris Roessler/Archiv/dpa
Von 22. Oktober 2019

Der „demokratische Zentralismus“ war seit 1920 der von der Kommunistischen Internationale vorgesehene Weg der Willensbildung innerhalb einer sozialistischen Gesellschaft. Um unerwünschte Entscheidungen unterer Instanzen von vornherein auszuschließen, wurden diese weitgehend zu Befehlsempfängern degradiert. Die Entscheidungsfindung war somit ein einseitiger Top-Down-Prozess, und so praktizierte das auch die staatliche Verwaltung in der „sozialistischen Demokratie“ der DDR.

An diese Tradition fühlen sich derzeit nicht nur Bürger, sondern auch das Bezirksamt in Steglitz-Zehlendorf erinnert. Um in den Bezirksteilen Lichterfelde und Wannsee möglichst zeitnah „Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge“ (MUFs) errichten zu können, hat die von der Linkspartei gestellte Bausenatorin Katrin Lompscher die Genehmigungsverfahren an sich gezogen. Anlass dafür waren Bedenken, die Anwohner in dem gut situierten Westberliner Bezirk geäußert hatten, und die auch in den Bezirksämtern auf offene Ohren stießen.

Denkmalschützer vor Ort mit Disziplinarverfahren bedroht

In Lichterfelde will der Senat eine MUF an einer Adresse errichten, wo der Bezirk ursprünglich eine Montessori-Schule mit 1000 Plätzen geplant hatte, der auch ein Kindergarten und eine Krippe angegliedert werden sollte. Auch eine Sporthalle war, wie die „Berliner Woche“ berichtete, dort angedacht. Immerhin waren seit Anfang der 2010er Jahr für Jahr im Schnitt etwa 1000 Personen in den Bezirksteil zugezogen, unter ihnen auch zahlreiche Familien mit Kindern. Eine Bürgerinitiative hat mehr als 3000 Unterschriften für den Schulstandort „Osteweg 63“ gesammelt.

Mittlerweile hat der Senat vollendete Tatsachen geschaffen, das Grundstück umzäunt und den Baumbestand gelichtet. Die noch ausstehende Bewilligung durch die Denkmalschutzbehörde ist mittlerweile ebenfalls erteilt – nicht, ohne dass die Oberbehörde der widerspenstigen Instanz auf Bezirksebene eine entsprechende Weisung erteilen und Lompscher den Denkmalschützern vor Ort eine „disziplinarrechtliche Prüfung“ androhen musste. Eine solche wäre unter Federführung des Kultursenators Klaus Lederer vonstattengegangen, eines Parteifreundes von Lompscher – und der Ausgang wäre möglicherweise vorhersehbar gewesen.

Die Bauarbeiten sollen nun zügig beginnen, äußerte Sascha Langenbach vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten gegenüber der Berliner Woche. Die Rohbauten sollen bis Spätsommer 2020 stehen. 

In Heckeshorn im Bezirksteil Wannsee zeigt sich ein ähnliches Bild. Hier wollte der Bezirk das Areal der ehemaligen Lungenklinik, auf dem nach langem Leerstand sanierungsbedürftige Bauten stehen, künftig wieder als Standort für Einrichtungen des Gesundheitswesens nutzen.

In Pankow geht der Schulbau vor

Das Gelände weist eine Größe von 3,2 Hektar auf. Da der Senat jedoch auf dem Klinikgelände dauerhaft knapp 800 Asylbewerber unterbringen will, forderte er die Bezirksverwaltung dazu auf, den Bebauungsplan zu ändern und die Flächen als Sondergebiet für den Betrieb einer Flüchtlingsunterkunft auszuweisen. Als der Bezirk sich weigerte, zog der Senat, wie die „Morgenpost“ berichtete, auch dieses Verfahren an sich.

Gunnar Schupelius übt in einem Kommentar für die „BZ“ scharfe Kritik an der Vorgehensweise des Senats. Er verweist auf die Situation im Bezirk Pankow, wo Senatorin Lompscher erst vor knapp einem Jahr noch die Schaffung von Wohnraum auf einem Grundstück zu Gunsten der Errichtung einer Schule abgelehnt hatte – mit der Begründung, „lebenswerte Quartiere mit ausreichend Infrastruktur“ statt „Betonburgen und Schlafstädten“ zu fördern.

„Wenn es um Flüchtlinge geht, bricht dieser Senat seine Versprechen und ignoriert alle Einwände der Anwohner und Politiker vor Ort“, wirft Schupelius dem Senat vor. Möglicherweise setzt er aber auch einfach Prioritäten: So populistisch, konsensfähige Vorhaben in den eigenen Hochburgen umzusetzen und unbeliebte den CDU-regierten Bezirken aufzudrücken, scheint man auch im rot-rot-grünen Senat zu sein.  



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